«Wettbewerbsfähiger» müssten die Schweizer Bauern werden, sagte Landwirtschaftsminister Schneider-Ammann in Zollikofen bei Bern. Volksinitiativen wollen hingegen das hohe Niveau der Schweizer Landesprodukte sichern.
Das «Bauernsterben» geht in der Schweiz weiter: Auch letztes Jahr seien wiederum 1,8 Prozent der Betriebe verschwunden, sagte der Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft, Bernard Lehmann bei der Präsentation des «Landwirtschaftsberichtes 2013» in Zollikofen bei Bern. Konkret: 1042 Schweizer Landwirte warfen 2012 innert eines Jahres die Flinte ins Korn. Seit 2000 sind nun schon fast 14 000 «Heimetli» verschwunden.
Derzeit bewirtschaften in der Schweiz auf 56’575 Landwirtschaftsbetrieben gut 162’000 Personen haupt- oder nebenberuflich noch 1,051 Millionen Hektaren Kulturland. Und sie halten sich 1,315 Millionen GVE (Grossvieheinheiten, oder Kühe). Interessant und eigentlich überraschend sei dabei, dass deutlich mehr Nebenerwerbsbetriebe aufgäben, betonte Lehmann. Grössere Landwirtschaften mit 25 oder mehr Hektaren Betriebsfläche erlebten hingegen eine Zunahme.
Rückläufig ist aber generell weiterhin die Fläche des Landwirtschaftslandes in der Schweiz: «Pro Sekunde verschwindet ein Quadratmeter», stellte Lehmanns Chef, Bundesrat und Landwirtschaftsminister Johann Niklaus Schneider-Ammann betrübt fest. Das seien jeden Tag 11 Fussballfelder. Da könne man den Markt nicht einfach spielen lassen, sagte sogar der freisinnige Bundesrat dazu. Denn: «Der Boden ist endlich.»
Mehr Markt, mehr Risiko
Sonst aber will Schneider-Amman die Schweizer Bäuerinnen und Bauern mit seiner Landwirtschaftspolitik 2014 bis 2017 zügig auf «mehr Markt und mehr Risiko» trimmen. Die Schweizer Landwirtschaft sei nämlich nach wie vor «sehr stark geschützt», betonte er. Es brauche «zusätzliche Flexibilität». Der Bundesrat drohte: «Der Schutzwall» sei «auf Dauer» nicht zu halten. Derzeit unterstützt der Bund die Landwirtschaft noch mit 3,4 Milliarden Franken im Jahr. Das macht im Schnitt etwa 23 Prozent des bäuerlichen Einkommens aus.
Bundesrat Johann Schneider-Ammann spricht an der Seite von Bernard Lehmann, Direktor Bundesamt für Landwirtschaft, während der Medienkonferenz über den Agrarbericht 2013. (Bild: PETER KLAUNZER)
Konkret dient der bundesrätliche Aufruf zu mehr Marktfähigkeit der Vorbereitung der Landwirtschaft auf neue Freihandelsabkommen – mit der EU oder sogar mit den USA. Das sagte Schneider-Amman zwar nicht explizit. Er lobte jedoch sein Freihandelsabkommen mit China. Hochwertige «Premium-Joghurts» aus der Schweiz seien in China jetzt schon sehr gefragt, betonte er. Da eröffneten sich «neue Chancen». Schweizer Milch hätte er auch nenne können: Die wohlhabende chinesische Mittelschicht, zahlt in Schanghai für einen Liter jetzt fast 3 Euro. Und der Transport dorthin kostet nur etwa 10 Cents.
Initiativen für Tier- und Kulturlandschutz
Umgekehrt droht mit den Freihandelsverträgen der Import von Milch, Fleisch und Gemüse aus asozialer oder umweltschädlicher und tierquälerischer Produktion zu Schleuderpreisen. Dagegen wollen sich landwirtschaftliche und grüne Kreise mit insgesamt gleich vier Volksinitiativen wehren. Am Konkretesten sind die Volksbegehren der Grünen und der SVP. Der Bundesrat müsse dafür sorgen, «dass importierte Lebens- und Futtermittel den Schweizer Qualitäts-, Umwelt und Tierschutzkriterien entsprechen», fordern die Grünen.
Die SVP-Initiative verlangt ebenfalls «gesunde und qualitativ gute Nahrungsmittel». Sie will aber auch «einen möglichst hohen Selbstversorgungsgrad der Bevölkerung erreichen». Ein ähnlicher Entwurf des Bauernverbandes fordert kurz und knapp: «Der Bund stärkt die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln aus nachhaltiger inländischer Produktion; er trifft wirksame Massnahmen insbesondere gegen den Kulturlandverlust.»
«Die Initiativen sind unnötig»
Ein viertes Volksbegehren mit ähnlicher Stossrichtung bereitet der Westschweizer Bauernverband «Uniterre» vor. Alle diese Volksbegehren seien «unnötig», versicherte der Landwirtschaftsminister auf Nachfrage. «Wir haben jetzt einen Selbstversorgungsgrad von etwa 60 Prozent», betonte er, «und den wollen wir halten.»
Doch Schneider-Ammann wird kämpfen müssen: Die eingängige Migros-Formel «Aus der Region – für die Region!», welche alle vier Volksbegehren politisch umsetzen wollen, ist gerade bei Lebensmitteln sehr populär. Der Nationalrat hatte schon im Dezember 2010 einen entsprechenden Vorstoss Stimmen angenommen – bevor ihn der Ständerat im Juni 2011 dann gleich wieder versenkte.