130 Sans Papiers überquerten am Donnerstag zusammen mit Basler Unterstützern die Schweizer Grenze beim Zoll Otterbach. Der Protest war friedlich und festlich. Die Polizei liess sie gewähren. Mittendrin war SP-Grossratspräsident Daniel Goepfert.
Der Protest begann sportlich: Ein antirassistischer Dauerlauf brachte den Kreislauf der Demonstranten auf Touren. Solidarisches Schwitzen für das grosse Treffen mit den laut Auskunft der Organisatoren 130 Papierlosen aus halb Europa, die auf ihrem Marsch durch die Länder heute nach Basel kamen. Sie rannten und sie japsten, sie jubelten jedem zu, wie beim Zieldurchlauf am New York Marathon – Jogger, die im Turnunterricht nicht zu den besten gehört haben dürften, aber die alte Sporthose nochmals hervorgeholt haben: pelzige Achseln, blasse Beine, es war für einen guten Zweck.
Gegen 100 Basler nahmen die Sans Papiers in Empfang, die einen Monat lang europäische Grenzen überqueren, um für ihre Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit zu kämpfen. Angeführt von einem Traktor zogen die Basler beim Zoll Otterbach über die Deutsche Grenze, holten die vorwiegend aus Afrika stammenden Sans Papiers in Weil am Rhein ab und zottelten, tanzend und singend über die Schweizer Grenze nach Basel, eine lange Schlange Grenzgänger im Anschluss, die hinter der Demo festhingen.
Später stand ein im Bottich mit dem Gartenspaten angerührtes Vegicurry auf dem Programm, dann eine Visite bei Moritz Suters Fluglinie Hello. Hello verdient ihr Geld unter anderem mit Ausschaffungsflügen. Die Sans Papiers werden zudem am Samstagabend in den Genuss eines Solidaritätskonzerts in der Villa Rosenau kommen, um tags darauf nach Bern weiterzumarschieren.
Polizei hielt sich zurück
Die Polizei hat die Sans Papiers und ihre Unterstützer gewähren lassen. Präsent waren nur vier Verkehrspolizisten, um die Autos umzuleiten. Die beiden Schweizer Zöllner standen mit verschränkten Armen vor ihrem Häuschen und schauten dem Treiben mit pflichtbewusst strenger Miene zu. Auch sie waren angehalten worden, nicht etwa auf die Idee zu kommen, mal einen Blick in die Papiere der Einreisenden zu werfen.
Inmitten des Umzuges war ein Anzugträger auszumachen. SP-Grossratspräsident Daniel Goepfert marschierte diskret mit. Er war vom Bleiberecht-Komittee angefragt worden, seine Aufwartung zu machen. «Auch wenn es wahrscheinlich Ärger gibt, bin ich gerne gekommen», sagte er. Er teile die Anliegen der Protestler. Nun hilft er, den Organisatoren eine Blitzbewilligung für den Protestzug am Freitag durch die Stadt zu beschaffen. Der Umzug läuft unter dem Namen «migrationspolitischer Stadtrundgang», Start ist um 10 Uhr beim NT-Areal.
Ganz wohl war Goepfert bei der Sache nicht immer. Als die Menge an den hohen Zäunen des Ausschaffungsgefängnisses Bässlergut rüttelte, das gleich beim Zoll liegt, schaute er mit ausreichendem politischem Sicherheitsabstand aus der Distanz zu. Als Goepfert schliesslich um eine Zigarette angehalten wurde, war die Grenze der Solidarität erreicht: «Sorry, hab nur noch eine.»