Als sinnvolle Massnahmen gegen die Zersiedelung und den Pendlerverkehr preisen die Befürworter der umstrittenen Stadtrandentwicklungen Ost und Süd die Pläne des Kantons Basel-Stadt an, bei der Landesgrenze zu Grenzach und auf dem Bruderholz neue Wohnsiedlungen entstehen zu lassen.
«Gehören Sie zu den Befürwortern oder den Gegnern der Baupläne?», fragte ein Passant auf dem Bruderholz freundlich. Soeben hatte die kleine Gruppe von Medienleuten sowie Vertreterinnen und Vertretern des Ja-Komitees zur bevorstehenden Abstimmung über die Stadtrandentwicklungsgebiete Ost und Süd ihre Rundfahrt zu den umstrittenen Bauzonen beendet.
«Ich bin natürlich strikte dagegen», ergänzte der Mann, der sich als Bewohner eines der Einfamilienhäuser bei der Predigerhofstrasse outete. Wenn die Baupläne im Perimeter der Stadtrandentwicklung Süd verwirklicht würden, bekäme er neue Einfamilienhäuser vor die Nase beziehungsweise vor die heute noch freie Sicht ins Grüne gesetzt.
Neuer Wohnraum für 3400 Menschen
Im Osten und Süden der Stadt Basel soll laut dem neuen Zonenplan neuer Wohnraum für rund 3400 Menschen geschaffen werden. Diese Pläne sind nicht unumstritten. Namentlich gegen die Bebauungspläne an der Landesgrenze zu Grenzach und auf dem Bruderholz regte sich Widerstand – die Referenden gegen die Pläne kamen rasch zustande. Damit über diese Gebiete separat abgestimmt werden kann, hat der Grosse Rat im Januar entschieden, diese Gebiete aus dem Gesamtpaket auszuscheiden.
Am 28. September wird nun also an der Urne über die Stadtrandentwicklungen Ost und Süd entschieden. Mit einer Medienrundfahrt zu den Baugebieten lancierte das Pro-Komitee mit Vertreterinnen und Vertretern aus den Wirtschaftsverbänden, den Wohnbaugenossenschaften Nordwestschweiz sowie den Parteien LDP, FDP, Grünliberalen, CVP und SP ihre Abstimmungskampagne.
Grünzonen am Rand von Siedlungsgebieten
«Wir wollen Wohnraum auf den bestehenden Siedlungsgebieten in der Stadt ermöglichen und damit der Zersiedelung entgegenwirken», sagte der ehemalige LDP-Grossrat Andreas Albrecht zu Beginn der Rundfahrt. Das mit den «bestehenden Siedlungsgebieten» entspricht, wie sich dann später vor Ort zeigte, allerdings nur am Rand als Wahrheit. Denn noch präsentieren sich die Baugebiete als ziemlich grüne Areale.
So zum Beispiel das Areal in Basels Osten zwischen dem Rankhof und der Landesgrenze zu Grenzach: Während sich westlich der Allmendstrasse heute bereits Bauten befinden, breiten sich auf dem Gebiet östlich davon Familiengärten und Sportanlagen aus. Diese sollen auch zu einem grossen Teil an Ort bestehen bleiben, sagte Albrecht. Das werde möglich, weil hier Hochhäuser (für 2000 Menschen) geplant seien, die nur eine relativ geringe Bodenfläche beanspruchen.
Genossenschaftlicher Wohnungsbau
Kerstin Wenk von der SP freut sich vor allem darüber, dass der genossenschaftliche und damit der gemeinnützige Wohnungsbau mit einem Anteil von 25 Prozent einen hohen Anteil an den neuen Wohnbauten ausmachen werde. «Das würde dem höchsten Zuwachs an Genossenschaftswohnungen seit Jahrzehnten entsprechen», sagte sie.
Mit dem Titel «Gemeinnütziger Wohnungsbau» wurde auch das Baufeld an der Giornicostrasse auf dem Bruderholz angepriesen. Das 20’800 Quadratmeter grosse Stück Bauland gehört der Christoph Merian Stiftung (CMS). Dort soll zweigeschossiger Wohnraum für rund 250 bis 300 Menschen entstehen, wie die zuständige Projektleiterin der CMS, Monika Wirth, ausführte.
Einbezug der Nachbarn
Die CMS will das Bauland im Baurecht abgeben und zusammen mit gemeinnützigen Wohnbauinstitutionen ein möglichst durchmischtes Wohngebiet realisieren lassen. Monika Wirth sprach namentlich von Alterswohnungen, generationenübergreifenden Wohnformen und von Familienwohnungen, möglichst verbunden auch mit Läden und Dienstleistungsbetrieben wie Coiffeursalons und dergleichen. «Es ist explizit kein hochpreisiger Wohnraum geplant», sagte sie.
Für Wohlhabende ist hingegen das zweite Bauland auf dem Bruderholz gedacht, das entlang der Kantonsgrenze auf der Predigerhofstrasse an die kleine bestehende Einfamilienhaussiedlung anschliessen soll. «Hier darf es auch etwas teurer und exquisiter werden», sagte Albrecht. Die neuen Einfamilienhäuser beim kleinen Wäldchen an der Südspitze des Stadtkantons dürfen ebenfalls nur zwei Geschosse umfassen.
Lieber in der Stadt als auf dem Land
Zusammenfassend sind die Vertreterinnen und Vertreter der Pro-Komitees überzeugt, dass die Stadtrandentwicklungen Ost und Süd das richtige Mittel seien, um auf möglichst ökologische Art neuen Wohnraum zu schaffen. «Basel braucht diesen dringend», betonte Albrecht. Und es sei sicher besser, auf dem Stadtgebiet neue Wohnungen zu bauen als zuzuschauen, wie auf dem Land grossflächig neue Wohngebiete entstünden.
Das Pro-Komitee hat sich engagiert ins Zeug gelegt für die neuen Bauvorhaben. Das dürfte auch nötig sein. Komitee-Mitglied Elias Schäfer gab zu, dass man sich mit der Allianz aus Grünen, der SVP und heutigen Einfamilienhausbesitzern auf dem Bruderholz einer nicht zu unterschätzenden Gegnerschaft gegenübersehe.