Tausende Menschen gingen in Basel auf die Strasse, um gegen den IS-Terror zu demonstrieren. Viele sind verzweifelt. Im Protest sehen sie das einzige Mittel, um ihrer Angst und Wut Ausdruck zu verleihen.
Die Bedrohung der Stadt Kobane durch die Terrororganisation «Islamischer Staat» (IS) nimmt weiter zu. Kobane ist eine kurdisch-syrische Enklave im Norden Syriens. Ein Grossteil der Bewohner Kobanes ist mittlerweile geflüchtet. Doch befinden sich gemäss UNO-Schätzungen immer noch rund 12’000 Zivilisten in der Stadt, die von den vorstossenden Dschihadisten mehr und mehr eingekesselt werden.
In den letzten Tagen machten zahlreiche prokurdische Demonstrationen auf die Situation in Kobane aufmerksam. So auch in Basel, wo die kurdischen Vereinigungen gestern Samstag auf einem Protestzug durch die Innenstadt und einer anschliessenden Kundgebung auf dem Barfüsserplatz zur Solidarität mit Kobane aufgerufen haben. Geschätzte 5000 Kurden wohnten der Demonstration bei.
«Mein Gewissen hält es nicht mehr aus.»
Gemäss Iscen Mazlum, Mitorganisator der Demonstration in Basel, verfolgte man mit der Aktion dreierlei Absichten:
- Einerseits wolle man die Weltgemeinschaft aufrütteln, beim Vorstoss des IS-Terrors und der Verbreitung deren radikal-islamischer Ansichten nicht mehr tatenlos zuzusehen.
- Andererseits richte man sich gezielt an die Schweizer Regierung, die durchaus Druck auf die NATO, auf die Nachbarstaaten oder auf die Türkei ausüben könne.
- Schliesslich gehe es auch darum, bei der Schweizer Bevölkerung Empathie einzufordern für die vielen Kurden, die dem IS-Terror bisher zum Opfer fielen.
Ähnlich sehen es auch die Teilnehmer: «Mein Gewissen als Kurde hält es nicht mehr aus, wenn in Kobane meine nahen Verwandten sterben müssen. Darum bin ich am Protestzug mitgelaufen, in der Hoffnung, so etwas bewirken zu können», sagt ein kurdischer Demonstrant, der anonym bleiben möchte. Und Aram Sürmeli, Musik- und Bewegungspädagoge kurdisch-türkischer Herkunft, ergänzt: «Eigentlich müssten alle Menschen aufstehen und ein Zeichen gegen diese Ungerechtigkeiten setzen.»
«Es herrscht Terror. Und das kurdische Volk ist das einzige, das sich dagegenstellt.»
Nebst diversen kurdischen Vereinigungen nahmen am Basler Protestzug auch Vertreter politischer Parteien teil. Darunter etwa Brigitte Hollinger, Präsidentin der SP Basel-Stadt, die auf dem Barfüsserplatz ihr Wort an die Menge richtete: «Es herrscht Terror. Und das kurdische Volk ist das einzige, das sich dagegenstellt. Das verdient grossen Respekt.» Wenn junge Menschen keine Perspektiven mehr sehen und sich deshalb dem IS anschliessen, habe die Gesellschaft versagt.
Parteikollegin und Grossrätin Sarah Wyss kennt ein Mittel, wie die Schweiz konkret gegen diesen Terror in Nordsyrien vorgehen kann: «Es kann nicht sein, dass die Schweiz mit Waffenexporten nach Saudi-Arabien indirekt den IS-Terror unterstützt. Solche Waffenexporte müssen unbedingt eingestellt werden.» Der Vormarsch der IS-Miliz mache auf jeden Fall Angst und sei eine Gefahr für die ganze Welt, so Wyss weiter.
«Die Türkei spielt ein dreckiges Spiel.»
Martin Flückiger, Sekretär von Basels starker Alternative (BastA!), machte in seiner Ansprache derweil auf das «dreckige Spiel der Türkei» aufmerksam: Die Türken kämen den Kurden in Kobane nur deshalb nicht zu Hilfe, weil sie im Norden Syriens eine Pufferzone errichten wollen. Dadurch würden die kurdischen Autonomiebestrebungen – die auf den Aufbau eines demokratischen sowie religiös und ethnisch unabhängigen Gesellschaftsmodells zielen – geschwächt.
Auch die Basler Grossrätin Sibel Arslan vom Grünen Bündnis zeigt sich ob der zurückhaltenden Politik der Türkei enttäuscht: «Durch das Nichthandeln macht sich die türkische Regierung aus Sicht vieler Kurden und auch aus Sicht vieler Menschen in und ausserhalb der Türkei für den bevorstehenden Tod von Tausenden mitverantwortlich», so die Alevitin kurdischer Abstammung in einem Interview mit dem Newsportal Watson.