Angeführt von den Golfländern haben an einer Konferenz in Sharm el-Sheikh internationale Investoren Zusagen für Dutzende Milliarden Dollar gemacht. Ein Erfolg für Ägyptens Präsident Sisi, der damit auch politisch an Gewicht im In- und Ausland gewinnt.
Marwan freut sich über die weltweite Gratiswerbung für Sharm al-Sheikh, die von der internationalen Investorenkonferenz ausgeht. Aber sonst ist die Stimmung des Anbieters von Bootsausflügen in der Touristenmetropole auf dem Sinai eher düster, obwohl das Geschäft etwas besser läuft als vor einem Jahr. Wenn es weniger Nachrichten über Gewalt gebe und nicht jeder politische Gegner Terrorist genannt würde, dann würde der Tourismus fast von alleine laufen, daran könne auch eine Konferenz nichts ändern, ist der Jungunternehmer überzeugt.
Die «Stadt des Friedens» – an der Einfahrt steht noch ein Standbild von Mubarak umrahmt von gekrönten Häuptern – war für drei Tage die «Stadt der Investoren». 2000 Interessenten aus über 100 Ländern drängten sich im Kongresszentrum. Die Sicherheitsvorkehrungen waren rigid, Helikopter in der Luft, Militärschiffe auf dem Wasser.
Die Entwicklungskonferenz stand unter dem pharaonischen Symbol des Lebensschlüssels. Sie sollte nach dem Willen der Initiatoren wegweisend für Ägyptens Zukunft werden. Geladen hatte Ägyptens Präsident Abdelfattah al-Sisi, die treibenden Kräfte waren aber vor allem Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate.
Der Putsch ist vergessen
Der sorgsam choreografierte Anlass hatte zwei Ziele. Er sollte zeigen, dass Ägypten attraktiv ist für ausländische Investoren, er sollte aber vor allem Sisi als regionales politisches Schwergewicht stärken. Ein prosperierendes Ägypten könne ein Modell für eine islamische Zivilisation werden, die tolerant ist und gegen Terror und Fanatismus einstehe, betonte Sisi.
Dutzende hochrangige Politiker, darunter US-Aussenminister John Kerry, unterstrichen, Ägyptens Stabilität sei entscheidend für die Stabilität weit über die Region hinaus. Knapp zwei Jahre nach dem Putsch gegen die Islamisten hat Sisi die Rückkehr auf die politische Bühne geschafft. Am Rande der Konferenz erhielt er eine Einladung zu einem Deutschlandbesuch. Die Bedingung, erst müssten Wahlen abgehalten werden, wurde von Angela Merkel inzwischen fallengelassen. Tony Blair, ex-Premier in London, attestierte, die neue Führung in Kairo sei die erste, die die Herausforderungen der modernen Welt verstehen würden.
Ansteckender Optimismus
Unter den Teilnehmern und Rednern auf den verschiedenen Podien machte sich ein Optimismus breit, der ansteckend wie ein Virus wirkte. Sie überschlugen sich mit Superlativen wie «historischer Neustart» oder «Anfang einer Investitionsautobahn». Chef führender internationaler Konzerne sagten, es hätte ein Umdenken stattgefunden. Ägypten sei offen für ausländische Investoren und es gebe Fortschritte beim Bürokratieabbau und eine konkretere Planung.
Die Regierung hatte auch einige Hausaufgaben gemacht. Am Tag vor der Konferenz unterschieb Sisi ein neues Investitionsgesetz und in den letzten Wochen wurde das Pfund abgewertet. Erste Erfolge der Reformen der vergangenen Monate sind sichtbar. Das bestätigte auch der Internationale Währungsfonds. Im ersten Halbjahr des laufenden Finanzjahres 2014/2015 war wieder ein Wachstum von 5,6 Prozent zu verzeichnen.
In den vergangenen 18 Monaten hatten die Golfländer Ägypten bereits mit 23 Milliarden Dollar unterstützt. Am ersten Tag der Konferenz legten sie weitere 12,5 Milliarden nach, was wie eine Rückversicherung für potentielle private Investoren wirkt. Ägypten hatte Dutzende von Projekten in sämtlichen Sektoren und mit unterschiedlichem Planungsstand vorgelegt. Die Initialzündung hatte der Staat selbst mit der Lancierung mehrerer Grossprojekte, wie dem Ausbau des Suez-Kanals gegeben. Jetzt würden private Interessenten Schlange stehen, erklärte Finanzminister Hany Kadry Dimian.
Schöne neue Welt
Im Laufe der Konferenz wurden Dutzende von Abkommen und Absichtserklärungen vor allem im Energiesektor unterzeichnet. 38 Milliarden Dollar sind feste Zusagen, 5 Milliarden Hilfe und Darlehen. Auf der langen Listen fanden sich auch Shopping Malls oder ein Managementsystem für Getreidelager. Zu den Grossinvestoren gehört auch Siemens mit zwei Kraftwerken und einer Fabrik für Rotorblätter für 4,4 Milliarden Dollar. Sisi hat Siemens-Chef Joe Käser nicht nur eine günstige Finanzierung abgerungen, sondern auch noch ein Geschenk an das ägyptische Volk von 200 Millionen Dollar für Bildungsprojekte. Sisi habe ihm seine Tasche geleert, der Deal sei vor der Konferenz per Handschlag besiegelt worden, berichtete Käser.
Wie viele von den Absichtserklärungen Wirklichkeit werden, ist eine andere Frage. «Ägypten hat eine schlechte Erfolgsbilanz bei der Umsetzung von Grossprojekten. In den Satellitenstädten fehlt die Infrastruktur immer noch. Wir sind nicht Dubai», sagt ein ägyptischer Geschäftsmann aus der Hotelbranche vor dem glitzernden Modell einer neuen ägyptischen Hauptstadt im Konferenzzentrum; ein wenig konkretes 45 Milliarden Projekt, das mit dem Herrscher von Dubai unterzeichnet wurde. Es ist Teil der Vision 2030, wenn Ägypten wirtschaftlich, sozial und umweltbewusst zu den Top 30 der Welt gehören will.