Früher arbeitete er als Elektriker, heute elektrisiert Ezequiel Lavezzi die Fussball- und Damenwelt: Der Argentinier ist für seine frechen Auftritte bekannt.
Am Tag nach dem Einzug ins Halbfinale wurde mal wieder herzlich gelacht bei den Argentiniern. Coach Alejandro Sabella hatte auf dem Trainingsgelände in Belo Horizonte seine Ansprache beendet, als Ezequiel Lavezzi auf den Plan trat. Der Angreifer streckte den Körper, kippte nach hinten und geriet ins Straucheln – so wie das seinem Trainer zur Belustigung der Weltöffentlichkeit beim 1:0 gegen Belgien passiert war. Die Mitspieler nahmen Lavezzi johlend in die Arme.
Der 29-Jährige von Paris St. Germain ist ein dynamischer Angreifer, der angesichts der Verletzung von Ángel Di María heute gegen die Niederlande mehr denn je gefordert sein dürfte. Kaum weniger bedeutend ist jedoch seine Zuständigkeit für die «buena onda», wie die Argentinier sagen: die gute Stimmung. Der Erwartungsdruck in der Heimat, die Hysterie um Lionel Messi, die Kritik am faden Fussball der Elf – all das lässt sich besser ertragen, wenn man einen Kobold wie Lavezzi in der Mannschaft hat.
Weltberühmt wurde sein Schabernack beim Gruppenspiel gegen Nigeria. Auf die Idee, den eigenen Trainer vor laufenden Kameras aus seiner Wasserflasche zu bespritzen, während der einem gerade taktische Anweisungen gibt, muss man ja wirklich erst mal kommen.
«Er wirkte ein bisschen übernervös, da wollte ich ihn auflockern», begründete Lavezzi später, doch Sabella stand in den Augen der Welt danach, vorsichtig ausgedrückt, wie ein begossener Pudel da. Man muss sich eine solche Szene mal anderswo vorstellen, in Deutschland zum Beispiel oder beim heutigen Gegner Louis van Gaal. Der würde so etwas tendenziell nicht als «Beweis von Zuneigung» verstehen, wie Sabella später beschwichtigte: «Lavezzi ist nun mal ein spezieller Typ.»
Der Trainer soll im Nachhinein über die Aktion gelacht haben, derweil seine Frau dem Stürmer beschied: «Du hättest Alejandro lieber gleich einen ganzen Eimer Wasser drüber giessen sollen.» Geht es gut aus für Argentinien bei dieser WM, könnte sich dieser Wunsch im Rahmen der Siegesfeiern erfüllen: Wenn es etwas zu feiern gibt, ist Lavezzi besonders gefährlich. Nicht einmal vor Zlatan Ibrahimovic schreckte er zurück, als er ihm nach einem Torerfolg die Nasenlöcher zudrückte (der Schwede war not amused).
Ein Renner war ausserdem sein Foto vom Besuch der Argentinier bei Papst Franziskus – als sich «El Pocho» mal eben auf den apostolischen Stuhl setzte.
Vom Elektriker zu Maradonas Wiedergänger
Dass er es mal bis in den Vatikan bringen würde, hätte Lavezzi nicht gedacht, als er für einen Torjubel beim Drittligisten Estudiantes de Casero einem Feuerwehrmann den Helm klaute. Da war er 18 und hatte schon das erste Karriereende hinter sich. Aufgewachsen wie Messi und Di María in Rosario, wurde er vom lokalen Spitzenklub Central mit 16 für entbehrlich erklärt.
Ein Wechsel nach Italien zu Pescara scheiterte an den Papieren, ein Engagement bei Boca Juniors am fehlenden Interesse der dortigen Trainer. Lavezzi entfernte sich vom Fussball und verdiente ein bisschen Geld als Elektriker; seine Familie konnte es gebrauchen, der Vater hatte sie verlassen, als Ezequiel zwei war. Nicht immer gab es genug zu essen.
Sein Bruder insistierte, dass er dem Fussball noch eine letzte Chance geben solle, und seit der Zeit in der dritten Liga ging es dann wirklich nur noch bergauf. Berufung in die Jugend-Nationalmannschaften und Olympisches Gold 2008, der Wechsel zum SSC Neapel, wo er als kleiner Widergänger von Diego Maradona gefeiert wurde, schliesslich der gutdotierte Vertrag in Paris, wohin er 2012 für knapp 30 Millionen Euro Ablöse ging.
«Was würdest Du mit Lavezzi tun?»
Der Geist Maradonas ist auch dort noch bei ihm: Auf seiner Hüfte trägt er ein Tattoo der Legende. Zu seinen insgesamt 18 Tätowierungen zählen auch eine Pistole und das Wappen von Rosario Central – einer wie Lavezzi ist nicht nachtragend.
Just in seiner Heimatstadt feierte ihn die Zeitung «La Capital» nun als Helden, «der in jedem Winkel Argentiniens erotische Phantasien weckt». Sein Modellkörper gepaart mit dem charmanten Lachen und dem exzentrischen Wesen hat ihn zum Sex-Symbol der WM gemacht, zumindest in Argentinien, wo schon fast 400’000 Frauen (vor allem) die Facebook-Seite «Bewegung dafür, dass Pocho Lavezzi ohne Trikot spielt» befreundet haben.
Auf Twitter erfreuen sich Hashtags wie «#Was würdest Du mit Lavezzi tun?» grosser Beliebtheit, und auf Youtube ein Video aus der PSG-Kabine, in dem Lavezzi seinen Hoseninhalt justiert. Modelfreundin Yanina ist der Neid der Damenwelt und ihrerseits zur gefragten Gesprächspartnerin geworden. Unter anderem sagte sie dem Sportblatt «Olé»: «Seine Art, Liebe zu zeigen, ist es, dich zu ärgern.»