Das RAV verteilt Gutscheine, mit denen eine elektronische Jobbörse zwar gratis benutzt werden kann. Dafür kann es die Aktivität des Arbeitssuchenden überwachen. Wie diese Möglichkeit genutzt wird, ist in jedem Kanton anders. Ebenso, wie transparent sie informieren.
Arbeitslosigkeit verpflichtet zur Stellensuche. Um Arbeitslosengeld zu erhalten, müssen Stellensuchende ihre «persönlichen Arbeitsbemühungen» in einem Formular nachweisen. Als Beleg gelten Kopien von Stelleninseraten, Bewerbungs- und Antwortschreiben.
Wurde die Aktivität des Suchenden auf dem Stellenmarkt bislang in dieser Form kontrolliert, kommt seit einiger Zeit die digitale Dimension der Überwachung dazu. Zumindest theoretisch: In insgesamt 13 Kanton (siehe Box unten) erhält ein Stellensuchender vom persönlichen RAV-Berater einen Gutscheincode für das Stellenportal Jobagent.ch.
Baselland informiert nur mündlich
Löst der Suchende den Gutschein ein, hat er zwar «Premium-Zugang» zu allen Dienstleistungen des Portals – was ansonsten kostenpflichtig wäre. Auf der anderen Seite kann sein RAV-Berater von da an die elektronische Stellensuche überwachen. Von Jobagent.ch erhält er nämlich «Einsicht in die Jobsuch-Aktivitäten des Kandidaten», wie es in den Nutzungsbedingungen heisst. Die Stellensuchenden in Basel-Stadt wussten bislang kaum von dieser Spioniermöglichkeit der RAV (die TagesWoche hat darüber berichtet).
Auch in anderen Kantonen scheinen die Stellensuchenden nicht besser darüber aufgeklärt zu werden, worauf sie sich mit dem Gutschein genau einlassen. Theoretisch könne im Kanton Baselland ein RAV-Berater die Aktivitäten des Stellensuchenden nachverfolgen, bestätigt Roman Zaugg, stellvertretender Leiter des Kantonalen Amtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit (KIGA). Allerdings mache im Baselbiet kein RAV-Berater von dieser Möglichkeit Gebrauch.
«Unser alleiniges Interesse sind die Vorteile, die das Tool den Stellensuchenden bietet», so Zaugg. Ob der Stellensuchende diese Hilfestellung nutzen wolle oder nicht, liege allein im Ermessen der einzelnen Person, versichert Zaugg. Dass via Jobagent.ch an sich die Möglichkeit bestünde, Einblick in die Suchaktivitäten der Nutzer zu nehmen, darauf verweise man dennoch «zum Teil mündlich».
Ein Kontrollinstrument in Luzern
Eigentlich steht es auch in Luzern den Stellensuchenden frei, das Portal zu nutzen. Es soll angeblich mehr helfen als zur Kontrolle dienen. Doch wenn jemand zu wenig oder zu schlechte Arbeitsbemühungen aufweist, kann er gemäss Informationen der TagesWoche offenbar im Extremfall von seinem RAV-Berater dazu verpflichtet werden.
Ist es erst einmal so weit gekommen, erwartet man vom Stellensuchenden, dass er sich nicht nur bequem vom Jobmail (eine Art Newsletter) automatisch mit Inseraten beliefern lässt, sondern auch aktiv sucht. In diesem Fall erscheint es logisch, dass der RAV-Berater den Stellensuchenden auch darauf aufmerksam macht, dass seine Aktivität auf dem Portal nachverfolgt wird, da diese Forderung sonst einfach umgangen werden könnte.
Schriftlicher Hinweis in Bern
In den Kantonen, deren Ämter am Donnerstag (29. August) erreichbar waren, erhalten die Stellensuchenden lediglich in Bern auch einen schriftlichen Hinweis zum Datenschutz. Das Informationsblatt vom beco Berner Wirtschaft, das als Leitfaden für die Registrierung auf Jobagent.ch dient, legt offen, was der persönliche RAV-Berater sehen kann. Nämlich: ob man den Gutschein einlöst, welche Suchprofile man erfasst, ob man ein «Jobmail» aktiviert, wann und wie oft man sich einloggt.
Die Nutzer scheinen damit kaum ein Problem zu haben: «Seit Januar haben 70 Prozent der insgesamt 8’840 Stellensuchenden den Gutschein eingelöst und sich 576’000 Mal eingeloggt», sagt der Leiter Arbeitsvermittlung Marc Gilgen. Wer den Dienst nicht nutze, habe übrigens keinerlei Konsequenzen zu befürchten. Das Angebot sei rein freiwillig, sagt Gilgen. Man vertraue in Bern auf die Eigenverantwortlichkeit der Stellensuchenden.
In Zürich wird aktuell ganz auf den Gutschein für Jobagent.ch verzichtet. Allerdings hat dies nichts mit der Überwachungsmöglichkeit zu tun. Laut einer schriftlichen Stellungnahme habe der Kanton Zürich mit dem Betreiber des Stellenportals noch keine Vereinbarung abgeschlossen, «weil einerseits mit dem Bund zusammen eine einheitliche Preisgestaltung auf nationaler Ebene gesucht wird und anderseits eine Prüfung im Rahmen der Submissionsrichtlinien durchgeführt werden muss.»