«Als Chefredaktor habe ich nicht in erster Linie eine politische Mission», sagte Markus Somm im Oktober 2016 in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger». Mit dieser Aussage liess er den Schluss zu, dass er zumindest in zweiter Linie eine hatte.
Es gab denn auch viele Beiträge, mit denen Somm und seine Scharfschützen in der Redaktion alles daran setzten, die Fundamente der rot-grünen Mehrheit in der Basler Regierung ins Wanken zu bringen. Sie schossen scharf, mit allem, was sie hatten, und zielten dabei immer wieder gern direkt auf den Mann (oder die Frau).
Seit Dienstag ist diese «Basler Zeitung» Geschichte. Sie gehört jetzt Tamedia. Was sagen Politiker zum Verkauf der BaZ, die in den letzten Jahren besonders unter deren Beschuss geraten sind? Wir haben nachgefragt.
Regierungsrat Hans-Peter Wessels: «Für mich war es eine Auszeichnung»
Lieblingsfeind der «Basler Zeitung» war SP-Regierungsrat Hans-Peter Wessels. Das Bau- und Verkehrsdepartement (BVD) sah sich sogar bemüssigt, auf seiner Website eine spezielle Richtigstellungs-Seite einzurichten, die mittlerweile einen beträchtlichen Umfang hat. Trotz Dauerbeschuss hat Wessels die BaZ politisch überlebt.
Herr Wessels, wie kommt der Verkauf der «Basler Zeitung» bei Ihnen an?
Der Verkauf ist eine sehr positive Entwicklung für Basel. Die politische Kultur hat in den letzten Jahren doch sehr darunter gelitten, dass die «Basler Zeitung» ein rechtsnationales Hetzblatt gewesen ist – ein Kommunikationsorgan von Christoph Blocher, das mit einer Tageszeitung eigentlich nichts mehr zu tun hatte.
Sie wurden von der BaZ oft und scharf kritisiert. Litten Sie darunter?
Für mich war es eine Auszeichnung, dass eine Zeitung, die Christoph Blocher gehört, praktisch täglich gegen mich schiesst. So wusste ich stets: Offensichtlich bin ich politisch gut unterwegs. Selbstverständlich wird sich jetzt vieles verändern durch den Verkauf der BaZ. Ich habe die Hoffnung, dass Basel wieder eine Tageszeitung bekommt, die einen qualitativ hochstehenden Journalismus pflegt. Ich rechne mit einem Qualitätssprung, der uns bevorsteht. Der Verkauf wird der Stadt sehr guttun.
Hatte die BaZ-Berichterstattung grossen Einfluss auf die Basler Politik?
Ich denke, die «Basler Zeitung» hatte auf die Basler Politik mehr Einfluss, als man manchmal wahrhaben will. Vielleicht weniger auf die parteipolitische Zusammensetzung der Regierung, die zum Glück immer noch SVP-frei ist, sondern einfach auf die politische Kultur. Man konnte irgendwelche Sachen behaupten, die nicht stimmten, und das wurde dann von der BaZ gestützt. Für gewisse Teile des rechten politischen Spektrums dürfte es schwieriger werden, in den nächsten Jahren einen ähnlichen Erfolg zu erzielen wie in der Vergangenheit.
Geht durch die Übernahme von Tamedia, das heisst den zu erwartenden neuen Mantel aus Zürich, nicht auch was verloren?
Wenn man den Inland- und Auslandteil der heutigen «Basler Zeitung» anschaut, geht überhaupt nichts verloren. Dort sind ja nicht ernstzunehmende Berichte zu finden, sondern Märli aus Herrliberg, die täglich aufgetischt wurden. Es kann nur eine massive Qualitätsverbesserung geben.
SP-Nationalrat Beat Jans: «Die journalistische Sorgfalt wurde mit Füssen getreten»
Der Basler SP-Nationalrat Beat Jans empfand nicht nur den politischen Rechtskurs der Zeitung als Problem, sondern auch die Verrohung des Stils – wobei er nicht alle Redaktionsmitarbeitenden mit einschliessen möchte. Trotzdem hält er fest: «In der BaZ wurde die journalistische Sorgfalt mit Füssen getreten. Wüste Kampagnen wurden losgetreten, indem erst einmal losgepoltert wurde und man dann schaute, was an Reaktionen folgte.»
Als problematisch empfindet Jans auch die Masche, Politiker mit Porträts, auf die sie keinen Einfluss nehmen können, durch den Dreck zu ziehen. Als viel diskutiertes Beispiel nennt er das Porträt von Finanzdirektorin Eva Herzog, in dem der BaZ-Journalist Michael Bahnerth der Porträtierten 2012 eine Liaison mit ihrem Regierungskollegen Christoph Brutschin andichtete. Herzog verzichtete nach dem Shitstorm, der über die Zeitung hereinbrach, auf eine Klage.
SP-Nationalrat Eric Nussbaumer: «Da wurde direkt auf den Mann gespielt»
Als Zielscheibe auserkoren wurde auch der Baselbieter SP-Nationalrat Eric Nussbaumer, als er 2013 gegen den SVP-Vertreter Thomas Weber als Kandidat für die Ersatzwahl in die Baselbieter Regierung antrat.
Nussbaumer sagt: «Ich weiss, dass Chefredaktor Markus Somm am Weihnachtsessen der Redaktion das Ziel verkündet hat, meine Wahl zu verhindern.» Die «Basler Zeitung» habe denn auch einige «tendenziöse» Artikel veröffentlicht, um ihn anzuschwärzen. «Da wurde aus einer politischen Interessenlage direkt auf den Mann gespielt.»
SVP-Nationalrat Sebastian Frehner: «Ungerechtfertigte Vorwürfe»
Nicht nur Vertreter der politisch Linken landeten auf der Abschussliste der Zeitung. Auch der Basler SVP-Nationalrat Sebastian Frehner sah sich wiederholt «ungerechtfertigten Vorwürfen» ausgesetzt, wie er sagt.
Für Frehner hatte dies den bitteren Nachgeschmack, dass er just von der Zeitung zum Opfer auserkoren wurde, die seiner politischen Ausrichtung tendenziell näher stand als andere regionale Medien. «Aber man sollte ja nicht nachtreten. Wollen wir doch einmal schauen, ob das zweite Zürcher Konzept mehr Erfolg hat.»