«Parasitär und provinziell» – Kritik an Baselbieter Sparplänen wird emotional

Die Basler Politik reagiert mit Wut und Verachtung auf die Baselbieter Absichten, die Kultursubventionen an die Stadt zusammenzustreichen.

Rauer Ton: Die Kritik aus der Stadt an den Baselbieter Sparbemühungen wird emotionaler.

(Bild: Nils Fisch)

Die Basler Politik reagiert mit Wut und Verachtung auf die Baselbieter Absichten, die Kultursubventionen an die Stadt zusammenzustreichen.

Es gab eine gemeinsame Sitzung und dabei wurden die Sparpläne vorgestellt – mehr ist nicht zu erfahren von der Basler Regierung, wenn es um die Sparabsichten des Nachbarkantons geht. Doch dem Vernehmen nach sind sowohl bei der Uni wie auch bei Theater und öffentlichem Verkehr massive Abstriche an gemeinschaftlichen Leistungen zwischen Basel-Stadt und Baselland geplant.

Bereits durchgesickert ist, dass das Baselbiet als Teil seines massiven Sparpakets den Kulturvertrag mit der Stadt kündigen und mit deutlich tieferer Beteiligung neu aushandeln will. Das ergaben Recherchen der TagesWoche – und das sorgt in der Basler Politik für zügellose Kritik am Landkanton.

«Baselland zeigt parasitäres Verhalten.»

SP-Grossrat Rudolf Rechsteiner

«Parasitär» nennt SP-Grossrat Rudolf Rechsteiner das Gebaren der Baselbieter und wird dabei deutlich: «Würden die Baselbieter dieselben Steuern erheben wie wir, hätten sie 350 Millionen Franken mehr Einnahmen. Stattdessen werden unsere Institutionen ausgehöhlt. Man will sich auf unsere Kosten gemeinsamer Aufgaben entledigen.» Über so viel Schamlosigkeit könne er nur den Kopf schütteln.

Der Ton ist rau geworden, seit sich andeutet, dass Basel-Stadt in Mitleidenschaft gezogen wird, wenn das Baselbiet seine Defizite bereinigen will.

Dies bekommt das Theater Basel zu spüren. Mit bescheidener Mehrheit von 48 zu 36 Stimmen scheiterte ein bürgerlicher Antrag im Grossen Rat, den Strukturbeitrag von einer Million Franken jährlich an das Theater zu streichen. Die zusätzliche Subvention wird seit 2011 entrichtet, da die Baselbieter Regierung sich trotz vorhergehender Abmachungen weigert, den Betrag zu bezahlen.

«Wir dürfen nicht wie das Kaninchen vor der Schlange stehen.»

Luca Urgese (FDP) 

Wichtigstes Argument für den bürgerlichen Kürzungsantrag: Man wolle ein deutliches Signal ans Baselbiet senden, dass man nicht bereit ist, jederzeit in die Bresche zu springen, wenn Liestal nicht mehr bezahlen will. Das sagt FDP-Grossrat Luca Urgese. Als Alternative sieht er nur, «wie ein Kaninchen vor der Schlange zu erstarren». 

Ausgewiesen ist, dass bereits jetzt Baselland viel zu wenig an die kulturellen Zentrumsleistungen der Stadt bezahlt. Augenfällig wird das beim Theater, an das bislang 4,5 Millionen Franken jährlich überwiesen wurden, obwohl 35 Prozent aller Besucher aus dem Landkanton stammen. Basel-Stadt subventioniert das Dreispartenhaus mit über 40 Millionen Franken jährlich.

Baselland bevorteilt

Baselland müsste eigentlich, so hat das die Basler Regierung berechnet, total doppelt so viel an die städtischen Kulturbetriebe überweisen wie bisher – stattdessen will man diesen Betrag offenbar auf unter die Hälfte der bisherigen Abgeltung reduzieren. Wie beispiellos diese Massnahme ist, zeigt ein Vergleich mit anderen Regionen: Selbst Appenzell bezahlt in der Vollrechnung mehr an das Theater St. Gallen als das Baselbiet an die Stadt.

Regierungspräsident Guy Morin erkennt darin einen Auftrag, «hart, sehr hart mit dem Baselbiet zu verhandeln». Morin schwebt ein Finanzierungsvertrag vor, der mittelfristig klare Verhältnisse schafft. Er räumt zugleich ein, dass das ein schwieriges Ziel sei. Denn im Baselbiet stehen die Zeichen auf Abkühlung der Partnerschaft, und bislang fand die Basler Regierung in Liestal kaum Gehör für ihre Argumente.

Guy Morins Drohung

Morin droht deshalb auch. Mit einem Bundesartikel, der den Bundesrat berechtigt, Finanzierungsvereinbarungen zu verfügen, wenn Zentrumslasten im kulturellen Bereich nicht abgegolten werden – ein deutliches Signal an die landschaftlichen Kollegen, dass in der Stadt die Geduld zu Ende geht. «Die Abgeltung für die Kultur ist keine freiwillige Leistung», betont Morin.

Deutlich zu hören kriegt das auch, wer Martina Bernasconi zuhört, Grossrätin der Grünliberalen. Sie spricht verächtlich von einem «provinziellen Verhalten» der Baselbieter. «Wie sich der Kanton Basel-Landschaft gegenüber der Stadt verhält, ist ein sehr grosses Ärgernis, es ist richtig schäbig.»

Höhere Eintrittspreise für Baselbieter?

Diese Haltung kann als Konsens aufgefasst werden von links bis rechts. Joël Thüring, SVP-Politiker, spricht ebenfalls von inakzeptablen Beteiligungen der Baselbieter an gemeinsamen Institutionen. Und Thüring fordert Massnahmen dagegen. Noch vor den Sommerferien will er seine Forderung konkretisieren und im Parlament einspeisen, dass alle Auswärtigen künftig mehr bezahlen sollen.

Thüring schwebt eine Art Kulturpass vor, der allen Einwohnern von Basel-Stadt mit der Steuererklärung zugeschickt werden würde und der zu einem vergünstigten Eintritt berechtigen würde. Bei der derzeitigen Stimmungslage im Basler Parlament dürfte der Vorstoss nicht chancenlos sein.

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