Seilziehen um die Stadtrandentwicklung Ost und Süd

Dass die Stadt Basel neue Wohnungen braucht, ist unumstritten. Die im neuen Zonenplan als Baugebiete ausgeschiedenen Areale am östlichen und südlichen Stadtrand stossen aber auf Widerstand. Am 28. September wird über diese Bebauungspläne abgestimmt.

Dass die Stadt Basel neue Wohnungen braucht, ist unumstritten. Die im neuen Zonenplan als Baugebiete ausgeschiedenen Areale am östlichen und südlichen Stadtrand stossen aber auf Widerstand. Am 28. September wird über diese Bebauungspläne abgestimmt.

Der Disput ist nicht neu für Basel. Die Regierung und die Grossratsmehrheit mit CVP, LDP und FDP, den Grünliberalen und der SP wollen zusammen mit den Wirtschaftsverbänden und den Wohnbaugenossenschaften neues Bauland für Wohnungen erschliessen, während sich eine Allianz aus der BastA!, der Grünen Partei und der SVP zusammen mit Umweltverbänden dafür ins Zeug legt, dass die wenigen Grünflächen in der Stadt unangetastet bleiben.

Das Prozedere wiederholt sich nun auch beim neuen Zonenplan, den der Grosse Rat Mitte Januar 2014 verabschiedet hat. Nicht, dass sich die Gegnerschaft grundsätzlich gegen den Bau neuer Wohnungen auf Stadtgebiet wehrt. Dass der Wohnungsbau auf Stadtgebiet aufgrund des prognostizierten Bedarfs eine sinnvolle Massnahme gegen die Zersiedelung und das Anwachsen der Pendlerströme ist, darüber herrscht im Grundsatz Einigkeit. Bei den konkreten Bauzonen aber gehen die Meinungen auseinander.

Ost und Süd stark umstritten

Stein des Anstosses sind die im Zonenplan als Bauland für Wohnungen ausgeschiedenen Areale am Stadtrand. Auf ihnen sollen Wohnbauten für 3400 Menschen entstehen. Zwei der vier Bauperimeter, die Stadtrand-Entwicklungsgebiete Nordwest beim Milchsuppenareal und am Walkeweg im Südosten, sind unumstritten.

Gegen die Gebiete Ost und Süd hingegen regte sich rasch Opposition, sodass der Grosse Rat gegen den Antrag der Regierung beschloss, diese Bauareale aus dem Gesamtzonenplan auszuscheiden und separaten Referenden zu unterziehen, die dann auch rasch zustande kamen.

Das Pro-Komitee lud diese Woche die Medien zu einer Rundfahrt zu den umstrittenen Gebieten ein. Zuerst zum Stadtrand-Entwicklungsgebiet Ost zwischen dem Rankhof und der Landesgrenze bei der Hörnliallee. Dort, wo sich heute Freizeitgärten, Sportplätze, aber auch Lagerbauten befinden, soll der Bau von elf Wohntürmen ermöglicht werden.




Zwischen Rankhof und der Landesgrenze sollen elf Wohntürme entstehen.

Wohntürme und viel Grünfläche

Der ehemalige LDP-Grossrat Andreas Albrecht hebt hervor, dass durch den Bau von Hochhäusern, in denen Platz für 2000 Menschen geschaffen werden könnte, wenig Bodenfläche in Anspruch genommen wird und somit auch möglichst viel Grünfläche erhalten bleibt. «Die Hochhäuser weisen einen geringen Fussabdruck aus, alle Sportplätze und ein Teil der Familiengärten bleiben erhalten», sagt er: «Zudem wird das Gebiet weit über den Bauperimeter hinaus in einen anziehenden und öffentlich zugänglichen Landschaftspark umgewandelt.»

Der grüne Grossrat Thomas Grossenbacher vom Referendumskomitee bezeichnet die Begriffe «geringer Fussabdruck» und «Landschaftspark» als «reinen Etikettenschwindel». Mit der Bezeichnung «Landschaftspark» werde eine Hochhaussiedlung nicht grün, sagt er: «Mit 2000 Menschen entsteht im Gegenteil ein grosser Siedlungsdruck, der auch die Grünflächen rund um die eigentlichen Wohntürme in Mitleidenschaft ziehen wird.»

Einfamilienhäuser auf dem Bruderholz

Auch gegen die zwei Baugebiete auf dem Bruderholz zieht Grossenbacher mit dem Stichwort «Siedlungsdruck» ins Feld. Dort stehen unter dem Stichwort Stadtrand-Entwicklung Süd genau betrachtet zwei Baugebiete zur Debatte: eine halbmondförmige Mehrfamilienhaussiedlung mit maximal zweigeschossigen Häusern an der Südseite der Giornicostrasse und ein ebenfalls auf zweigeschossige Bauten beschränktes Einfamilienhausgebiet bei der Kantonsgrenze an der Predigerhofstrasse.

Das Areal an der Giornicostrasse gehört der Christoph Merian Stiftung (CMS). Diese möchte das Land mit der Vorgabe, dass möglichst durchmischte Wohnformen realisiert werden, im Baurecht an gemeinnützige Wohnbauinstitutionen abgeben. «Es ist explizit kein hochpreisiger Wohnraum geplant», betont die zuständige Projektleiterin Monika Wirth. Für Wohlhabende ist hingegen das zweite Bauland auf dem Bruderholz gedacht, das an die kleine bestehende Einfamilienhaussiedlung beim Waldstück an der Südspitze der Stadt anschliessen soll.




Auch auf dem Bruderholz soll gebaut werden, wenn auch nur zweigeschossig. (Bild: Daniel Holliger)

Durchbruch der grünen Grenze

Grossenbacher plädiert dafür, die heute klar nachvollziehbare Siedlungsgrenze an der Giornicostrasse und südlich der Asconastrasse nicht zu durchbrechen. «Wenn hier neue Häuser gebaut werden, muss man damit rechnen, dass dieses Siedlungsgebiet bald schon ausgeweitet wird und noch mehr Grünfläche verloren geht», mahnt er.

Dieser Aussage widerspricht FDP-Grossrat und Pro-Komiteemitglied Elias Schäfer: «Ich habe das Gefühl, dass die Gegner den Zonenplan-Ratschlag nicht richtig gelesen haben», sagt er. «Das ganze Gebiet, das sich ausserhalb des heutigen Siedlungsgebiets und der beiden neuen Bauzonen befindet und das früher noch als strategische Baulandreserve galt, wurde neu als klar geschützte Grünzone definiert.»

Wohin mit den Neuzuzügern?

Bleibt die Frage, wo die erwarteten neu nach Basel ziehenden Einwohnerinnen und Einwohner dereinst wohnen sollen? Grossenbacher ist der Ansicht, dass die heute bereits konkretisierten und allenfalls künftig nutzbaren Wohnbaugebiete in der Stadt ausreichen würden, um diese unterzubringen. Namentlich nennt er unter anderem das Erlenmattareal, den Dreispitz, das Hafengebiet, das Schoren- und das UPK-Areal. «Bevor man dazu übergeht, Grünflächen zu verbauen, sollte man das bereits vorhandene Potenzial nutzen», sagt er.

Schäfer indes betont, dass die jetzt bereits bebauten und konkret geplanten Gebiete nicht ausreichen dürften, um die prognostizierte Nachfrage nach neuem Wohnraum zu befriedigen. «Die neusten Zahlen des Bundesamts für Statistik weisen für Basel in den nächsten zehn Jahren bereits ein Bevölkerungswachstum von 14 000 Menschen aus», sagt er.

Da reicht der zusätzliche Wohnraum nicht, den die Gegner der Stadtrand-Entwicklung scheinbar so einfach durch innere Verdichtung schaffen möchten, zumal die Zonenplanung einen Zeitraum von mindestens 20 bis 30 Jahren abdecken sollte.

In diesem Zusammenhang weist Schäfer weiter darauf hin, dass der Zonenplan und die heutigen Bebauungspläne noch keine konkreten Bauvorhaben beinhalten: «Sollte sich in Zukunft zeigen, dass der Bedarf an neuen Wohnungen doch nicht so hoch ist, müsste man bei der Bruttogeschossfläche nicht ans definierte Maximum gehen», sagt er.

 

 

 

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