Warum müssen wir unseren Abend nach der Schande von Gijon richten? Welcher Trainer machte Karriere, weil er mal in einem Baum sass? Und wie sattelfest ist die durchschnittliche belgische Königin im Fussball? Fragen über Fragen – wir haben die Antworten.
Huch, ab heute laufen plötzlich zwei Spiele gleichzeitig! Wieso das denn?
Wegen der Schande von Gijon, wahlweise auch als Nichtangriffspakt von Gijon genannt. 1982 wurden die letzten Gruppenspiele noch nicht zeitgleich ausgetragen, was zur Folge hatte, dass Deutschland und Österreich schon vor dem Anpfiff wussten, dass ihnen beiden dank der Tordifferenz ein tiefer Deutscher Sieg zum Erreichen der nächsten Runde genügen würde.
Prompt verbündeten sich die Deutschen und die Österreicher nach einer frühen Führung Deutschlands und schoben den Ball unter dem lautstarken Protest des spanischen Publikums nur noch hin und her. Am Ende gewann Deutschland die Gruppe mit vier Punkten und einem Torverhältnis von 6:3 vor Österreich (3:1) und den bedauernswerten Algeriern (5:5), die gar nicht anders konnten, als sich betrogen zu fühlen.
So sah das damals aus – und darum müssen wir uns heute zwischen zwei Spielen entscheiden:
Okay, welche zwei Spiele soll ich mir denn heute anschauen?
Um 18 Uhr haben Sie die Wahl zwischen einem komplett bedeutungslosen Spiel (Spanien gegen Australien) und dem Duell um den Gruppensieg und damit um den Vorteil, voraussichtlich Brasilien im Achtelfinal aus dem Weg zu gehen (Holland gegen Chile). Neben dem Spannungsfaktor spricht für Holland-Chile, dass die beiden Mannschaften bisher tollen Fussball gezeigt und zusammen bereits 13 Tore erzielt haben. Was trotzdem für das andere Spiel sprechen könnte? Es ist die letzte Gelegenheit, die goldene spanische Generation, die die letzten drei grossen Turniere gewonnen hat, zusammen auf dem Platz zu sehen. Und immerhin tippt unser Herr der Excel-Tabellen, Florian «Razinger-Index» Raz auf ein schweizerisches Resultat, ein 5-2 für Spanien. Wollen Sie sich das wirklich entgehen lassen?
Um 22 Uhr wird’s dann leider noch etwas komplizierter. Da spielt einerseits der WM-Favorit und WM-Gastgeber, weitherum auch bekannt und gefürchtet als die «Brasilianer Südamerikas» gegen das bereits ausgeschiedene Kamerun, das bisher ein Torverhältnis von 0:5 zu Buche stehen hat (damit steht bislang nur der Titelverteidiger Spanien schlechter da). Gut möglich, dass die Brasilianer sich hier also für die K.O.-Phase warm schiessen. Richtig spannend ist allerdings das andere Spiel der Gruppe, wo Kroatien mit einem Sieg Mexiko noch den zweiten Gruppenrang abluchsen kann. Wir sagen: Schauen Sie das spannende Spiel, die Tore der Brasilianer können Sie sich danach ja in diesem Internet ansehen (zum Beispiel bei den Kollegen von Watson oder auf Twitter bei Replay Last Goal ziemlich zeitnah nach einem Treffer).
Wie gut kennt sich Belgiens Königin Mathilde denn so im Fussball aus?
Sagen wir: Es geht so. Als Mathilde nach dem Sieg über Russland dem belgischen Nationalteam gratulierte, mochte sie sich zwar noch daran erinnern, dass ein Spieler mit starker Pigmentierung den einzigen Treffer der Partie erzielt hatte. Die Gratulation ging dann aber doch an den Falschen, an Romelu Lukaku. Das Tor hatte Divock Origi erzielt, der nach knapp einer Stunde für Lukaku eingewechselt worden war. Insofern war vielleicht auch der Versuch Mathildes nicht ganz glücklich, die Situation noch zu retten, indem sie dem ausgewechselten Lukaku ein «sehr gut gespielt» attestierte.
Was der Königin zugute zu halten ist: Origi ist erst 19 Jahre alt und derzeit noch den wenigsten neutralen Beobachtern ein Begriff. Aber knapp daneben ist leider auch vorbei.
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Diese Spieler rennen immer so schnell, da kann ich mir diese schönen Schuhe gar nie in voller Pracht ansehen. Können Sie da nicht helfen?
Natürlich können wir. Gern geschehen.
Oh, football. What happened to you? pic.twitter.com/r3JRt50lo2
— SimonNRicketts (@SimonNRicketts) June 17, 2014
Passend dazu: Nicht über meine Schuhe – der gewöhnungsbedürftige Freistossspray
Welcher Trainer coachte seine Mannschaft einst mit einer Sonnenbrille verkleidet von einem Baum aus?
Chiles Nationaltrainer Jorge Sampaoli. Er erhielt sogar wegen exakt dieser Aktion seine erste Anstellung als Trainer im Profibereich. Sampaoli war als Trainer seines Heimatortes Casilda in der wortwörtlichen Pampa Argentiniens des Feldes verwiesen worden. Er coachte aber weiter, mit einer Sonnenbrille auf einem Baum, der hinter dem Stadionzaun wuchs. Das Foto dieser Szene wurde in einer Zeitung abgedruckt. Ein Funktionär der Newell’s Old Boys in Rosario bot ihm an, im Nachwuchs einusteigen. Sampaoli schlug ein.
Ist heute nur noch ganz selten in Bäumen anzutreffen: Chiles Nationaltrainer Jorge Sampaoli. (Bild: Reuters/Sergio Perez)
Geprägt wurde Sampaoli als Trainer zu Beginn der 90er Jahre vom Chilenen Marcelo Bielsa, wie die «Süddeutsche» wunderbar beschreibt. Sampaolis Obsession ging so weit, dass er Pressekonferenzen mit Bielsa auf eine Kassette aufnahm und sie zum Joggen einlegte. Als Bielsa nach Europa ging, um dort als Trainer zu arbeiten, folgte ihm Sampaoli in einer Art Pilgerfahrt. Bloss, dass er das Geld irgendwie falsch bemessen hatte. Weil er sich die hohen europäischen Preise nicht gewohnt war, musste er sich irgendwie durchschlagen. «Das Schwierigste war, dass wir manchmal nichts zu essen und keinen Ort zum Schlafen hatten», sagte er einmal über jene Zeit, in der er teilweise unter Clochards auf der Strasse nächtigte.
Jetzt ist Sampaoli Nationaltrainer Chiles und steht bereits sicher in den Achtelfinals der WM. Der letzte Mann, dem dies 2010 mit Chile ebenfalls gelang hiess … Marcelo Bielsa.
Was war das genau für eine Frisur, die Cristiano® Ronaldo™ CR7© da gegen die USA spazieren trug?
Wir wissen Vieles. Aber alles wissen wir auch nicht. Auf jeden Fall geht im Internet das Gerücht, er solle die Narbe eines Knaben nachgeahmt haben, dessen Hirn-Operation er bezahlt habe.
Ronaldo cut his hair to match the scar of a young fan who had surgery to remove a brain tumor last week. #respect pic.twitter.com/weaTKPNG5n
— 2014 World Cup (@2014WorIdCup) 23. Juni 2014
Aber stimmt das denn auch? Keine Ahnung. Eher aber nicht. Bislang gibt es keinen offiziellen Hinweis darauf, dass die Geschichte stimmt. Aber schön wäre sie natürlich schon.
Welche Informationen aus der Fifa-Pressemappe werde ich heute garantiert vom TV-Kommentator meines Vertrauens vorgelesen erhalten?
Spanien und Australien spielen zum ersten Mal gegeneinander. Australien hat bei drei WM-Teilnahmen das letzte Gruppenspiel nie verloren. Spanien ist der vierte Titelverteidiger, der in der Gruppenphase ausscheidet. Zuvor erlitten Italien (1950 und 2010), Brasilien (1966) und Frankreich (2002) dieses Schicksal.
Das bisher einzige Aufeinandertreffen von Holland und Chile wurde durch das Los entschieden. Im kleinen Final der Olympischen Spiele 1928 stand es nach der regulären Spielzeit 2:2, per Los wurde Holland zum Sieger erklärt.
Kamerun hat sein letztes Spiel gegen Brasilien gewonnen. Samuel Eto’o schoss beim Konföderationen-Cup 2003 den Siegtreffer. Beim bisher einzigen Aufeinandertreffen von Kroatien und Mexiko an einer WM gewannen die Mittelamerikaner 2002 mit 1-0. Der heutige Trainer der Kroaten, Nico Kovac, stand damals auf dem Feld.
Jetzt aber Butter bei die Fische: Wie gehen die Spiele heute Abend aus?
Das ist einfach: Gemäss unserem Razinger-Index gewinnt Brasilien gegen Kamerun mit 3 Toren Differenz und holt sich den Gruppensieg. Mexiko spielt gegen Kroatien unentschieden und qualifiziert sich als Gruppenzweiter. Spanien schlägt Australien ebenfalls mit 3 Toren Differenz und sichert sich den nutzlosen dritten Gruppenrang. Im Spiel um den Gruppensieg trennen sich Holland und Chile untentschieden, was den Holländern den Gruppensieg bringt.