Frankreichs Sozialisten haben bei Lokalwahlen die Hälfte ihrer Departemente verloren. Oppositionschef Sarkozy triumphiert über Präsident Hollande. Der Front National ging wahlrechtsbedingt leer aus.
Die Stichwahl bestätigte am Sonntag den Trend des ersten Wahlgangs vor Wochenfrist. Die regierende Parti Socialiste (PS) erlebt auf territorialer Ebene einen eigentlichen Aderlass. Nach den ersten Endergebnissen verliert sie rund die Hälfte der 61 Departemente, die sie bisher kontrolliert hatte.
Die konservative «Union für eine Volksbewegung» (UMP) erobert hingegen die Ratsmehrheit in gut zwei Dritteln der 101 französischen Departement. UMP-Chef Nicolas Sarkozy deutete den Wahlausgang als eine Niederlage der Pariser Linksregierung unter Führung von Präsident François Hollande. «Noch nie in der Fünften Republik hat eine Regierung so viele Departemente auf einmal verloren», erklärte Sarkozy, der im Hinblick auf die Präsidentschafskampagne von 2017 bereits einen sehr wahlkämpferischen Ton anschlug.
Zweiter Wahlgang geht an UMP
Hollande erlitt in seiner politischen Hochburg eine persönliche Niederlage, geht doch das Departement Corrèze höchstwahrscheinlich an die bürgerliche Koalition der UMP mit der Mittepartei UDI. Auffällig ist der Rückschlag der Sozialisten in vielen alten Arbeiter- und Linksbastionen Nord- und Ostfrankreichs sowie im einst «roten» Vorstadtgürtel um Paris. Dort hatte der rechtsextreme Front National (FN) die Sozialisten im ersten Wahlgang meist überflügelt.
Im zweiten Wahlgang setzten sich nun meist die UMP-Kandidaten durch, da die Frontisten durch das Mehrheitswahlrecht benachteiligt waren. Die Partei von Marine Le Pen, die im ersten Wahlgang über 25 Stimmenprozente erzielt hatte, gewann möglicherweise kein einziges Departement. Chancen hatte sie einzig im Departement Aisne im Nordosten Frankreichs sowie im Vaucluse in der Provence.
Sarkozy scheint es mit einem aggressiven Wahlkampf gelungen zu sein, dem FN Stimmen wegzunehmen. Der Ex-Präsident von 2007 bis 2012 trat unter anderem für ein Kopftuchverbot an Universitäten und Schweinefleisch-Abgabe an Schulen ein. Diese Themen hatten an sich nichts mit den – vor allem sozial- und verkehrspolitischen – Kompetenzen der Departemente zu tun. Premierminister Manuel Valls warf Sarkozy deshalb im Wahlkampf vor, «dem FN nachzurennen».
Valls tritt nicht ab
Am Sonntagabend erklärte der sozialistische Regierungschef, er werde seinen Wirtschaftsreformkurs beibehalten. Damit machte er zum einen klar, dass er nicht abzutreten gedenkt, wie das sein Vorgänger und Parteifreund Jean-Marc Ayrault nach den Kommunalwahlen 2014 vorgemacht hatte.
Zum anderen erteilte der «Realo» Valls dem linken Flügel seiner Partei damit eine klare Absage. Der Druck von links auf den sozialliberalen Kurs der Regierung wird in den nächsten Wochen trotzdem zunehmen. Links von den Sozialisten hatte der «Front de Gauche» von Jean-Luc Mélenchon – der auf der gleichen Linie wie der griechische Syriza-Verbund ist – im ersten Wahlgang ein Achtungsresultat von 6,1 Prozent erzielt. Zusammen mit vielen Grünen, die sich teils von den Sozialisten abkehren, und verwandten Kräften wird die Linke damit zu einem ernst zu nehmenden Störfaktor für die Regierung.
Regionalwahlen als letzter Stimmungstest
Kurioserweise mussten die Franzosen am Sonntag Departementsräte wählen, deren Kompetenzen nicht einmal bekannt sind. Bisher zählten dazu Soziales, Strassenbau und ein Teil der Mittelschulen. Nach der Territorialreform von 2013 wird das Hollande-Lager die Zuständigkeiten erst in diesem Sommer abschliessend regeln. Als demokratisches Novum hatte die Linke hingegen vor den Wahlen festgelegt, dass nur «Binome» aus einer Frau und einem Mann für die Departementswahlen kandidieren konnten. Das sollte die Geschlechterparität sichern.
Allerdings dürfen sich diese Paare nach der Wahl sofort wieder zugunsten ihrer Vertreter auf der Wahlliste zurückziehen. Es wird damit gerechnet, dass die meisten Parteien alsbald ihre angestammten männlichen Spitzenvertreter in die Departementsräte entsenden werden, während sich die Frauen zurückziehen – und sich als Wahlstatistinnen enttarnen müssen.
Nach den Departementswahlen folgen in Frankreich im Dezember noch Regionalwahlen. Sie gelten als letzter Stimmungstest vor den Präsidentschaftswahlen. Wegen ihres Wahlrechts werden sie mehr Aufschluss geben über die politische Stärke der einzelnen Parteien und ihrer Kandidaten.