In Baselland wird bald die Stimmbevölkerung darüber entscheiden, ob Kantonsbeiträge für Privatschulen gekürzt werden. Für Rudolf Steiner Schulen hätte das drastische Konsequenzen.
Andreas Günther ist mehr als besorgt. Die Beiträge an Eltern, die ihre Kinder in die Rudolf Steiner Schule Mayenfels schicken, könnten bald gekürzt werden. Günther, der im Schulleiterkreis sitzt, geht davon aus, dass dann weniger Schülerinnen und Schüler in die Privatschule nach Pratteln kommen.
«Ich weiss nicht, wie wir unsere Finanzen dann noch im Griff halten können», sagt Günther. Es bestehe die Gefahr, dass die Schule schliessen müsse. Denn die Zahl der Schülerinnen und Schüler sei bereits jetzt rückläufig.
Privatschulen kosten Eltern viel Geld. Wer seine Kinder an eine Rudolf Steiner Schule schickt, bezahlt einen Familienbeitrag, der vom Einkommen abhängt. Der Beitrag, der alle Kinder abdeckt, liegt zwischen 500 und 3000 Franken pro Monat.
Kantonsbeitrag macht die Hälfte aus
Eine Familie mit zwei Kindern und einem durchschnittlichen Einkommen zahlt so vielleicht 12’000 Franken pro Jahr. Der Kanton unterstützte diese Familie mit 2500 pro Jahr und Kind. Der Kantonsbeitrag macht so also fast die Hälfte der Schulkosten aus.
Die Regierung wollte den Kantonsbeitrag komplett streichen. Der Landrat sprach sich am Donnerstag aber für einen Kompromiss aus, bei dem Eltern nur bis zu einem bestimmten Einkommen unterstützt werden – wie bei Stipendien, die der Kanton zahlt.
Dieser Kompromiss scheiterte im Landrat am Dreiviertel-Mehr. Nun muss die Stimmbevölkerung darüber entscheiden. Werden Eltern, die ihre Kinder in eine Privatschule schicken, wie bisher unterstützt, oder nur noch gestaffelt bis zu einem Einkommen von 70’000 Franken?
Ausgesungen: An Steiner Schulen werden musische Fächer wie Chorsingen speziell gefördert.
An der Steiner Schule Birseck in Aesch löst der bevorstehende Volksentscheid ebenfalls Ängste aus. Der Verwalter der Schule, Thomas Didden, sagt: «Wenn weniger Kantonsbeiträge bezahlt werden, wird das ganz sicher zu einem Rückgang der Schülerzahlen führen.»
Eben erst habe er mit einer Familie gesprochen, die über ein Einkommen von etwa 90’000 Franken verfüge. Die Eltern hätten deutlich gemacht, dass ihre Kinder nur dank der Kantonsbeiträge in die Steiner Schule gehen könnten. «Das geht vielen Familien so», erklärt Didden.
Die Birseck Schule sei zwar so gross, dass sie nicht in ihrer Existenz bedroht sei. «Aber ein negativer Entscheid würde konkrete Umgestaltungen nach sich ziehen.»
Nicht nur Steinerschüler betroffen
Die Rudolf Steiner Schulen in Münchenstein und Pratteln sind kleiner als die Birseck Schule. Dort geht es um die existenzielle Frage, wie lange sich die Schulen noch halten können.
In Pratteln hat man vor vier Jahren einen Neubau eröffnet. Andreas Günther sagt, man habe damals fest damit gerechnet, dass die Kantonsbeiträge auch in Zukunft flössen. «Die Verlässlichkeit des Kantons ist für unsere Finanzplanung nicht sehr gross, wenn die Beiträge infrage gestellt werden.»
Von der teilweisen Kürzung betroffen wären nicht nur Eltern mit Kindern in einer Rudolf Steiner Schule. Auch wer sein Kind an eine andere Privatschule schickt, würde bei einem Einkommen über 70’000 Franken keine Beiträge mehr erhalten.
Bildungsvielfalt leidet
Daniel Hering von der IG Basler Privatschulen findet es richtig, dass alle Eltern unabhängig vom Einkommen einen Beitrag erhalten. «Unsere Eltern zahlen doppelt: Steuern zur Finanzierung der Volksschule und Schulgeld für die Privatschule.» Die Beiträge seien als Ausgleich gedacht gewesen, weil man im Jahr 2000 den Steuerabzug für das Schulgeld gestrichen habe.
Die teilweise Kürzung ist für ihn deshalb nicht annehmbar. Auf lange Sicht leide die Bildungsvielfalt, ist Hering überzeugt. Privatschulkindern seien schon die Fördermassnahmen gestrichen worden. «Wenn der Kanton jetzt die Beiträge kürzt, tendiert sein finanzielles Engagement für Privatschüler gegen Null.»
Abstimmung frühestens im September
Im Jahr 2014 besuchten 6,5 Prozent der Schülerinnen und Schüler mit Wohnsitz in Baselland eine Privatschule. Der Kanton zahlte für rund 1500 Schülerinnen und Schüler einen Beitrag von 2500 Franken.
Wann in Baselland darüber abgestimmt wird, ob die Beiträge teilweise gekürzt werden, ist noch offen. Frühstmöglicher Termin ist der 24. September.