Die Basler CVP-Präsidentin Andrea Strahm tritt in ein Fettnäpfchen. In einem Leserbrief bezeichnet sie Ausländer als «nicht die richtige Besetzung» für die Bürgergemeinde. Die Linken sind empört – auch in ihrer Partei schüttelt man nur noch den Kopf.
Schweizer sind die besseren Basler als eingebürgerte Ausländer. So könnte man zumindest einen Leserbrief verstehen, den die CVP-Präsidentin Andrea Strahm vor einer Woche der «Basler Zeitung» geschickt hat. Darin reagiert Strahm auf einen Artikel der «Basler Zeitung» über Einbürgerungen in Basel und ruft Schweizer dazu auf, bei der Bürgergemeinde das Basler Bürgerrecht zu erwerben:
«Mit der Einbürgerung von Ausländern in Basel werden diese automatisch auch zu Basler Bürgern. Die Bürgergemeinde ist für viele soziale Anliegen zuständig, führt das Bürgerspital mit Behindertenwerkstätten und vieles mehr – man gehe auf ihre Website. Da wird sehr viel Gemeinnütziges getan. Stimmberechtigt und somit Mandatsträger sind aber nur Basler Bürger. Die einheimischen Schweizer, die das Basler Bürgerrecht nicht besitzen, haben das Nachsehen.»
So weit, so unspektakulär. Geht es aber nach Strahm, sind Ausländer fehl am Platz in Gremien der Bürgergemeinde.
«Es ist also unerlässlich, dass auch sie sich im Basel einbürgern lassen, denn die Bürgergemeinde sollte die Schweizer und Basler Tradition pflegen. Ausländische Neubürger sind da zuweilen nicht die richtige Besetzung, weil teilweise erhebliche Mentalitätsunterschiede bestehen.»
CVP-Bürgerratspräsident geht auf Distanz
Kein Wunder sorgt der Brief auf Facebook für Furore, linke Politikerinnen und Politiker sind erbost. Edibe Goelgeli ist Grossrätin der SP und war jahrelang Bürgergemeinderätin. Sie sagt:
«Die Aussage von Andrea Strahm ist enttäuschend und unterste Schublade. Man sollte dankbar sein, dass sich eingebürgerte Ausländerinnen und Ausländer für die Bürgergemeinde einsetzen und somit mithelfen, diese aufrechtzuerhalten.» Es sei traurig, dass gerade eine CVP-Präsidentin eine solche fremdenfeinliche Aussage mache. Für Goelgeli ist klar: «Andrea Strahm sollte zurücktreten.»
Doch nicht nur bei den Linken kommt Strahms Leserbrief schlecht an, auch in der eigenen Partei, wo sie ohnehin schon umstritten ist, sorgt sie damit für Kopfschütteln. So schreibt Stephan Gassmann, ehemaliger Fraktionspräsident der CVP im Grossen Rat, in einem Facebook-Kommentar:
«Als Basler Bürger, als CVP-Mitglied und als Zunftmeister einer Zunft, die ein neueingebürgertes Mitglied in ihren Reihen hat, schäme ich mich für den Leserbrief von Andrea Strahm. Als CVP-Mitglied vertrete ich ganz klar nicht diese Haltung und ich bin überzeugt und weiss, dass viele Basler CVP-Mitglieder sich mit dieser Einstellung von Strahm nicht identifizieren.»
Auch Bürgerratspräsident Stefan Wehrle (auch CVP) distanziert sich klar von seiner Parteipräsidentin: «Ihre Aussage entspricht nicht meiner Einstellung – und nicht der Einstellung der Bürgergemeinde.» Er werde ihren Leserbrief an einer CVP-Sitzung thematisieren.
Strahm relativiert – «unglückliche Formulierung»
Joël Thüring, Grossrat der SVP und selber Bürgergemeinderat, begrüsst zwar Strahms Aufruf, dass Schweizer das Basler Bürgerrecht erwerben sollen. Aber auch er sagt:
«Ihre Haltung, dass der Einsatz für die Bürgergemeinde abhängig von der Person und der Mentalität ist, teile ich nicht ganz. Mehr gibt es dazu aber nicht zu sagen – wir müssen aus einer Mücke keinen Elefanten machen.»
Strahm selber sagt, dass es ihr mit diesem Leserbrief darum ging, Schweizer dafür zu mobilisieren, sich in Basel einzubürgern:
«Ich wollte damit die Bedeutung der Bürgergemeinde unterstreichen. Es ging mir nicht um Ausländerfeindlichkeit – ich setzte mich schon seit Langem für eine erleichterte Einbürgerung von Secondos und eine automatische Einbürgerung von Ausländern dritter Generation ein.»
Vielleicht habe sie den Leserbrief unglücklich formuliert. «Vielleicht hat man sich aber auch auf die CVP eingeschossen, weil wir für die Regierungsratswahlen mit der SVP zusammenarbeiten.»
Sind nun Ausländer nicht gut genug für die Bürgergemeinde? «Natürlich sind sie das. Mir geht es nur darum, die Bürgergemeinde auch in den Fokus der nichtbaslerischen Schweizer zu rücken», sagt Strahm.
Weshalb dies nicht ohne die Beleidigung von «ausländischen Neubürgern» ging, bleibt das Geheimnis von Strahm. Eine «unglückliche Formulierung» sollte einer Juristin und einer öffentlichkeitsgewöhnten Parteipräsidentin eigentlich nicht passieren.
Erst vor einem Monat kritisierte Strahm nach der Wahlniederlage bei den Grossratswahlen den Rechtskurs ihrer nationalen Mutterpartei unter Gerhard Pfister. Nun ist es ausgerechnet sie, die der Basler CVP mit dieser Aussage ein fremdenfeindliches Image verpasst.