Jetzt ist die Katze aus dem Sack: Eveline Widmer-Schlumpf tritt am 9. Dezember nicht zur Bundesratswahl an. Das gab die BDP-Politikerin am Mittwochnachmittag bekannt.
Eveline Widmer-Schlumpf tritt bei den Bundesratswahlen am 9. Dezember nicht wieder an. Ihr Posten im Finanzdepartement wird deshalb zwingend neu besetzt.
An der Pressekonferenz am Mittwochnachmittag lobte Widmer-Schlumpf die gute Zusammenarbeit mit dem Parlament und dankte den Parteien für ihre Unterstützung.
Sie habe die Arbeit sehr gerne gemacht, die Arbeit als Bundesrätin habe aber auch viel Kraft gekostet. Ob sie weitermacht oder nicht, habe sie mit ihrer Familie besprochen. «Die Meinung meiner Familie ist mir sehr wichtig», so Widmer-Schlumpf.
Ausgang der Wahlen «nicht ausschlaggebend»
Sie wolle «dann aufhören, wenn es noch Spass macht – und es macht mir noch Spass». Ihr Auftrag sei zudem erfüllt. Die Ausgang der Wahlen vom 18. Oktober sei «nicht ausschlaggebend gewesen» für ihre Entscheidung, aber sicher ein Mitgrund.
Was sie in Zukunft mache, wollte sie an der Pressekonferenz nicht sagen: «Denn das zu wissen, darauf hat die Öffentlichkeit keinen Anspruch.»
Darauf angesprochen, ob das Ende ihrer Bundesratslegislatur das Ende der BDP bedeute, antwortete sie: «Nein, den Anfang.» Ihr Rücktritt sei eine Chance für die Partei, die häufig nur als Kleinstpartei mit prominenter Bundesrätin wahrgenommen wurde.
Unter ihrer Ägide Bankgeheimnis aufgeweicht
Widmer-Schlumpf ist seit 2007 im Bundesrat. Damals war die damalige Graubündner Finanzdirektorin und SNB-Bankrätin von den Fraktionsspitzen von SP, Grünen und CVP in einer geheimen Absprache als Gegenkandidatin zu Christoph Blocher aufgebaut worden. Am 12. Dezember wählte die Bundesversammlung Widmer-Schlumpf anstelle des amtierenden Justizministers in den Bundesrat. Diese nahm die Wahl am Tag darauf an.
Der darauf folgende Ausschluss der Bündner Kantonalpartei aus der SVP führte 2008 zur Gründung der BDP. 2011 wurde Widmer-Schlumpf problemlos für eine zweite Amtszeit wiedergewählt. In den letzten acht Jahren war sie massgeblich an der Lösung der Bankenkrise beteiligt. Unter ihrer Ägide wurde das Bankgeheimnis gegenüber dem Ausland schrittweise aufgeweicht. Derzeit berät das Parlament die rechtlichen Grundlagen für den automatischen Informationsaustausch.
Zweiter Sitz für SVP in Reichweite
Die BDP-Bundesrätin dürfte durch einen SVP-Politiker ersetzt werden. Nach dem Wahlsieg der SVP haben sich die Stimmen gemehrt, die der Partei einen zweiten Sitz in der Landesregierung zugestehen wollen. In der Sonntagspresse hatte zuletzt CVP-Präsident Christophe Darbellay Zweifel geäussert, ob die Mitte mit ihrer losen Struktur Anspruch auf zwei Sitze habe.
Wen die SVP als Kandidaten nominiert, ist offen. In den Medien werden unter anderen die Namen der Nationalräte Heinz Brand (GR) und Hansjörg Knecht (AG) und des Schaffhauser Ständerats Hannes Germann herumgeboten. Einige mögliche Papabili sind bereits vom Kandidatenkarussell abgesprungen, darunter der Eisenbahnbauer Peter Spuhler oder der Zuger Baudirektor Heinz Tännler. Auch SVP-Präsident Toni Brunner will nach eigenem Bekunden nicht Bundesrat werden.
Die SVP hat eine Findungskommission eingesetzt. Die Fraktion entscheidet am 20. November, wen sie ins Rennen um einen Sitz in der Regierung schickt. Möglich ist, dass auch andere Parteien Kandidaten oder Kandidatinnen für den frei werdenden Sitz nominieren.
Leseempfehlungen zur Bundesratswahl und Eveline Widmer-Schlumpf:
- Soll die SVP einen zweiten Sitz im Bundesrat erhalten? Ja, so wäre die ewig polarisierende Partei in die Regierungstätigkeit eingebunden und müsste Verantwortung wahrnehmen, kommentiert Andreas Schwald in der «TagesWoche»: Hunger auf den zweiten Sitz
- Das «Schweizer Fernsehen» hat die möglichen Szenarien für den 9. Dezember ausgearbeitet: Das sind die fünf Szenarien für die Bundesratswahl
- Constantin Seibt vom «Tages-Anzeiger» hat die Laufbahn von Eveline Widmer-Schlumpf in einem Essay nachgezeichnet: Der Kampf um die Wirklichkeit
- Georg Kreis geht in der «TagesWoche» der Frage nach, was Konkordanz im Kern bedeutet und weshalb die SVP nicht zwingend ein Anrecht auf einen zweiten Bundesratssitz hat: Wie die SVP mit der Konkordanz spielt