Nach langem Hin und Her schien sich Baudirektorin Sabine Pegoraro den Posten an der Spitze der Baselbieter Wirtschaftsoffensive endgültig gesichert zu haben. Doch nach Kritik gibt sie das begehrte Amt wieder ab, noch bevor die Offensive in die entscheidende Phase kommt.
Bisher lief im Baselbiet wirtschaftlich viel zu wenig. Das soll sich nun ändern: Mit der Wirtschaftsoffensive und dem damit verbundenen neuen, möglichst modernen Auftritt. Wenn es um Wirtschaft geht, spricht die Regierung nun nicht mehr einfach von Bestandespflege und Neuansiedlungen, sondern von der Marke «Baselland», von «Branding» und natürlich hat sie neu auch einen «Claim» – «Baselland – Inspiration for Business».
Bevor die Regierung ihren Kanton möglichst modern verkaufen kann, muss sie allerdings eine alte Auseinandersetzung beilegen: jene um die oberste Leitung der Wirtschaftsoffensive. Ursprünglich lag diese beim inzwischen verstorbenen Volkwirtschaftsdirektor Peter Zwick (CVP). Noch während seiner Krankheit übernahm Sabine Pegoraro (FDP), damals noch in ihrer Funktion als Regierungspräsidentin. Als Baudirektorin wiederum schien sie sich das prestigesträchtige Amt an der Spitze des Projektausschusses dann scheinbar endgültig gesichert zu haben. Am 3. Mai teilte der Regierungsrat jedenfalls mit, dass die Aufgabe neu ein «persönliches Mandat» sei, das Pegoraro als Vorsteherin der Bau- und Umweltschutzdirektion übernehme.
SVP erhebt Anspruch
Der Entscheid war schwer verständlich, keine vier Wochen bevor Zwicks Nachfolger Thomas Weber (SVP) seine Arbeit aufnahm. Oder gibt es etwa eine gute Erklärung, warum im Baselbiet die Baudirektorin und nicht der Wirtschftsdirektor für die Wirtschaftsoffensive zuständig ist? Diese Frage stellte die TagesWoche am 11. Juni bei der Präsentation der neuen Regierung. Pegoraros Antwort: Die Regierung habe das so beschlossen, damit die Kontinuität gewahrt werde. Hinzu komme, dass die Verantwortung für dieses wichtige Geschäft bei der Gesamtregierung liege.
Mit dieser Argumentation kam sie aber nicht durch. Erst erhob die SVP öffentlich Anspruch auf den Lead (wie man im neuen, modernen Zeitalter wohl sagen muss). Danach griff auch die Mitte die Forderung auf; Peter Müller (CVP) reichte das Postulat «Wirtschaftsoffensive jetzt in die Wirtschaftsdirektion» ein.
«Wechsel wäre völlig in Ordnung»
Nun gibt Pegoraro offenbar nach. Bei der Präsentation einer ersten Zwischenbilanz der Wirtschaftsoffensive sagte sie am Dienstagmorgen nun plötzlich, dass ein Wechsel für sie «völlig in Ordnung wäre». «Ich klebe nicht an dem Sitz. Entscheidend ist, dass das Projekt weiterhin gut funktioniert.» Das passiere ohnehin direktionsübergreifend und sei nicht an bestimmte Personen gebunden.
Noch ist aber nicht endgültig entschieden, wer das Amt übernimmt. Die entsprechenden Gespräche werden in den nächsten Wochen geführt – mit Pegoraro, Weber und Sicherheitsdirektor Isaac Reber, der ebenfalls im Ausschuss ist. Die logische Lösung wäre nun aber Weber.
Kanton kauft und verkauft Land
So wird auf den neuen Wirtschaftsdirektor wohl eine interessante Aufgabe zukommen, nachdem die erste Phase abgeschlossen ist und die Wirtschaftsoffensive nun «richtig Fahrt aufnehmen kann», wie Projektleiter Marc-André Giger von PricewaterhouseCoopers sagt, der den Job nun fest übernimmt.
Die wichtigsten Ziele von Giger und der Regierung sind:
- Die wichtigsten Areale im Kanton zu erschliessen und an neue Unternehmen zu vermitteln. Um Bauprojekte zu beschleunigen, soll der Kanton je nach Bedarf neu auch geeignete Areale kaufen und an interessierte Firmen weiterverkaufen können.
- Neben Salina Raurica bei Pratteln, dem ABB-Areal bei Arlesheim und dem Dreispitz bei Münchenstein ist die Ergolzachse (insbesondere bei den Bahnhöfen Liestal und Pratteln) zum Entwicklungsschwerpunkt bestimmt worden.
- Die interessierten Unternehmer möglichst gut übers Baselbiet zu informieren, unter anderem an dem neu geschaffenen «Welcome Desk» und dem neu aufliegenden «Tax Guide», der unter anderem praktischen Tipps für Steueroptimierungen enthält.
- Den Kontakt auch zu den hiesigen Unternehmen zu verbessern.
- Den Forschungs- und Innovationsstandort im Zusammenarbeit mit der Hochschule und der Universität zu stärken.
- Und last but not least: mit dem Claim «Inspiration for Business» die neue «Dynamik, Bewegung und Vielfalt» des Baselbiets auf den Punkt zu bringen.
Mit diesen Massnahmen soll der Anteil der Unternehmenssteuern 10 Prozent auf 15 Prozent erhöht werden. Damit wäre das Baselbiet Schweizer Durchschnitt.
Soweit wollen es die Baselbieter Regierungsräte unbedingt bringen. Ihre Entschlossenheit brachten sie nicht nur mit ihrem geschlossenen Aufritt bei der Präsentation vom Dienstagmorgen zum Ausdruck, sondern auch mit ihren Aussagen. Alle fünf sprachen über Tax Guide, Welcome Desk und Branding, als wären sie selbst schon mit Frühenglisch aufgewachsen.
Die wichtigsten Instrumente der Wirtschaftsförderung und die Details zur fixen Anstellung von Projektleiter Marc-André Giger hat die Agentur zusammengefasst: Instrumente für die Wirtschaftsoffensive