Die Rechtskommission des Nationalrats will die Begrenzung der Rendite für Hauseigentümer aufheben. An Hot-Spots wie Basel könnte das «fatale Folgen» für die Mietzinsen haben, warnen Mieterverbände.
Bislang können sich Mieter gegen überteuerte Mieten mit unterschiedlichen Methoden wehren. Die Begrenzung der Rendite für Hauseigentümer ist ein Instrument. Doch vielleicht nicht mehr lange. Die Nationalratskommission für Rechtsfragen will sich von dieser Klausel verabschieden. Von der Mieterseite regt sich Widerstand.
Der Grünen-Nationalrat Alec von Graffenried ist nicht glücklich mit dem Entscheid. Er sass als Vorsitzender in der Rechtskommission. Dennoch sieht er die Sache entspannt: «Es ist eher ein marginaler Entscheid, sicherlich noch kein Durchbruch im Mietrecht.»
Marginal findet er den Vorstoss, weil nur wenig Mieter von der Renditebegrenzung betroffen sind. Das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) spricht von zirka 1000 Fällen pro Jahr, in denen die Begrenzung der Rendite zur Anwendung kommt.
«Ortsüblich» als Argument für Aufschläge
Der Mieter kann von der Hausverwaltung fordern, dass die Miete an einen Referenzzinssatz angepasst wird. Wenn der Referenzzins sinkt, muss der Hauseigentümer auch die Miete senken – theoretisch zumindest. Im Falle eines Neubezugs muss sich der Vermieter an gewisse Kriterien halten: den «orts- und quartiersüblichen Mietzins» und eine Begrenzung der Rendite. Wenn der Vorstoss angenommen wird, fällt dieser Teil – die Begrenzung der Rendite – jedoch weg.
Der politische Vorstoss lässt viele Fragen offen. Nach welchen Kriterien soll der Mietzins bewertet werden? Der FDP-Nationalrat Olivier Feller, der den Vorstoss lanciert hat, macht deutlich, in welche Richtung er gehen will: Der ortsübliche Mietzins soll stärker im Vordergrund stehen.
Das heisst, die Miete ist dann stärker davon abhängig, wie hoch die Mietzinse in der Region sind. Was bedeutet das für den Wohnungsmarkt? Gerade für «Hot-Spots», wie Basel oder Zürich, hätte dies «verheerende Folgen», warnt der Schweizerische Mieterverband. Denn dort sind die Mieten bereits hoch, wenn also der quartiersübliche Mietzins als Vergleich herangezogen wird, kann der Hauseigentümer eine höhere Miete rechtfertigen.
Der Markt bestimmt den Preis
Für Michael Töngi, Generalsekretär des Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverbandes, ist das ein Schritt in die falsche Richtung. Er räumt ein, die Begrenzung der Rendite sei «kein Massenphänomen». Zugleich aber warnt er: «Es kann jedoch eine Dynamik entstehen, die fatale Folgen für die Mieter nach sich zieht.»
Es gehe um den «Weg zur Marktmiete». Will heissen: Weniger Staat in der Mietzinspolitik, mehr Freiheiten für Hauseigentümer. Bei der «Marktmiete» wird der Mietzins durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Im jetzigen Modell – bei der «Kostenmiete» – greift der Staat in den Wohnungsmarkt ein und schützt den Mieter vor überhöhten Forderungen.
Wenn die Renditebegrenzung fällt, fehle ein «wichtiges Instrument zur Deckelung der Mieten», sagt Balthasar Glättli, Grünen-Nationalrat und Vizepräsident des Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverbands (SMV). «Das Lobbying des Hauseigentümerverbands ist im Nationalrat traditionellerweise gut verankert», erklärt Glättli den Entscheid.
Der Hauseigentümerverband unterstützt den Vorstoss von FDP-Nationalrat Olivier Feller. Die Renditeberechnung müsse auf eine zeitgemässe Grundlage gestellt werden. Die Begrenzung, wie sie heute im Gesetz steht, sei zu starr. Der Ertrag aus einer Wohnungsmiete darf nach heutigem Gesetz den Referenzzinssatz um nicht mehr als 0,5 Prozent übersteigen. Im Moment liegt der Referenzzinssatz bei 2 Prozent, die Wohnungsrendite darf also nicht höher als 2,5 Prozent sein.
Kampf der Lobbyisten
Der Streit um Mieten ist auch ein Kampf der Lobbyisten in Bern. Mieter gegen Hauseigentümer. Beide blockieren sich häufig gegenseitig. Alec von Graffenried hat das im Nationalrat beobachtet. Politiker würden gegen keine Seite ankommen – weder Hauseigentümer- noch Mieterverband. «Wenn die Verbände etwas verhindern wollen, schaffen sie es in der Regel auch.»
Balthasar Glättli geht ebenfalls davon aus, dass der Vorstoss keine Früchte tragen wird. Das Parlament sei «sensibel genug», wenn es um Mieterfragen geht. Ansonsten halte sich der Mieterverband «alle Optionen offen».