Sonderdebatte zur Frankenstärke: Massnahmen statt Gesprächstherapie

Unternehmen entlasten, Sozialwerke stärken: Der Nationalrat diskutiert kommende Woche in einer dringlichen Sitzung die Frankenstärke. Die SVP will den Staat abholzen, die SP verlangt einen neuen Euro-Franken-Mindestkurs.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Unternehmen entlasten, Sozialwerke stärken: Der Nationalrat diskutiert kommende Woche in einer dringlichen Sitzung die Frankenstärke. Die SVP will den Staat abholzen, die SP verlangt einen neuen Euro-Franken-Mindestkurs.

Es war 2011, als der Nationalrat schon einmal die Frankenstärke debattierte. Der Euro war schwach, der Dollar ebenso, und der Rat zeigte sich in einer Sonderdebatte äusserst gesprächig, aber wenig konkret. «Therapie-Sitzung zur Frankenstärke», höhnte die NZZ und kam zum Schluss: «Wenn man schon nicht viel tun kann, dann muss man wenigstens viel reden.»

Nächste Woche kommt es zur Neuauflage dieses Schauspiels. Am Mittwoch, 18. März, hat der Nationalrat eine Sonderdebatte zur Frankenstärke angesetzt. In der Sitzung sollen sieben Interpellationen behandelt werden, die für dringlich befunden wurden: Von SVP bis SP äussern sich alle grossen Parteien. Die aktuellen Entlassungswellen in der Schweiz und die Unsicherheit für die Betriebe befeuern die politische Debatte.

Abbau mit der Abrissbirne

Die Vorschläge der Parteien decken ein breites Spektrum ab – von massivem Staatsabbau bis zur Einführung einer neuen Steuer für Finanztransaktionen. Obwohl die drei grossen bürgerlichen Parteien SVP, FDP und CVP nach wie vor den Schulterschluss zur Standortstärkung suchen, gehen die Forderungen auseinander. Den Bürgerlichen ist aber gemein, dass sie die Frankenstärke als Chance sehen, den Staat zu verschlanken.

  • Die SVP will den Staat abbauen, wo es geht. Sie will vom Bundesrat wissen, wie er zu Massnahmen wie der möglichst schnellen Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative, der Aufhebung der Arbeitszeitkontrollpflicht und der Deregulierung in verschiedenen Bereichen steht. Der Katalog, den die Fraktion formuliert, ist eine lange Aufzählung zum Teil radikaler Forderungen (Link zum Vorstoss).
  • Ganz anders die SP: Sie will vor allem die Sozialversicherungen gestärkt sehen. Die Fraktion will vom Bundesrat aber auch wissen, ob er die Meinung teile, dass die Schweiz faktisch oder formell zu einem Euro-Mindestkurs von 1.15 Franken zurückkehren soll (Link zum Vorstoss).
  • Die Grünen wollen sich gegen «sozialen Kahlschlag» wehren – und den Franken durch Kapitalverkehrskontrollen gegen Spekulationen absichern. Sie erwägen deshalb auch die Einführung einer Kapitaltransaktionssteuer (Link zum Vorstoss).
  • Die CVP hat gleich zwei Interpellationen eingereicht. Die eine zielt auf die Schweizerische Nationalbank, die zugunsten von Firmen auf Negativzinsen verzichten soll (Link zum Vorstoss). Im zweiten Vorstoss fordert auch sie Deregulierungen, allerdings weniger umfassend als die SVP (Link zum Vorstoss).
  • Bei der FDP ist der Abbau von Regulierungen ebenfalls das Hauptthema – allerdings differenzierter. Letztlich fordert aber auch sie, dass Kosten und Gebühren sinken und die Zielrichtung bereits laufender Gesetzgebungen angepasst wird, zum Beispiel die Redimensionierung der Reformen der Altersvorsorge 2020 (Link zum Vorstoss).
  • Die Grünliberalen stellen schliesslich die Frage nach der Handlungsfähigkeit: Politisch bestünden kaum Möglichkeiten eines ökonomisch nachhaltigen «Staatseingriffs», der die Auswirkungen wirksam abfedern könnte, findet die Fraktion. Zudem seien rein strukturerhaltende staatliche Zahlungen und Branchenunterstützungen mit der Giesskanne abzulehnen (Link zum Vorstoss). 

Bei den Vorstössen handelt es sich um Interpellationen, also um Anfragen des Parlaments, und damit nur bedingt um Aufforderungen zum direkten Handeln. Insofern wird die Debatte wohl zum Gradmesser der Bundespolitik in einer finanzwirtschaftlich angespannten Situation, nicht aber zum Schwert, das den gordischen Knoten zerteilt.

Klumpfuss Masseneinwanderungs-Initiative

Die Regierungen beider Basel blicken aufmerksam nach Bern. Der Baselbieter Volkswirtschaftsdirektor Thomas Weber (SVP) setzt darauf, dass der Bund in der jetzigen Situation keine weiteren Regulierungen erlässt. Sein Basler Amtskollege Christoph Brutschin (SP) erwartet von der Debatte auch eher langfristige Lösungswege für den monetären Standortnachteil im internationalen Wettbewerb.

Solche sind gerade für eine Region wie die Nordwestschweiz wichtig, in der die Life-Sciences-Betriebe ein massgeblicher Wirtschaftsmotor sind. Insbesondere bei der Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative erwartet der Basler Regierungsrat deshalb eine «wirtschaftsverträgliche Umsetzung».

Klare Rahmenbedingungen für Kantone und Wirtschaft

Will heissen: Die Höchstzahlen der Kontingente für ausländische Arbeitskräfte sollen grosszügig festgesetzt werden. «Es muss sichergestellt werden, dass den Firmen und Betrieben auch künftig die erforderlichen Fachkräfte schnell und unbürokratisch zur Verfügung gestellt werden können.» Weber und Brutschin kritisierten den Bund bereits im Dezember für die Kontingentierung der Fachkräfte aus Drittstaaten. 

Dient die anstehende Debatte also wieder als Therapiegespräch zur Frankenstärke? Nicht nur. Denn klar ist, dass der harte Franken die Schweizer Wirtschaft noch lange Zeit im Griff halten wird. Will sich die Nation in diesem Umfeld behaupten – gerade vor der Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative –, so muss der Bund die Rahmenbedingungen klar festlegen.


Wir widmen dem Thema Frankenstärke und Problemen des Arbeitsmarkts einen Schwerpunkt. Im entsprechenden Dossier finden Sie weitere Artikel zum Thema.

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