In Basel soll es mit dem Wohnraumfördergesetz einfacher werden, Häuser abzureissen. Das gefällt dem Mieterverband gar nicht. Der Basler Bauunternehmer Martin Cron hingegen ist für eine Lockerung des Abbruchschutzes. Aber auch er räumt ein, dass dadurch günstiger Wohnraum verloren gehen könnte.
Am 22. September entscheidet die Basler Bevökerung über die Initiative des Basler Mieterverbandes «Bezahlbares und sicheres Wohnen für alle» und das Wohnraumfördergesetz als Gegenvorschlag dazu.
Der Gegenvorschlag der Regierung und des Grossen Rates sieht neben einer Offensive bei der Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus auch eine Lockerung des Abbruchschutzes vor. Demnach soll der Abbruch von bestehenden Häusern immer dann bewilligt werden, wenn mindestens wieder gleich viel Wohnraum entsteht. Heute erhält man nur eine Abbruchbewilligung, wenn man wieder «wesentlich mehr Wohnraum» erstellt.
Umwandlungen einfacher
Keine Bewilligung soll man künftig für die Zusammenlegung von kleinen Wohnungen zu grösseren benötigen. Neu soll zudem das Bauinspektorat die Fälle anschauen und nicht mehr die Basler Mieterschlichtungsstelle.
Die geplante Lockerung des seit 1975 bestehenden Gesetzes über und Abbruch und Zweckentfremdung von Wohnhäusern (GAZW) ist stark umstritten. Der Mieterverband und Teile der SP sind überzeugt, dass dadurch günstiger Wohnraum verloren geht. Martin Cron, Verwaltungsratspräsident des Bauunternehmens Jean Cron AG und Vizepräsident der Casino-Gesellschaft, hat als Mitglied der Basler Mieterschlichtungsstelle immer wieder mit dem GAZW zu tun. Er hält die Lockerung für sinnvoll, wie er im Interview sagt.
Herr Cron, als Unternehmer sind Sie bestimmt froh, dass es in Basel künftig einfacher wird, Wohnungen abzureissen.
Ja, obwohl ich nicht davon ausgehe, dass meine Firma deswegen mehr Aufträge erhalten wird (lacht).
Wieso sind Sie für eine Liberalisierung?
Weil wir als Basler Mieterschlichtungsstelle heute nur wenige Abbrüche, Teilabbrüche oder Zweckentfremdungen nicht bewilligen. Von den 200 bis 300 Gesuchen im Jahr sind das nur etwa fünf Prozent. Die Behinderung, etwas nicht realisieren zu können, ist also schon heute sehr minim. Es wird sich mit der Lockerung des Abbruchschutzes deshalb nicht so viel verändern.
Wozu denn das Ganze? Dann könnte man ja auch alles beim Alten lassen.
Heute sehen viele Hauseigentümer nicht ein, weshalb bei einer Zusammenlegung von zwei Zwei-Zimmerwohnungen vier Leute der Mieterschlichtungsstelle einmarschieren und sich die ganze Sache anschauen. Das ist umständlich. Eine Vereinfachung macht deshalb Sinn – gerade weil es heute nur wenige Fälle sind, die von uns nicht bewilligt werden. Eigentlich war ich sogar mal der Meinung, dass man das Gesetz über Abbruch und Zweckentfremdung ersatzlos streichen könnte.
Aber?
Die Tatsache, dass es dieses Gesetz gibt, hat schon präventiven Charakter. Die Bauherren müssen sich vor einer Eingabe gut überlegen, was sie mit dem Gebäude oder der Wohnung vorhaben. Dies, weil sie genau wissen, dass wir ihnen genau auf die Finger schauen.
Gab es vor Kurzem ein solches Gesuch, das die Basler Mieterschlichtungsstelle nicht bewilligte?
Ja. Wir hatten einen Fall an der Bachlettenstrasse. Der Gesuchsteller wollte aus einer 3-Zimmerwohnung drei Studios machen. Die Wohnung war aber noch in einem derart guten Zustand, dass wir das Gesuch ablehnten. Es war klar, dass man damit nur mehr Miete einkassieren wollte.
Sie bestätigen also die Vorbehalte der Gegner des Wohnraumfördergesetzes: Wenn man künftig einfacher grössere Wohnungen in mehr kleinere umwandeln kann, führt dies zu Profitgier und Spekulationen der Investoren.
In wenigen Fällen wird dies leider nicht auszuschliessen sein. Trotzdem ist eine Liberalisierung sinnvoll. Ich habe Mühe damit, wenn man den Leuten zu viele Vorschriften macht, wie sie mit ihrem Eigentum umzugehen haben.
Die Gegner behaupten auch, dass mit der Liberalisierung günstiger Wohnraum verschwinden würde. Sehen Sie das anders?
Nein, das sehe ich auch so. Das Wohnraumfördergesetz sieht aber eine Kompensation vor. So soll zum Beispiel das genossenschaftliche Wohnen durch verschiedene Massnahmen der öffentlichen Hand gefördert werden, was ich absolut unterstütze. Nicht vergessen dürfen wir, dass die Bausubstanz in Basel sehr alt ist. Viele Wohnungen sind nicht mehr zeitgemäss – so befinden sich nicht wenige WCs noch im Treppenhaus einer Wohnung. Auch deshalb macht die Vereinfachung Sinn.
Sie haben also gar keine Vorbehalte?
Doch. So sehe ich nicht ein, weshalb nicht die Basler Mieterschlichtungsstelle weiterhin über die Gesuche von Abbruch und Zweckentfremdung befinden soll, sondern das Bauinspektorat. Wir sind bereits eingespielt und haben eine Struktur – beim Baudepartement muss diese Struktur aber erst geschaffen werden. Ich sehe die Vereinfachung nicht. Aber im Gesamten ist das ist ein Detail.