Stimmungsbarometer: Die Debatte um Einsätze der Militärpolizei

Die Diskussion, ob Militärpolizei nun auch in Baselstadt eingesetzt werden soll, hat hohe Wellen geschlagen. Der grüne Sicherheitsdirektor Isaac Reber sagt, dass die Bevölkerung hinter den Einsätzen steht. Stimmt das?

Soll die Militärpolizei zur Unterstützung der Kantonspolizei eingesetzt werden?

Die Diskussion, ob Militärpolizei nun auch in Baselstadt eingesetzt werden soll, hat hohe Wellen geschlagen. Der grüne Sicherheitsdirektor Isaac Reber sagt, dass die Bevölkerung hinter den Einsätzen steht. Stimmt das?

In den letzten Wochen hat es in der regionalen Presse eine lebhafte Diskussion um die Einsätze der Militärpolizei im zivilen Bereich gegeben. Da die Debatte sowohl unter Autoren, Politikern als auch in den Kommentarspalten der verschiedenen Online-Medien vielseitige Argumente für und gegen den Einsatz der Militärpolizei aufbrachte, wollen wir Ihnen hier eine Zusammenfassung geben:

Der Aufhänger für unsere Artikelidee war die Behauptung des grünen Sicherheitsdirektors Isaac Reber im Interview mit der TagesWoche und der bz Basel, «Ich weiss nicht, ob Sie Online-Kommentare lesen. Der Grossteil der Bevölkerung findet diesen Einsatz absolut richtig und gut.» Konkrete Zahlen oder Statistiken nannte er aber nicht. 

Militärpolizei ohne Funktion?

In unserer Wochendebatte vom 18. Oktober betonte Klaus Kirchmayr (Landrat, Grüne) den Übungscharakter des Einsatzes, wodurch er keinen Widerspruch zur Verfassung sieht. Samira Marti (Co-Präsidentin JUSO Baselland) dagegen stellte in den Vordergrund, dass das Heer nur in Ausnahmefällen gegen die Bevölkerung eingesetzt werden darf. Eine Verbesserung der Verbrechensbekämpfung fordern beide Politiker.

Kommentator Martin Lopez fragte sich, warum die Polizei «[…] schlecht ausgebildete Armeemitglieder als Praktikanten [herbeizieht]», wenn es laut Kirchmayr schon früher ähnliche erfolgreich verlaufene Einsätze gegeben haben soll. Ausserdem verwies er auf den grundsätzlich besseren Ausbildungsstand der Polizeikräfte im Vergleich zu den Armeeangehörigen. Christoph Layer ergänzte, er habe bei einer Kontrolle in Reinach den Eindruck gehabt, dass die Militärpolizei keine nachvollziehbare Funktion erfüllt hätte und schloss mit der Überlegung, warum «die Kantonspolizei solche Aktionen nicht mit der Gemeindepolizei (ein Kantonspolizist mit zwei Gemeindepolizisten) [macht]?» 

Was bringt das?

In unserem Kommentar vom 20. Oktober überlegt Michael Rockenbach in Die Armee im Kampf gegen die Verfassung, wie erfolgreich die Kontrollen überhaupt sind.

Befürchtungen, dass so ein Polizeistaat entstehen könnte, hält der Kommentator CapriCorn für unangebracht: «Ist es nicht die Linke, die dauernd nach mehr Polizei ruft und seit Jahren eine personelle Aufstockung der Polizeikorps fordert? Und nun, da RR Reber in den Genuss eines quasi-Gratiseinsatzes kommt, ist es dieselbe Linke, die sich damit schwer tut, wenn die Militärpolizei mal nicht damit beschäftigt ist, den Verkehr zu kontrollieren.» Das Szenario des schweizerischen Militär- und Polizeistaats ist für ihn «einfach nur absurd! Man hätte den MP-Soldaten ein paar Polizeiklamotten verteilen sollen, dann hätte kein Hahn, pardon kein Einbrecher, danach gekräht…»

Verfassungswidrig?

Dagegen fragt der Basler SP-Grossrat Thomas Gander in den Kommentaren zum genannten Artikel: «Was eigentlich, wenn ich mich weigere einem Militärpolizisten meinen Ausweis – auch wenn ich nichts getan habe und somit nicht zu befürchten habe (…) – zu zeigen? Komme ich dann vors Militärgericht…?!»

Urs Engler sieht keinen Konflikt mit der Verfassung gegeben, sondern hält die Einsätze gerade als Übung für unerlässlich. «[…] Man mag über Sinn und Zweck des Armeeauftritts verschiedener Meinung sein, von Verfassungswidrigkeit kann aber m.E. keine Rede sein. BV Art. 58 nennt den Aufgabenbereich der Armee im Ernstfall. Ein solcher liegt zweifellos nicht vor. Ernstfalleinsätze müssen aber geübt werden. Auch im Ernstfall sind Personen-, Verkehrskontrollen etc. z.B. bei Evakuierungen denkbar. Hier geht es um eine Übung und nicht um einen Ernstfalleinsatz.»

Ein Artikel der «Basler Zeitung» vom 18.10. stellt die Positionen gegenüber angesichts der Forderung, die Militärpolizei auch in Basel-Stadt einzusetzen. Eduard Rutschmann von der SVP gilt als Urheber der Idee und fordert entsprechend auch für das Stadtgebiet Schutz für die Bevölkerung. Auch LDP-Grossrat Thomas Müry, der selbst schon mehrfach Einbruchsopfer wurde, fordert den Einsatz. Demgegenüber stehen mehrere Politiker der Grünen, der SP und der FDP, die auf die verfassungsrechtliche Problematik und die Überschneidung von Kompetenzen hinweisen.

Zwei Lager

Die Leserkommentare zum BaZ-Artikel stimmen in der deutlichen Mehrheit dem Einsatz zu. In den Kommentaren zu Artikeln der TagesWoche spricht sich eine etwas weniger klare Mehrheit gegen einen Einsatz von Militärpolizisten aus. 

Der Leser L. Meier verweist, wie viele andere, auf die Basler Kriminalstatitisk: «BS hat prozentual eine der höchsten Kriminalstatistiken der CH. (…) BL hat eine Lösung. BL macht was. Sind in BS Ideale+Utopien wichtiger als Realität? (…)”. Andererseits merkt Thomas Giger an, er «verstehe den Zusammenhang zwischen Polizeidichte und Einbrüchen nicht. Ich vermute, eine Einbruchsrate ist vielmehr an den Wohlstand als an die Polizeidichte eines Landes gekoppelt. (…)»

Insgesamt scheint die Meinung in vor allem zwei Lager gespalten: Auf der einen Seite stehen die Befürworter, die wegen des Übungscharakters keinen Verfassungsbruch sehen und die den Abschreckungseffekt durch die Präsenz des Militärs in den Vordergrund stellen. Auf der anderen Seite die Kritiker, die durch die Präsenz der Militärpolizei die Verfassung in Gefahr und die Kompetenz alleine auf Seite der Kantonspolizei belassen wollen. Einige Kommentare nehmen keine klare Position ein, sondern plädieren für eine Beurteilung des jeweiligen Einsatzes im Einzelfall.

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