Runterfahren mit dem Fährverkehr von Sizilien

Hauptsache, es ist warm und der Wein schmeckt. In Messina lässt es sich wunderbar entspannen – vor allem, wenn der Blick vom Balkon auf den Hafen geht.

Messina, Sizilien

(Bild: Reto Aschwanden)

Hauptsache, es ist warm und der Wein schmeckt. In Messina lässt es sich wunderbar entspannen – vor allem, wenn der Blick vom Balkon auf den Hafen geht.

Kulturreisende werden auf Sizilien nicht als Erstes Messina ansteuern. Die Stadt am «Stretto» (der Meerenge) bildet mitnichten das schöngeistige Zentrum, sondern das Einfallstor der Insel. Per Fähre kommen hier Autos und Cars, Lastwagen und Züge vom italienischen Festland an.

Unsereiner wollte einfach ein paar Tage runterfahren. Messina liegt am Meer, es ist auch im Herbst und im Frühling warm, leckeres Essen und süffigen Wein gibt es auch. Was braucht es mehr? Also haben wir uns im Design B&B Ciauru ganz in der Nähe des Fährhafens einquartiert. Die Zimmer lagen hinten hinaus, waren also ruhig. Vorne, zum Meer hin, lud ein grosser Balkon vor dem Frühstücksraum zum Verweilen.

Dort verbrachten wir Stunden. Tag und Nacht herrschte ein stetes Ankommen und Ablegen der Fähren. Es wirkte wahnsinnig entspannend, mit den Augen den Positionslichtern eines auslaufenden Schiffs zu folgen, bis deren Verharren verriet, dass es auf der anderen Seite der Meerenge angekommen war.



Messina, Sizilien

Blick von Villa San Giovanni über die Meerenge zwischen Sizilien (links) und dem italienischen Festland. (Bild: Reto Aschwanden)

Nach einiger Zeit war Hinterherschauen nicht mehr genug. Also bestiegen wir selber eine Fähre und liessen uns vom Wind die Frisur zerzausen, bis wir in Villa San Giovanni kalabrisches Festland betraten.

Dort sah es nicht viel anders aus als in Messina: kilometerlange Strände mit feinem Sand und erstaunlich klarem Wasser. Es gab da und dort Strandbäder, aber man konnte auch einfach hinter einem Stein in die Badehose schlüpfen.

Am dritten Tag wollten wir dann doch ein bisschen Tourist spielen. Also fuhren wir nach Taormina, was geschlagene zwei Stunden dauerte, weil unser Bus streckenweise auch als Schulbus diente. Das beliebte Ausflugsziel hoch über dem Meer entschädigte für die Reise mit einem sehenswerten antiken Theater, aus dem der Blick über die Bucht und bis zum Ätna schweift. Abends, so erfuhren wir, gebe es gelegentlich Konzerte. Letzten Sommer sangen dort Al Bano und Romina Power ihr «Felicità».



Messina, Sizilien

Das antike Theater von Taormina finden Sie bei Google, wir präsentieren hier lieber den Blick auf die Bucht. (Bild: Reto Aschwanden)

Nach dem Besuch des Theaters rieben wir uns in den engen Altstadtgassen an Touristenleibern in unterschiedlichen Rötungsstadien. Dann wurde in der Pianobar auf der Piazza IX Aprile zum überteuerten Getränk trockenes Salzgebäck gereicht.

Unsereinem war das schon fast zu viel. Wir wollten ja runterfahren. Also fuhren wir runter an die Küste und zurück nach Messina. Ein paar Schritte von unserem Hotel entfernt entdeckten wir eine Macelleria, die neben allerlei Fleischwaren auch Käse, Brot und Wein feilbot.



Messina, Sizilien

Abendstimmung mit Blick zur Meerenge. Auch ein kurzes Bad liegt trotz dem nahen Fährhafen drin. (Bild: Reto Aschwanden)

Derart ausgerüstet gings erneut auf den Balkon zum weiteren Studium des sizilianischen Fährverkehrs. Mit der Zeit erkannten wir das raffinierte System, mit dem die Schiffe entladen werden, um möglichst zügig neue Fahrzeuge aufzunehmen.

Was uns beschäftigte, war die Frage, ob die flachen Wannen oder die Boote mit zwei Decks effizienter sind. Die Doppeldecker können natürlich mehr Fahrzeuge aufnehmen, die Wannen aber sind deutlich schneller ent- und beladen, können also auch schneller wieder ablegen. Da die Überfahrt keine 20 Minuten dauert, ist es denkbar, dass die Fähren mit weniger Ladekapazität am Ende des Tages doch mehr Fracht transportiert haben.

Abschliessend klären liess sich das nicht und irgendwann war es auch egal. Als die Rotweinflasche langsam leergetrunken war, fühlte sich unsereiner derart gelöst, dass er zur Tonspur aus dem iPod Al Banos Part von «Felicità» vom Hotelbalkon schmetterte. Es gibt Stimmen, die behaupten, ein Einheimischer auf dem Abendspaziergang hätte zu dieser Darbietung gesagt: «Was der mit unserer Sprache macht, das hat der Ätna mit meinem Dorf gemacht.»

Das ist ein bösartiges Gerücht. Wahr ist, dass unsereiner in dieser Nacht gründlich runtergefahren zu Bett ging.

  • Ankommen
    Per Flugzeug nach Catania. Mit dem Bus zum Bahnhof. Dann per Zug in circa zwei Stunden nach Messina.
  • Einchecken
    Design B&B Ciauru. Zum Frühstück gibts irrsinnig süsse Kuchen, der Alpennordseitler erhält auf Wunsch aber auch Eier mit Speck.
  • Verpflegen
    Der Mafia-Film «Der Pate» wird auf Sizilien bis heute ausgeschlachtet. Darum serviert das «Al Padrino» in der Nähe des Stadtzentrums schnörkellose sizilianische Gerichte unter dem Motto «We make’a the food you canta refuse».

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