Sparschraube beim Staatspersonal gelockert

Mit Zähneknirschen, aber dennoch deutlichem Mehr minderte der Basler Grosse Rat die von der Regierung beschlossenen Sparmassnahmen beim Staatspersonal. Um ein Referendum zu verhindern, hatte die Wirtschafts- und Abgabekommission diesen Kompromiss vorgeschlagen.

Nochmals Schwein gehabt: Der Grosse Rat halbiert die Sparmassnahmen auf dem Buckel des Staatspersonals.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Mit Zähneknirschen, aber dennoch deutlichem Mehr minderte der Basler Grosse Rat die von der Regierung beschlossenen Sparmassnahmen beim Staatspersonal. Um ein Referendum zu verhindern, hatte die Wirtschafts- und Abgabekommission diesen Kompromiss vorgeschlagen

Für einmal spielte im Grossen Rat bei einer Personalvorlage das Links-/Rechts-Schema nicht. Vielmehr hiess es Grün gegen den Rest des Parlaments. Allerdings markierte die Politfarbe Grün die beiden entgegengesetzten Pole der Debatte: Die Grünliberalen waren für rigorose Sparmassnahmen, das Grüne Bündnis für einen völligen Verzicht darauf, während sich die SP und die bürgerlichen Parteien bis und mit SVP mit Einverständnis der Regierung für den Kompromiss einsetzten.

So kam es zur aussergewöhnlichen Situation, dass sich beispielsweise SVP-Grossrat und Präsident der Finanzkommission, Patrick Hafner, mit dem VPOD einig zeigte und skandierte, dass Sparen ohne Not eine Dummheit sei. Und dass SP-Grossrat Daniel Goepfert, Lehrer von Beruf, betonte, dass er als Staatsangestellter gegen seine Interessen abstimmen werde. Und der VPOD bezeichnet in einer Stellungnahme Sparmassnahmen auf Kosten des Personals als «Sieg der pragmatischen Vernunft». 

«Politisch brisante Angelegenheit»

Der Präsident der Wirtschafts- und Abgabekommission (WAK), FDP-Grossrat Christophe Haller, bezeichnete die Vorlage als «politisch höchst brisante Angelegenheit». Die Regierung hatte im Zusammenhang mit ihrem Entlastungspaket 2015–2017 auch Sparmassnahmen im Personalbereich beschlossen. Namentlich sollten die Dienstaltersgeschenke reduziert und die Prämien für die obligatorische Nichtberufsunfallversicherung voll den Staatsangestellten belastet werden.

Gegen diese Sparmassnahmen ging das Staatspersonal Mitte April 2015 auf die Barrikaden. Die WAK empfand diese Aktion offensichtlich als Schuss vor den Bug. Haller sagte denn auch, dass es der Kommission mit ihrem Kompromissvorschlag in erster Linie darum gegangen sei, eine totale Niederlage im Grossen Rat oder eine möglicherweise erfolgreiche Referendumsabstimmung zu verhindern.

Der Kompromiss

Der Kompromissvorschlag der WAK sieht nun erstens vor, dass das Personal die Prämien für die Nichtberufsunfallversicherung nicht ganz, sondern nur zu zwei Dritteln selber bezahlen soll. Bislang bezahlte allerdings der Kanton als Arbeitgeber zwei Drittel der Prämien, das Lastenverhältnis wird also umgekehrt.

Zweitens schlug die WAK vor, dem Personal gestaffelte Dienstaltersgeschenke im Fünf-Jahres-Rhythmus zu gewähren, und zwar mit einer steigenden Anzahl an bezahlen Urlaubstagen oder nach Wunsch auch mit Geldbeträgen. Damit wird die Dienstalters-Regelung für das Staatspersonal derjenigen für das Personal der ausgelagerten Spitäler entsprechen. Die Regierung hatte als Sparmassnahme die Beschränkung auf zehn Urlaubstage alle zehn Jahre beschlossen.

Finanziell tragbare Lockerung der Sparschraube

Mit diesem Kompromiss verringert sich die eingesparte Summe von ursprünglich 10,4 Millionen Franken pro Jahr auf etwa die Hälfte. Finanzdirektorin Eva Herzog kann mit diesen Mindereinnahmen nach eigenen Aussagen aber gut leben. «Die Sparmassnahmen waren unter den damaligen Voraussetzungen adäquat, die Finanzsituation hat sich in der Zwischenzeit aber massgeblich geändert», sagte sie.

Nach aktuellem Stand rechnet die Finanzdirektorin mit jährlichen Überschüssen in der Grössenordnung von 100 Millionen Franken bis ins Jahr 2019. «Angesichts solcher Zahlen und der Tatsache, dass der Kanton Basel-Stadt dem Baselbiet mit 80 Millionen Franken unter die Arme greift, wären unsere ursprünglich beschlossenen Sparmassnahmen tatsächlich schwer kommunizierbar», sagte Herzog.

Von Spatzen und Kröten

Am Ende fand der Kompromissvorschlag in einem Stimmenverhältnis von 75 Ja gegen 9 Nein bei 11 Enthaltungen im Rat eine klare Mehrheit. Die Bürgerlichen hätten allerdings lieber den Regierungsvorschlag vollumfänglich umgesetzt, und die SP das Staatspersonal ganz vor Sparmassnahmen verschont. Und so war «Zähneknirschen» in den Voten der Fraktions- und Einzelsprecher einer der am meisten gebrauchten Begriffe. Gehäuft war auch vom «Spatz in der Hand» (statt der Taube auf dem Dach) und von der «zu schluckenden Kröte» die Rede, sodass Regierungsrätin Eva Herzog in ihrem Schlussvotum von einer Untermalung der Debatte mit einem regelrechten Tierpark sprach. 

Chancenlos waren der Nichteintretens-Antrag des Grünen Bündnisses und die Änderungsanträge der Grünliberalen, die den Kompromissvorschlag wieder rückgängig machen wollten. Dieter Werthemann von den Grünliberalen meinte, dass man das Volk entscheiden lassen solle, «ob wir in einem VPOD-Staat leben wollen oder nicht».

Wahlkampf wirft seinen Schatten voraus

Kommissionspräsident Haller urteilte nach der Debatte, dass das Wahlfieber offensichtlich am Ansteigen sei. Dieser Eindruck lässt sich nicht ganz von der Hand weisen. Die bürgerlichen Grossräte und insbesondere die SVP wollen das in Basel-Stadt mächtige Staatspersonal offensichtlich nicht allzu sehr gegen sich aufbringen. Die Grünliberalen möchten sich als anti-etatistische bürgerliche Kraft positionieren, während das Grüne Bündnis sich als Stimme links von der SP zu etablieren versucht.

 

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