Sieben Antworten zum ersten Halbfinal

Brasilien gegen Deutschland – das gab’s tatsächlich erst einmal bei einer Weltmeisterschaft. Was die Geschichte sagt, warum es die Deutschen in den kleinen Final zieht und wie man noch an Tickets für das WM-Endspiel kommt? Unsere Antworten zum ersten Halbfinal (22.00 Uhr, MESZ).

Deutschland gegen Brasilien – das gab es an einer WM tatsächlich erst einmal. 2002 unterlagen die Deutschen mit dem bedauernswerten Oliver Titan Kahn im Tor in Yokohama mit 0:2. (Bild: Imago)

Brasilien gegen Deutschland – das gab’s tatsächlich erst einmal bei einer Weltmeisterschaft. Was die Geschichte sagt, warum es die Deutschen in den kleinen Final zieht und wie man noch an Tickets für das WM-Endspiel kommt? Unsere Antworten zum ersten Halbfinal (22.00 Uhr, MESZ).

Was lässt sich aus der Geschichte für das heutige Spiel lernen?

Brasilien und Deutschland haben bisher 21 Mal gegeneinander gespielt, mit 12:4 Siegen (bei 5 Unentschieden) hat Brasilien im Direktvergleich die Stollen klar vorne. An Weltmeisterschaften sind die beiden Teams – die als einzige beiden Länder bereits über 100 WM-Spiele absolviert haben – erstaunlicherweise erst ein einziges Mal aufeinander getroffen. Im Final der WM 2002 in Japan und Südkorea schlug Brasilien Deutschland dank zweier Tore von Ronaldo mit 2:0. Auch die beiden anderen Pflichtspiele hat Brasilien für sich entschieden: Am Konförderationencup 1999 in Mexiko mit 4:0, am Konföderationencup 2005 in Deutschland mit 3:2.

Mehr Mut dürfte Fans der deutschen Nationalmannschaft eine andere Statistik machen. An grossen Turnieren (also Welt- und Europameisterschaften) hat Deutschland neun Mal den jeweiligen Gastgeber besiegt und nur zweimal gegen den Gastgeber verloren. Das letzte Mal, als Deutschland einen Gastgeber aus dem WM-Turnier geworfen hat, war 2002: Im Halbfinal besiegte Deutschland Co-Gastgeber Südkorea mit 1:0.

Mehr Vergleichendes bei süddeutsche.de: Mit bayerischen Muskeln gegen höhere Kräfte.

Machen es die Deutschen im Falle einer Niederlage so wie der Trainer der Griechen und reisen am gleichen Abend bereits ab?

Nein, wo denken Sie hin? Auf Halbfinal-Verlierer wartet ja noch das allseits ausserordentlich beliebte Spiel um den dritten Rang. Am Samstag steigt um 22 Uhr Schweizer Zeit in Brasilia das grosse Verliererduell. Immerhin: Nachdem an den letzten fünf Weltmeisterschaften Teams wie Bulgarien, Südkorea, Schweden, Türkei oder Uruguay um den dritten Platz gespielt haben, wird es dieses Jahr in jedem Fall ein grosser Fussballklassiker. Gemäss unserem Razinger-Index wird es das Nachbarduell Niederlande gegen Deutschland, aber auch der in Südamerika fest eingeplante Final Brasilien gegen Argentinien hätte seinen Reiz als kleiner Final. Falls Deutschland heute verliert und in den kleinen Final einzieht, kann die Mannschaft Historisches vollbringen: den Drittplatzhattrick. 2006 im eigenen Land schlug Deutschland Portugal mit 3:1, vor vier Jahren in Südafrika Uruguay mit 3:2.

Hallo Radio Eriwan, kann Fred noch WM-Torschützenkönig werden?

Im Prinzip ja. Dazu müsste der Strafraum-Lungerer (Stand: 1 Tor) aber mal wieder den Ball bekommen, was nach flüchtiger Betrachtung der Statistiken so gut wie nie vorkommt. Macht sich bisher eher verdient, wenn er bei ruhenden Bällen des Gegners nach hinten trabt und seine Birne in die Flanken hält (auch wichtig!). Ansonsten nach Miroslav Klose, Luca Toni und Roy Makaay wahrscheinlich der Mittelstürmer (→ aussterbene Fussballspezies) mit den wenigstens Ballkontakten pro Spiel, dafür mit den meisten Tweets pro Minute.

Brazil's Fred scores past Cameroon's goalkeeper Charles Itandje during their 2014 World Cup Group A soccer match at the Brasilia national stadium in Brasilia June 23, 2014.    REUTERS/David Gray (BRAZIL  - Tags: SOCCER SPORT WORLD CUP)

Enthüllt: Ballkontakt von Fred und schon zappelte der Ball im Tor von Kamerun. (Bild: Reuters) (Bild: DAVID GRAY)

Was macht eigentlich Ottmar Hitzfeld?

Nun, er verfasst exklusive Kolumnen (oder lässt schreiben) für seinen treuen Wegbegleiter Ringier. Also im Café ohne falschen Scham zum «Blick» gegriffen und die exklusiven Einschätzungen des Ex-Nationaltrainers aufgesogen, die so exklusiv sind, dass sie nicht einmal online verfügbar sind: «Neymars Ausfall kann Kräfte freisetzen» – «Südamerikaner setzten mit Tempofussball Massstäbe» – «Zweimal Europa gegen Südamerika: wer hätte das gedacht» – «Beide Halbfinals sind völlig offen» – «Schiedsrichter haben Luft nach oben».

Nach der exklusiven Lektüre und all den anderen Aufregern («Neymar – Wunderheilung?» – «Schweizer WM-Zoff» – waren die nicht ausgeschieden? – «Louis van Geil auf Rodriguez») sind wir ein bisschen irritiert, als wir dann zur Beruhigung den «Tagesanzeiger» zur Hand nehmen. «Alles offen» in den beiden Halbfinals, erzählt Hitzfeld da , die Südamerikaner hätten an dieser WM mit ihrem Tempofussball den Rhyhthmus vorgegeben und «die Schiedsrichter haben Luft nach oben». Nun, ja. Immerhin gibt’s den Tagi-Artikel online und gratis.

Wie komme ich noch an WM-Tickets. Jetzt, wo die Schwarzhändlermafia aufgeflogen ist?

Tja, dank den durch die brasilianischen Ermittler im Zuge der «Operation Jules Rimet» (dasch emol e Name!) abgehörten Telefonaten wissen wir, dass ein gewisser Mohamadou Lamine Fofana gut versorgt ist: «Wer hat 50 Karten für das Finale in der Hand? Niemand? Okay. Ich habe sie, ich habe sie.»

Monsieur Fofana sitzt jetzt dummerweise in Haft, ebenso wie der CEO des von der Fifa offiziell beauftragten und in der Schweoz domizilierten Ticket-Vertriebspartners «Match Services». Man will es gar nicht wissen, was da wieder alles an Schweinereien gelaufen ist beim Durchstecken von irgendwelchen Tickets auf denen dann auch noch Namen von hohen Fifa-Funktionären wie der des argentinischen Fifa-Vizepräsidenten Julio Grondona aufgedruckt sind. Angeblich hat sein Sohn die Tickets vertickt. Feine Gesellschaft.

Also: 25 Vip-Karten zum Stückpreis von 17’000 Euro hatte Monsieur Fofana im Gepäck, als er samt einem guten Dutzend Schwarzhändler festgesetzt wurde. Wem das entschieden zu teuer ist, der kann auf Internetportalen, für deren Seriosität wir keinerlei Verantwortung übernehmen, noch Tickets für den Final am Sonntag im Maracana erstehen: 6843 Dollar war das günstigste Angebot am Dienstag um die Mittagszeit im superticketladen, bei livefootballtickets gibt’s hinterm Tor noch was für schlappe 3612 Pfund.

Welche Informationen aus der Fifa-Pressemappe werde ich heute garantiert vom TV-Kommentator meines Vertrauens vorgelesen erhalten?

  • Beide Teams haben bisher im Turnier 10 Tore erzielt, bei beiden haben sich sechs Spieler als Torschützen eingetragen, bei beiden hat der Topskorer viermal getroffen (Thomas Müller bei Deutschland, Neymar bei Brasilien)
  • Das letzte Aufeinandertreffen hat Deutschland gewonnen. Bei einem Freundschaftsspiel in Stuttgart im August 2011 schossen Schweinsteiger, Götze und Schürrle die Deutschen zu einem 3:2-Sieg.
  • Brasiliens letzte Halbfinalqualifikation liegt 12 Jahre zurück. Deutschland ist das erste Team überhaupt, das viermal in Folge den Halbfinal erreicht hat.
  • Wenn Miroslav Klose zum Einsatz kommt, egalisiert er Paolo Maldinis Marke von 23 WM-Spielen. Mehr hat nur einer: Lothar Matthäus mit 25. Trifft Klose gar, gehört ihm der Rekord der meisten WM-Tore allein (bisher teilt er ihn sich mit Ronaldo mit je 15).
  • Deutschland hat schon dreimal an einem 8. Juli an einer WM gespielt. Alle drei Spiele haben sie gewonnen.

Jetzt aber Butter bei die Fische: Wie geht das Spiel aus?

Das ist einfach: Gemäss unserem Razinger-Index schlägt Brasilien Deutschland mit 1:0.

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