Ein Wundermittel sei die Frauenquote nicht. Aber ein erster guter Versuch, die Macht der immergleichen Netzwerke zu durchbrechen, sagt Anita Fetz (SP).
In der Sache der Frau soll Basel-Stadt bald ganz besonders fortschrittlich sein. Der erste Kanton mit einer Frauenquote für die Strategie- und Aufsichtsräte der staatsnahen Betriebe, einer Drittelsquote für so wichtige Institutionen wie die Universität, die Fachhochschule, die Verkehrsbetriebe, die Industriellen Werke Basel oder den Flughafen. Der Grosse Rat hat schon zugestimmt, nun liegt der Entscheid am 9. Februar beim Volk. Die bürgerlichen Jungparteien haben die Abstimmung mit einem Referendum erzwungen.
So einfach, wie sich die Befürworter – und mit ihnen die Regierung – das vorstellen, wird die Quote allerdings auch nach einem Ja am 9. Februar nicht umzusetzen sein. Der Grund liegt in den komplizierten Zuständigkeiten: An den meisten staatsnahen Unternehmen sind neben Basel-Stadt auch andere Kantone, private Organisationen, der Bund und teilweise sogar andere Länder beteiligt. Sie alle können von Basel-Stadt nicht gezwungen werden, sich an die Quote zu halten, auch wenn die Regierung das in ihrem Ratschlag suggeriert. Ein Problem, auf das die TagesWoche vor Kurzem aufmerksam gemacht hat.
«Danke für den aufschlussreichen Artikel», hiess es danach in einem Leserkommentar: «Einmal mehr zeigt sich, dass nicht alles gut ist, was in guter Absicht beschlossen worden ist.»
Erboster Gegenangriff
Als Befürworterin und Befürworter kann man ganz offenslichtlich unterschiedlich auf solche Vorwürfe reagieren. So wie BastA!-Grossrätin Brigitta Gerber zum Beispiel – eher erbost, mit einigen Gegenvorwürfen, aber ohne klare Begründung. Oder so wie die Basler SP-Ständerätin Anita Fetz – erst mit einem Schulterzucken und danach mit einer ganzen Reihe von Erklärungen.
«Basel-Stadt wird sich bei der Wahl der eigenen Leute an die Quote halten müssen. Die anderen Kantone können nicht dazu gezwungen werden», stellt Fetz fest. «Es wäre aber natürlich schön, wenn man sich auch dort seine Gedanken machen würde.»
Dafür gäbe es ihrer Ansicht nach viele gute Gründe, nicht nur bei den staatsnahen Betrieben, sondern auch in der Privatwirtschaft. «Es läuft überall sehr ähnlich», sagt sie. «Die Mitglieder von Verwaltungsräten werden in der Regel aus ähnlichen Netzwerken ausgewählt.» Sie haben oft die gleiche Ausbildung, eine ähnliche berufliche oder politische Laufbahn und gehen an die gleichen Symposien. Logisch, dass auch ihre Perspektive die gleiche sei, meint Fetz: «Diese Fachleute neigen zur Betriebsblindheit.» Die Folgen seien teilweise fatal, wie sich bei der Swissair, der UBS oder in Basel bei der Kantonalbank gezeigt habe.
Fetz’ Fazit: «Es braucht eine bessere Durchmischung in diesen Gremien – und das heisst: auch mehr Frauen auch.»
Die Forderung ist klar, die Begründung allerdings umstritten. Unser Leser Patrick Simon Huber etwa bezeichnet die Hinweis auf UBS und Swissair in einem Kommentar als «abenteuerlich». Schliesslich habe Basel-Stadt nicht den geringsten Einfluss auf die Verwaltungsräte solcher Unternehmen.
Fetz kritisiert die Regierung
Fetz dagegen sähe Basel gerne als Vorbild für das ganze Land und die ganze Wirtschaft. Was aber, wenn sie mit ihren Argumenten nicht durchkommt und die Baslerinnen und Basler am 9. Februar Nein sagen zur Quote?
Auch darauf hat Fetz eine Antwort: «Dann müssten wir eine neue Idee lancieren und fordern, dass die Posten in den Gremien öffentlich und mit einem klaren Anforderungsprofil ausgeschrieben werden.» Die immer gleichen Netzwerke endlich auszuschalten, das ist ihr Hauptziel. «Es ist eigentlich unglaublich, dass unsere Regierung das auch nach bald zehn Jahren ‹rot-grün› noch immer nicht geschafft hat», sagt Fetz: «Darum braucht es immer wieder neue Ideen, bis wir unser Ziel erreicht haben. Qualifizierte Frauen haben oft erst dann eine Chance, wenn die Rekrutierung aus breiteren Kreisen erfolgt.»
Falsche Angaben. Der Frauenanteil in den Verwaltungs- und Aufsichtsräten der staatnahen Betriebe mit Basler Beteiligung liegt derzeit bei knapp 19 Prozent. Die Befürworter verwendeten bis vor Kurzem allerdings eine ältere (und um zwei Prozentpunkte tiefere) Zahl, um den Wählerinnen und Wählern die Untervertretung der Frauen möglichst drastisch vor Augen zu führen. Auf ihrer Homepage behaupteten sie zudem, dass im Verwaltungsrat des EuroAirports keine einzige Frau sitze. Auch das ist eine falsche beziehungsweise längst überholte Aussage. Seit Mitte 2012 ist die Baselbieter Baudirektorin Sabine Pegoraro Mitglied im Verwaltungsrat des Flughafens. Auf diese und weitere Ungenauigkeiten aufseiten der Befürworter wies die TagesWoche Anfang Woche hin. SVP-Grossrat Joël Thüring warf ihnen danach «Unehrlichkeit» vor. Die Befürworter reagierten und korrigierten die Fehler auf ihrer Homepage zumindest teilweise. Unabhängig von den Zahlen ändert sich an ihrer Grundüberzeugung aber nichts: dass die Frauen in den wichtigen Strategie- und Aufsichtsgremien krass untervertreten seien.
Artikelgeschichte
Erschienen in der Wochenausgabe der TagesWoche vom 31.01.14