Ein Basler Polizist soll Informationen aus Polizeicomputern via Mittelsmann an das türkische Konsulat weitergegeben haben, berichtet die «Basler Zeitung». Die Polizei klärt den Fall jetzt «intensiv intern ab».
Nach Informationen der «Basler Zeitung» soll ein Basler Polizist der regierungsnahen Lobbyorganisation «Union Europäisch-Türkischer Demokraten» (UETD) mehrere Sitzungen im Basler Zeughaus ermöglicht haben. Wie die BaZ am Samstag schrieb, sei der Polizist türkischer Herkunft selbst UETD-Mitglied und habe ohne das Wissen der Polizei vor drei Jahren mehrmals Sitzungsräume im Zeughaus zugänglich gemacht, was gegen die Vorschriften verstosse.
Dabei soll das nicht der einzige Dienst des Beamten für die UETD gewesen sein: Wie ehemalige UETD-Mitglieder gegenüber der BaZ berichten, soll der Polizist auch die Polizeicomputer genutzt haben, um an Informationen über einen Kritiker der türkischen Regierung heranzukommen, was politischer Spionage entspreche und eine Straftat sei, schreibt die «Basler Zeitung» weiter.
Die Informationen soll der Polizist an den UETD-Präsidenten weitergegeben haben, der diese wiederum zur Fichierung an das türkische Konsulat weitergeleitet haben soll. Beim UETD-Präsidenten – der auch die Vorträge im Zeughaus hielt – handelt sich gemäss den Informationen um denselben Mann, der auch an der Uni Zürich während einer Erdogan-kritischen Vorlesung Teilnehmer fotografiert hat und gegen den die Bundesanwaltschaft wegen Spionage ermittelt.
Der Polizist wurde vom Bundesnachrichtendienst bereits überprüft
Wie die Kantonspolizei Basel-Stadt am Montagabend mitteilt, habe der Sicherheitsassistent im Spätsommer 2016 wegen auffälliger Pro-Erdogan-Aktivitäten im Internet die Aufmerksamkeit des kantonalen Nachrichtendienstes (KND) sowie des Nachrichtendienstes des Bundes (BND) auf sich gezogen.
«Konkrete Anhaltspunkte für Spionagetätigkeiten bestanden damals nicht, jedoch liess der NDB den KND die Leitung der Basler Kantonspolizei informieren, weil er die Aktivitäten dieser Person als kritisch in Bezug auf ihre berufliche Tätigkeit beurteilte», heisst es in der Mitteilung weiter. Die Polizeileitung habe sich nach einer «grösseren Auslegeordnung» entschieden, aufgrund der damaligen Fakten- und Rechtslage keine weitergehende Untersuchung oder Massnahmen einzuleiten.
Die Kantonspolizei nimmt jetzt allerdings nochmals interne Abklärungen vor, weil die «Basler Zeitung» einen neuen, konkreten Vorwurf erhoben habe. «Diesen Vorwurf klärt die Polizeileitung nun intensiv intern ab. Zurzeit sieht sie keinen Anlass für Massnahmen», teilt die Polizei weiter mit. Der Mitarbeiter – für den die Unschuldsvermutung gilt – habe mit Blick auf die Schwere der Vorwürfe eingewilligt, dass überprüft wird, welche Abfragen er auf der polizeilichen Datenbank gemacht habe.
Mitarbeiter lässt alle seine Datenbank-Abfragen überprüfen.
Zudem habe der Mitarbeiter in einem ersten Gespräch seit dem Vorwurf bestätigt, «dass er in den Jahren 2014 und 2015 zweimal Sitzungsräume im Zeughaus für einen ‹Privatanlass› reserviert respektive verwendet habe. Dies habe er auf korrektem Weg gemacht und der Anlass wurde bewilligt, weil es keinen Grund dagegen gab. Worum es sich beim «Privatanlass» handelte, wusste die Polizei damals nicht und habe auch nicht nachgefragt, wie Sprecher Martin Schütz auf Nachfrage sagt.
Dass Sitzungsräume privat nach Anfrage verwendet werden konnten, war damals üblich. Seit Ende 2016 ist dies nicht mehr möglich, sagt Schütz weiter. Im Rahmen von Überprüfungen der internen Abläufe sei die Vergabe für Privatanlässe eingestellt worden, «was aber in keinem Zusammenhang mit der oben erwähnten Angelegenheit steht».
Die Berichterstattung der «Basler Zeitung» hat dennoch lokale Politiker aufgeschreckt: Sie fordern eine Überprüfung – nicht nur zum mutmasslichen Spion, sondern auch gegen das «gesamte Netzwerk des Spions», sagt SP-Grossrat Mustafa Atici in der BaZ vom Montag.