Riehen verpasst sich ein neues Gesicht

Riehen braucht ein neues Dorfzentrum, das haben Einwohnerrat und Volk beschlossen. Gestern Dienstag fuhren die Bagger nach langem Seilziehen endlich auf, heute Mittwoch erfolgt der offizielle Spatenstich.

(Bild: Alexander Preobrajenski)

Riehen braucht ein neues Dorfzentrum, das haben Einwohnerrat und Volk beschlossen. Gestern Dienstag fuhren die Bagger nach langem Seilziehen endlich auf, heute Mittwoch erfolgt der offizielle Spatenstich.

«Lebenskultur», so rühmt sich Riehen in seinem Untertitel. Diesem Claim will die Gemeinde Rechnung tragen, und daran arbeitet sie schon eine ganze Weile. Und am Dorfkern biss sie sich bislang die Zähne aus.

Im Jahr 2000 wurde eine Dorfkern-Aufwertung erstmals angestossen, 2002 aber auch umgehend wieder verworfen. Gemäss Ivo Berweger, Abteilung Bau, Mobilität und Umwelt der Gemeinde Riehen, wird die Aufwertung des Dorfkerns seit Jahren politisch gefordert. Ausgerechnet hier, wo letztmals vor 40 Jahren ein Stein verrückt wurde. 

Seit gestern aber bleibt tatsächlich kein Stein auf dem anderen: Dem alten Pflaster geht es an den Kragen, Riehen bekommt einen fussgängerfreundlichen und attraktiven Kern. Auch weil die Basler Landgemeinde nach Modernität dürstet und sie sich im Konkurrenzkampf mit Nachbargemeinden und deren Dorfkernen als Einkaufszentrum und Verweilgelände sieht. 3,3 Millionen Franken hat der Einwohnerrat für die Aufwertung gesprochen.

So entschied es 2013 der Einwohnerrat und so bestätigte es das Stimmvolk vor einem Jahr an der Urne. Dazwischen lag eine Referendumsabstimmung, die von der Ortssektion der SVP erzwungen wurde.

Kritik am Parkplatzregime

Ihre Argumente: Die Kosten seien einerseits «total überrissen». Andererseits befürchtete die Sektion die Reduktion von Parkplätzen. Die Vorlage, hiess es, sei auto- und parkplatzfeindlich und schade damit dem Gewerbe.

Man verglich mit der verkehrsfreien Basler Innenstadt, was der Gemeinderat vehement bestritt: «Die Zufahrten zum Dorfzentrum werden nicht angetastet», liess er sich damals in den Abstimmungsunterlagen zitieren; der Rat steht nach wie vor dahinter.

Und so steht es tatsächlich auch in den Bauplänen, die seit gestern umgesetzt werden. Der offizielle Spatenstich erfolgte allerdings erst heute Mittwochmorgen vor der Gemeindeverwaltung. Die Zentrums-Aufwertung setzte die 2012 im Projektwettbewerb zum Sieger erkorene Gestaltung vom Basler Planungsbüro Staufenegger und Stutz am besten um.

Konkret sind betroffen: die Schmiedgasse ab Baselstrasse bis zur Kreuzung Wendelinsgasse, das Webergässchen ab Rössligasse sowie die Wettsteinstrasse. Die Verbreiterung der Trottoirs geht mit einer Verengung der Fahrbahnen einher, die darunterliegenden Werkleitungen werden erneuert oder erweitert. 

Besucher der Fondation Beyeler sollen im Dorf verweilen

Zusätzliches Ziel der Umgestaltung ist die Anbindung des Dorfkerns an die Fondation Beyeler, die immerhin 350’000 Besucher jährlich nach Riehen lockt. Die dürfen sich gerne auch ins Zentrum verirren und dort ein paar Franken liegenlassen.

Die Neugestaltung soll also nicht nur verschönern, sie birgt auch wirtschaftliches Potenzial. Nicht zuletzt darum wurde so geplant, dass die Bauarbeiten rechtzeitig vor der Weihnachtszeit beendet sind (Broschüre zu den Arbeiten auf der Rückseite des Artikels).

«Es ist eine spezielle Baustelle, in der Projektierung mussten wir Lösungen für viele Bedürfnisse finden und ebenso vielen Interessen Rechnung tragen», sagt Berweger. Ein Beispiel ist der Zaeslin-Brunnen auf dem Gemeindehausvorplatz, der bereits vor 60 Jahren einmal versetzt wurde. Er sollte dem Neudesign des Zentrums eigentlich gänzlich weichen. «Aber der Gemeinderat hat gemerkt, dass der Brunnen wichtig für die Bevölkerung ist», sagt Berweger. Darum wurde für den Brunnen abermals ein neuer Standort gesucht und im Bereich der Wettsteinanlage gefunden.

Wohlfühloase mit Verkehr

Das Herzstück bildet nämlich Optisches; hier der Brunnen, dort die Linden auf dem Dorfplatz, von denen keine gefällt wird, die dafür eingefasst werden, offene Wasserflächen sollen einen Hauch mediterranes Flair nach Riehen bringen. Riehens Dorfkern soll eine fussgängerfreundliche Wohlfühloase werden, ohne den Verkehr einzuschränken.

Natürlich wird das während der Bauarbeiten nicht gelingen, auch wenn die Gemeinde versichert, dass das Dorfzentrum jederzeit mit allen Verkehrsmitteln zu erreichen sei. Einschränkungen lägen im Wesen der Sache, Mitte Oktober soll der Spuk wieder vorbei sein.

Ausserdem soll bis Ende Jahr ein Bebauungsplanverfahren erarbeitet sein, das die allfällige Errichtung eines Parkhauses im Dorfkern regelt, den entsprechenden Projektierungskredit hat der Einwohnerrat gesprochen. Auch darüber debattiert man in Riehen seit geraumer Zeit. Noch gelte es, Rechtliches abzuwägen, danach soll ein privater Investor gefunden werden.

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