Spezialisten zieht es ins Baselbiet

Basel-Stadt befürchtete, nach der Aufhebung des Zulassungsstopps für Arztpraxen von Gesuchsstellern überrollt zu werden. Das Baselbiet blickte der Lockerung gelassen entgegen. Knapp ein Monat später ist klar: Es kam anders, als man dachte. Im Baselbiet ist man überrascht über die vielen Gesuche, in Basel ist das Interesse an neuen Praxen kleiner als angenommen.

Die Ärzte kommen in Scharen, Kinder- und Hausärzte aber bleiben Mangelware. (Bild: Keystone)

Basel-Stadt befürchtete, nach der Aufhebung des Zulassungsstopps für Arztpraxen von Gesuchsstellern überrollt zu werden. Das Baselbiet blickte der Lockerung gelassen entgegen. Knapp ein Monat später ist klar: Es kam anders, als man dachte. Im Baselbiet ist man überrascht über die vielen Gesuche, in Basel ist das Interesse an neuen Praxen kleiner als angenommen.

Diplome, Urkunden, Führungszeugnisse, Versicherungsnachweis, Aufenthaltsbewilligung – und ein Gesuch. Eine dicke Mappe gibt das, eine Mappe als Eintritt ins Paradies. Beim Basler Gesundheitsdepartment rechneten die Verantwortlichen mit Dutzenden solcher Mappen. Eingepackt in Umschläge aus der Schweiz, Deutschland und allen möglichen anderen Ländern.

Es kam anders, als man dachte. Mit bisher 54 Gesuchen liegen naturgemäss zwar mehr vor als in den Jahren des Zulassungsstopps, dennoch sind es weit weniger Gesuche als erwartet. Der Verantwortliche Philipp Waibel vom Gesundheitsdepartement wagt drei Wochen nach dem Ende des Zulassungsstopps noch keine Prognose, er wirkt aber gelöst, wenn er sagt: «Ich dachte, es macht Bum!»

Tat es aber nicht. Dazu kommt, dass auf den meisten Couverts mit den Mappen Schweizer Briefmarken klebten. Gut ein Dutzend aus Deutschland war dabei, drei aus Österreich und eine aus der Ukraine. Der internationale Ansturm blieb aus.

Wo sind sie, die Spezialisten?

54 Gesuche sind wenig, wenn man bedenkt, dass Spezialisten jahrelang die Hände gebunden waren. Und sie jetzt endlich wieder tun dürften, was viele von ihnen schon längst wollten: eine eigene Praxis eröffnen. Zur Erinnerung: Seit Anfang Jahr dürfen in der Schweiz auch Spezialisten wieder uneingeschränkt Praxen eröffnen. Hausärzten war das schon vorher möglich.

Und jetzt? Nur 54 Gesuche für Basel-Stadt, einem Kanton, der als Stadt- und Grenzkanton besonders prädestiniert ist. Wo sind sie denn, die Spezialisten, die in Spitälern arbeiten und während Jahren nur mit viel Glück zu einer Praxis kamen?

Im Baselbiet!

Das Baselbiet also, der Landkanton, wo bestenfalls Einheimische zu Patienten werden, sich aber kaum ein Städter die Mühe macht, für eine Konsulation aufs Land zu reisen. Anders als in der Stadt, wo beide als potentielle Patienten betrachtet werden können: Wohnhafte und Arbeitnehmer. Dennoch: Die Ärzte zieht es ins Baselbiet. 50 Gesuche gingen bei Kantonsarzt Dominik Schorr seit Anfang Jahr ein. «Das sind viel mehr, als ich erwartet habe», sagt Schorr. «Viel mehr!»

Etwas aber ist auf dem Land gleich wie in der Stadt: Unter den Gesuchssteller befinden sich wenige Kinder- und Hausärzte, dafür umso mehr Spezialisten. Orthopäden, Augenärzte, Neurologen. In diesem Punkt stimmt die Befürchtung von Carlo Conti, Basler Gesundheitsdirektor und Präsident der kantonalen Gesundheitsdirektoren. Er sagte voraus, dass das Ende des Zulassungsstopps vor allem Spezialisten auf den Plan rufen werde und den Hausarztmangel verschärfe.

Wobei die Situation in Basel besser aussieht: Unter den Gesuchsstellern sind 17 Grundversorger. Auf dem Land sind es drei. Und das, obwohl der Hausarztmangel dort grösser ist als in der Stadt.

Quellen

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