Sozialminister Berset sorgt für Zündstoff innerhalb der SP

Pyrrhussieg für die SP: Ihr Alain Berset «darf» das Innenministerium übernehmen. Dort wird er sozialpolitisch aber gleich gegen seinen Parteikollegen Pierre-Yves Maillard, der ihm in der Bundesratswahl unterlegen war, ankämpfen müssen.

Die Bundesräte Alain Berset (links ) und Didier Burkhalter. (Bild: Keystone)

Pyrrhussieg für die SP: Ihr Alain Berset «darf» das Innenministerium übernehmen. Dort wird er sozialpolitisch aber gleich gegen seinen Parteikollegen Pierre-Yves Maillard, der ihm in der Bundesratswahl unterlegen war, ankämpfen müssen.

Also doch: Der freisinnige Neuenburger Bundesrat Didier Burkhalter verlässt nach gut zwei Jahren das Departement des Innern (EDI) schon wieder – und wird Aussenminister. Vor Monaten schon hatten sich solche Absichten Burkhalters in Bern herumgesprochen: Der Mann sei frustriert, weil ihm die Landesregierung bei ihrer  Departementsreform die Dossiers für Bundeshochschulen (ETH) und Bildung weggenommen habe, hiess es. Und er reise halt gern.

Berset ist kein Sozialpolitiker

Als oberster Diplomat unseres Landes wird Burkhalter nun viel herumreisen können. Der neue SP-Bundesrat Alain Berset (FR) hingegen muss daheim bleiben – und sich im EDI mit den Problemfeldern Altersversicherung und Krankenkassen herumschlagen. Das ist eigentlich nicht sein Gebiet: Im Ständerat sass Berset in der Finanzkommission.

Mitsamt der Bildung galt das EDI bisher als «Schlüsseldepartement». Künftig aber verbleiben seinem Chef fast nur noch heikle Dossiers. Und die Debatten innerhalb der SP, die schon am Wahlabend liefen, werden weiter gehen: Mit Bersets unterlegenem Mitbewerber um den SP-Sitz, Pierre-Yves Maillard, hätte die Partei nämlich einen der kompetentesten Sozialpolitiker auf Exekutivebene in den Bundesrat hieven können. Dass dies der Partei nicht gelungen ist, ärgert vorab welsche Volksvertreter. Denn: Der Waadtländer Regierungsrat hat in seinem Kanton die Interessen der Versicherten gegen die Krankenkassen geschickt und erfolgreich verteidigt.

Krankenkassen gegen Maillard

Inzwischen berichten bürgerliche Volks- und Ständevertreter, die ratsinterne Krankenkassen-Lobby habe darum im Vorfeld der Wahlen vom letzten Mittwoch massiv gegen Maillard und für Berset geweibelt. Das erstaunlich schlechte Abschneiden Maillards sei auch darauf zurück zu führen. Nicht bloss auf die Tatsachen, dass Berset als Ständerat schon 30 ständerätliche Stimmen quer durch die Parteien auf sicher hatte – und darüber hinaus vom SP-Präsidenten Christan Levrat als Kantons- und Parteifreund einseitig gefördert worden sei.

Krach um öffentliche Kasse

Als Sozial-  und Gesundheitsminister wird Berset künftig nun also die wenig sozialen Beschlüsse des bürgerlichen Bundesrates gegen seine Sozialdemokraten verteidigen und durchsetzen müssen. Und auch gegen Maillard: Der ausgewiesene Gesundheitspolitiker ist ein fundierter Befürworter einer zentralen, öffentlichen Krankenkasse – als Alternative zum derzeit wuchernden, wenig transparenten Gestrüpp von über 80 privaten Kassen, die jedes Jahr weit mehr als eine Milliarde an Verwaltungskosten verschlingen.

Die Initiative der Linken für eine zentrale Kasse wird Maillard gegen Bundesrat und Parlament an vorderster Front verteidigen – und nun auch gegen Berset. Darüber, was das heisst, kann ein früherer SP-Bundesrat ein trauriges Liedchen singen: Moritz Leuenberger musste als Energieminister die bundesrätlichen Privatisierungs-Pläne für die Stromwirtschaft gegen ein Referendum seiner Partei verteidigen. Leuenberger verlor klar. Maillard gewann als einer der führenden Gegner der Vorlage.

Sommaruga bleibt in Problemdepartement

Nicht gerade freuen dürfte die SP auch die Tatsache, dass mit der Chefin des Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) Simonetta Sommaruga auch ihr zweites Regierungsmitglied weiterhin in einem Problemdepartement verharren muss. Insgesamt erscheint der Freisinn als Sieger der kleinen Rochade: Er kann mit Johann Schneider-Ammann das Wirtschaftsdepartement behalten, das nun noch um die Bildung angereichert wird. Didier Burkhalter hat das Baustellen-Ministerium EDI abgeben können. 

So sieht der neue Bundesrat jetzt aus

   •    Eveline Widmer-Schlumpf (BDP): Finanzministerin (EFD) und Bundespräsidentin 2012
   •    Doris Leuthard (CVP): Chefin des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK)
   •    Ueli Maurer (SVP): Verteidigungs- und Sportminister (VBS)
   •    Didier Burkhalter (FDP): Aussenminister (EDA)
   •    Simonetta Sommaruga (SP): Justiz- und Polizeiministerin (EJPD)
   •    Johann Niklaus Schneider-Ammann (FDP): Wirtschaftsminister (EVD)
   •    Alain Berset (SP): Sozial- und Gesundheitsminister (EDI). 

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