Qualleninvasion vor Sizilien

Ist das die Rache der Natur? Vor Sizilien wurden riesige Quallenschwärme entdeckt.

Neben Taschendieben die unbeliebtesten Ferienbegegnungen – vor Sizilien wurden riesige Quallenschwärme entdeckt. (Bild: TOMAS BRAVO)

Die Hotelliers in Italien bangen – vor Sizilien wurde eine wahre Quallenwand im Meer gefilmt. Nun geht die Sorge um, dass die lästigen Viecher diesen Sommer die Touristenstrände heimsuchen könnten.

Die Bilder sind schön und unheimlich zugleich. Man sieht das Blau des Meeres, dann unzählige Tentakel. Da ist ein betörendes Rot, das immer dichter und bedrohlicher wird. Hunderte, Tausende Quallen versperren dem Taucher schliesslich die Sicht. Es ist kein Durchkommen mehr vor der kleinen Insel Filicudi vor Sizilien.

«Die Invasion der Quallen» – so nennen italienische Medien das Unterwasser-Spektakel, das sich derzeit vor den Äolischen Inseln abspielt. Diese sind eigentlich für ihre Ursprünglichkeit und Abgeschiedenheit bekannt. Aus diesem Grund hat sich vor zwei Wochen auch der Sporttaucher Dario Lopes in die Gewässer vor Filicudi begeben, um mit seiner Harpune auf Jagd zu gehen. Aber anstatt  Beute fand Lopes eine Wand von Quallen. Die eindrucksvollen Bilder hat er auf Youtube ins Internet gestellt.

 

«Als ich diese Bilder gesehen habe, bin ich beinahe vom Stuhl gefallen», berichtet Ferdinando Boero, 63, Zoologe von der Universität Salento in Lecce. «So eine Quallen-Suppe habe ich noch nie gesehen», gesteht er. Es ist bekannt, dass Quallen sich wegen Überfischung und Klimaveränderung weltweit in den vergangenen Jahren extrem vermehrt haben. Aber eine Ansammlung von Exemplaren wie jetzt vor Sizilien konnten Wissenschaftler offenbar selten zuvor beobachten. «Pelagia noctiluca» heisst die vor Filicudi gesichtete rötliche Quallen-Art, an deren Nesseln sich Schwimmer verbrennen können. Ob das gesamte Mittelmeer und insbesondere Thyrrenisches, Adriatisches und Ionisches Meer diesen Sommer nun von diesen unangenehmen Gästen bevölkert werden, mag Boero nicht vorherzusehen. «Es ist wie mit dem Wetter», sagt er. «Vorhersagen, die weit nach vorne reichen, sind unseriös.»

Wohin treibt die Strömung die Tiere?

Doch der erste Schaden ist schon angerichtet. Das Hotelgewerbe auf den Äolischen Inseln steht Kopf, seitdem auch Fernsehsender in Italien die beinahe mystischen Bilder von Sporttaucher Lopes verbreitet haben. Der Vorsitzende des lokalen Hoteliersverband, Christian Del Bono, bezeichnet die Aufregung als «alarmistisch» und «lächerlich». «Das Meer hier ist fantastisch und es gibt keinen Grund zu glauben, dass es bei uns dieses Jahr mehr Quallen geben wird als in den vergangenen Jahren», sagt Del Bono. Das hätten ihm auch Experten versichert.

Zoologe Boero erläutert, es hinge von den Strömungen ab, wohin die Quallen und ihre Brut schliesslich getrieben würden. «Entweder bleiben sie vor Sizilien, sie könnten aber auch über den Golf von Salerno, Elba bis hoch ins ligurische Meer gelangen», sagt Boero. Fest steht für den Zoologen nur, dass die Menschheit reagieren muss. Die Überfischung der Meere müsse für den Erhalt des natürlichen Gleichgewichts eingedämmt, die Klimaerwärmung gestoppt werden.

 

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