Polizei lässt Besetzer vorerst gewähren

Die Baselbieter Polizei spricht sich gegen eine Räumung des seit Freitag besetzten ehemaligen Schützenhauses am Allschwiler Weiher aus – auch wenn eine Strafanzeige des Eigentümers vorliegt. Die Besetzer ihrerseits haben grosse Pläne mit dem seit 2008 leerstehenden Gebäude.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Die Baselbieter Polizei spricht sich gegen eine Räumung des seit Freitag besetzten ehemaligen Schützenhauses am Allschwiler Weiher aus – auch wenn eine Strafanzeige des Eigentümers vorliegt. Die Besetzer ihrerseits haben grosse Pläne mit dem seit 2008 leerstehenden Gebäude.

In der besetzten ehemaligen Schiessanlage Allschwilerweiher ist am Tag nach dem Einzug Saubermachen angesagt. Eine Gruppe aus linksautonomen Aktivisten, Künstlern und Sympathisanten hat am Freitag das ehemalige Schützenhaus – eine eigentliche Burg – in Beschlag genommen. Die Spuren der Nutzung, die sie nun beseitigen, sind nicht die ihrigen. Seit der Stillegung des Schiessstands 2008 waren augenscheinlich immer wieder Leute im Gebäude, haben Scheiben eingeworfen, Möbel zetrümmert und die Wände vollgesprayt. 

Die Besetzer sind sichtlich bemüht, einen positiven Eindruck zu machen (gesprayt wird etwa nur auf mitgebrachten Stoff) – und den Behörden so wenig Argumente wie möglich zu geben für eine rasche Räumung. Diese ist formell nun möglich, da Eigentümer Immobilien Basel-Stadt Anzeige wegen Hausfriedensbruch erstattet hat. Die Baselbieter Polizei, sagt Sprecher Meinrad Stöcklin, habe den Besetzern dies mündlich mitgeteilt.

Dass die Polizei nun einschreitet, ist aber unwahrscheinlich. Stöcklin sagt, man wolle «den Ball flach halten». Sicher gebe es «gewisse Kreise, die auf eine Räumung drängen», doch aus Sicht der Polizei bestehe «kein Anlass, hyperaktiv zu werden».

Die Zurückhaltung liege auch an der politischen Dimension des Falls, die Gemeinde Allschwil sitze mit im Boot, sagt Stöcklin. Alle weiteren Schritte müssten abgesprochen werden. «Natürlich könnten wir jetzt mit einer riesigen Polizeiaktion das Gebäude räumen, aber das würde den Besetzern genau die mediale Plattform geben, die sie sich wünschen», sagt Stöcklin.

Vage Planung nach dem Abriss

Immobilien Basel-Stadt hat erst vor einem Monat entschieden, alles platt zu machen. Man wolle Unterhaltskosten sparen, begründet die Behörde den plötzlich angeordneten Abriss zu einem Zeitpunkt, an dem erst ungefähr klar ist, was auf dem Gelände passieren soll. Wohnungen sollen drauf, vielleicht bleibt ein Teil des über hundertjährigen Schützenhauses als Beiz oder zu Dekorationszwecken erhalten. Wann das passiert, steht in den Sternen.

Der geplante Abriss ist einer der Beweggründe hinter der Beschlagnahme: «Wir entziehen den seit Jahren ungenutzten Schiessplatz in Allschwil der Willkür beider Basel und beleben ihn nach unseren Vorstellungen. Bevor ihn die SpekulantInnen der Immobas auf Vorrat abreissen und damit ein Areal voller Möglichkeiten zerstören können», schreibt die Gruppe auf ihrer Website.

Nächste Woche soll das Gespräch mit Gemeinde und Eigentümer gesucht werden, dazu wurde eine Art Trägerverein der Besetzung gegründet. Mit der Besetzung des ehemaligen Migrol-Areals im Hafen durch den Wagenplatz hat die Gruppe in Allschwil laut eigenen Angaben nichts zu tun. Es habe keine Absprache gegeben, allerdings solidarisiere man sich mit dem Wagenplatz. 

Kommunen-Groove im Speckgürtel

Die Besetzer treten Besuchern offen gegenüber, zeigen euphorisch ihre neue Behausung, weisen auf Wandmalereien hin, auf Holzarbeiten und typisch schweizerische Tapeten, sie führen ins Türmchen und durch den mit Isoliermatten und Schlafsäcken ausgestatteten Schlafraum schwärmend von den Möglichkeiten des Schützenhauses.

Auf dem früheren Schiessfeld stehen Kugelgrill und Liegestühle. Allschwiler Jugend schaut sich unsicher um. Draussen finden Bogenschiessen und Holzschwert-Kampf statt – Kommunen-Groove im Basler Speckgürtel mit politischem Unterton. Man wolle vormachen, dass gemeinschaftliches Leben möglich ist und ein Leben, bei dem sich nicht alles ums Geld dreht. 

Nach und nach sollen Ateliers und Werkstätten im verwinkelten Bau entstehen, auch die Anwohner sind eingeladen, Projekte einzubringen und zu verwirklichen. Strom und Wasser wollen die Besetzer bezahlen, sollten sie bleiben dürfen. Am Samstagabend wird ein Kinofilm gezeigt, am Sonntag um 12 Uhr steht ein Brunch auf dem Programm, bei dem sich die Besetzer und die Anwohner näherkommen wollen. Bei diesen sammelt die Gruppe auch Unterschriften, um die Forderung nach einem Erhalt des Schützenhauses breiter abzustützen.

Doch bevor die Anlage wieder hergerichtet wird, wollen die Besetzer eine Einigung mit Immobilien Basel-Stadt erreichen. Sollte die Polizei vorher beschliessen, das Gebäude zu räumen, werde man nicht freiwillig gehen. «Die Sache ist zu wichtig für uns, als dass wir schnell aufgeben würden», sagt ein Mitglied der Gruppe.

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