Spitalfusion: Die FDP und der Glaube an den freien Markt

Gesundheitsdirektor Thomas Weber ist nicht zu beneiden. Eigentlich will er nur die Staatsverträge für die Spitalfusion voranbringen. Doch das Parlament streitet sich um die Rolle des Kantons und eine mögliche Privatisierung.

Der Landrat streitet sich um die Zukunft des Kantonsspitals und die Zusammenarbeit mit der Stadt.

Welchen Auftrag hat der Kanton bei der Gesundheitsversorgung seiner Bevölkerung? Welches Angebot muss er bereitstellen? Und wären die ganzen Gesundheitskosten nicht tiefer, wenn der freie Markt spielen könnte?

Den ganzen Donnerstagmorgen streitet sich der Baselbieter Landrat um diese Fragen. Wirkliche Antworten gibt es nicht, nur verfahrene Positionen und einen Gesundheitsdirektor, der nicht sehr zuversichtlich aussieht. Denn die Zeit drängt: Weber hat die Zukunft des Kantonsspitals Baselland (KSBL) bereits traktandiert, um grundsätzliche Fragen aus dem Weg räumen zu können.

https://tageswoche.ch/politik/der-kantons-streit-geht-die-naechste-runde-dieses-jahr-sind-die-spitaeler-dran

Zusätzlichen Zunder liefert die Baselbieter FDP mit einer Medienmitteilung unter dem Titel «Für die gemeinsame Gesundheitsplanung BL–BS, gegen die Spitalfusion», die sie just zum Auftakt der Landratsdebatte verschickt. Darin schreibt die Partei, sie erachte …

«… eine gemeinsame Spitalgruppe nicht als notwendige Bedingung zur Erreichung der angestrebten drei regierungsrätlichen Ziele ‹Optimierung der Gesundheitsversorgung, Dämpfung des Kostenwachstums und Erhalt der Hochschulmedizin›. Die Risiken und Nachteile einer Fusion des Kantonsspitals Baselland (KSBL) mit dem Unispital Basel (USB) wiegen aus Sicht der FDP schwerer als deren Nutzen.»

Im Landrat drehte sich der Streit dann insbesondere um einen Satz in der Vorlage: «Auf einen Verkauf des Kantonsspitals Baselland KSBL ist zu verzichten.» Diese zehn Worte sorgten für einen Schlagabtausch zwischen FDP und CVP auf der einen und SP und Grüne/EVP auf der anderen Seite.

Die FDP befürchtet bei einer allfälligen Spitalgruppe eine Marktmacht, bei der «private Anbieter, deren Leistungsangebot vergleichbar und zum Teil günstiger ist, an den Rand gedrängt würden», wie Fraktionssprecher Sven Inäbnit ausführte. Humbug, entgegnete SP-Landrätin Regula Meschberger: «Es ist eine Illusion, zu glauben, dass die medizinische Grundversorgung sauber abgedeckt werden kann, wenn sie dem freien Markt überlassen wird.»

Ähnlich tönt es von Grünen-Landrat Philipp Schoch, der in einer Kaderfunktion beim KSBL arbeitet: «Künftig werden es vor allem alte Menschen sein, die ins Spital kommen. Und ich kenne keine private Spitalgruppe, die sich dieser Bevölkerungsgruppe annimmt.»

Wer kümmert sich um die Alten?

Die Befürchtung der Ratslinken: Wenn das KSBL privatisiert wird, dieses in seiner neuen Form aber nicht alle Gesundheitsbereiche abdeckt, muss wieder der Kanton in die Bresche springen. Und das kostet dann wieder.

Ganz anders sieht das CVP-Landrat Marc Scherrer: «Es ist nicht wahr, dass sich die Privaten nur die Rosinen herauspicken», sagt er mit Blick auf das private Claraspital, das eine 24-Stunden-Notfallstation, eine Intensivpflegestation und Studentenausbildung betreibe. «Das sind alle Bereiche, die nicht wirklich rentieren.» Er befürchtet, dass die Spitalfusion ein noch grösseres Konstrukt mit noch mehr staatlicher Kontrolle werde, als es das KSBL heute ist. «Ich bezweife, dass es gut ist, wenn der Staat in einen Bereich eintritt, in dem er die Privaten verdrängt», so der Laufentaler.

«Dann ist das KSBL tot»

Einige Landräte wollen sich der Privatisierung nicht verschliessen, um sich alle Optionen offenzuhalten – auch unter dem Vorzeichen, dass die Spitalfusion vom Volk abgelehnt werden könnte. «Wenn wir uns alle Optionen offenhalten, dann ist das KSBL tot», warnte SP-Landrätin Pia Fankhauser. Denn bereits heute sei zu beobachten, dass Fachkräfte abwandern und neue Kräfte ausbleiben – aus der Angst, nicht zu wissen, wie es mit dem KSBL weitergeht.

Auch die Kommissionspräsidentin Rahel Bänziger betont, dass eine Privatisierung keine Lösung sei: «Ich habe mit privaten Anbietern gesprochen. Und die sind bereit, das KSBL zu kaufen – für 1 Franken», so die Verwaltungsrätin des Bethesdaspitals. Denn es sei schliesslich nicht aus der Luft gegriffen, dass gerade die Fusion der beiden Kantonsspitäler geprüft werde: «Die Idee der Fusion kam nicht von den Regierungsräten, sondern von den Verwaltungsräten der beiden Spitäler. Und wer weiss nicht besser, wie es dem eigenen Geschäft geht, als der eigene Verwaltungsrat?»

Unrühmlicher Pioniergeist

Gleiche Töne schlägt der Gesundheitsdirektor an: «Die Spitalfusion ist da, um die Eigentümerinteressen bestmöglich zu erreichen», betont er. Mit dem Nein zur Bruderholz-Initiative habe die Bevölkerung der Regierung den Rücken für die Spitalfusion gestärkt. Deshalb solle man jetzt auch diesen Weg befolgen, nicht jenen der Privatisierung.

Sollte es zu einer solchen kommen, stellt sich die Frage, in welchem Umfang dies geschieht. Schweizweit gibt es bis heute kein Spital, das sich vollständig aus der Gesundheitsversorgung verabschiedet hat. Baselland wäre dann ein Pionier. Bestimmt würden sich einige Landschäftler damit brüsten. Ob man sich darauf etwas einbilden sollte, stünde aber auf einem anderen Blatt.

Regierungsrat Thomas Weber kann am Ende der rund zweistündigen Debatte wieder lachen: Die Landräte folgen trotz der vielen Voten am Ende mit 69:1 Stimme der Vorlage der Regierung. 13 der FDP-Landräte haben sich der Stimme enthalten.

Nächster Artikel