Südafrikas Kampf gegen die weissen Elefanten

Sie sind wunderschön. Sie kosteten ein Vermögen. Und viele stehen oft einfach so da. Die Stadien der Fussball-Weltmeisterschaft 2010.

This photo released by Dean Treml shows the new 70,000 seat capacity Green Point Stadium, foreground left, to be used for the FIFA Soccer World Cup in Cape Town, South Africa, on Sunday, April 25, 2010. The tournament begins June 11, 2010, with host South (Bild: AP Photo/Dean Treml)

Sie sind wunderschön. Sie kosteten ein Vermögen. Und viele stehen oft einfach so da. Die Stadien der Fussball-Weltmeisterschaft 2010.

Das Angebot steht: Eine Firma wäre bereit, für den günstig erscheinenden Betrag von 33’000 Franken anzurücken und das WM-Stadion von Kapstadt abzureissen. Natürlich dürfte es kaum so weit kommen. Doch allein die in Südafrika kursierenden Gerüchte, das 350 Millionen Franken teure Stadion-Kunstwerk könnte abgerissen werden, zeigen, wie schwierig es ist, die für die WM 2010 gebauten Arenen nach dem Grossanlass zu nutzen. Sie drohen als weisse Elefanten zu enden, als teure Bauwerke ohne Funktion.

Das Problem der neu errichteten Stadien besteht darin, dass es oft keine Nutzer gibt, die regelmässig für eine genügende Auslastung sorgen könnten. Rugby-Teams zieren sich, für Cricket sind die Felder mit Ausnahme von Durban zu klein. Und die heimische Fussball-Liga konnte ihren Zuschauerschnitt gegenüber der Zeit vor der WM kaum steigern.

Offizielle Zahlen gibt die Pre­mier Soccer League zwar nicht heraus. Aber die Soweto-Derbys zwischen Orlando Pirates und Kaizer Chiefs, die das während der WM als Soccer City bekannte FNB-Stadion mit 90’000 Fans füllen, sind die grosse Ausnahme im sonst eher tristen Liga-Alltag. Es gibt Spiele, an denen sich 500 Menschen bei einer Partie von Ajax Kapstadt in der für über 60’000 Zuschauer gebauten Arena von Green Point verlieren.

Rugby-Club bleibt lieber im Stadion von 1890

So werden keine Einnahmen generiert, die die Unterhaltskosten decken. Kapstadt kann als Paradebeispiel gelten. Hier setzen die Betreiber vor allem auf Konzerte. U2, Linkin Park, Coldplay und die Eagles haben die Arena bespielt. Trotzdem hat die Stadt im letzten Geschäftsjahr rund 50 Millionen Rand (5,1 Millionen Franken) für den Unterhalt bezahlt und nur 11 Millionen Rand eingenommen.

«Wir sind im Prozess der Neubewertung», sagte Pam Naidoo, die kaufmännische Leiterin des Sta­dions gegenüber der «Deutschen Welle». Sie glaubt, dass sich das Stadion rechnen kann: «Es wird besser werden, es kann nur besser werden.»

Die grösste Hoffnung, das Sta­dion regelmässig zu füllen, hat sich allerdings gleich nach der WM zerschlagen: Das Rugby-Team der Stormers zieht zwar regelmässig gegen 45’000 Zuschauer an. Doch der Rugby-Club zeigte wenig Lust, aus seinem 1890 eröffneten Newslands-Stadion wegzuziehen.

Dank der Fussball-WM hat Nelspruit plötzlich ein Rugby-Team

Mehr Glück hatte da Nelspruit, wo für rund 150 Millionen Franken ein Stadion gebaut wurde, ohne dass es in der Stadt einen Fussballclub gäbe, der es nur schon in die dritte Liga gebracht hätte. Ein Konzert der auch schon berühmteren britischen Reggae-Kombo UB40 war zuletzt Höhepunkt im Mbombela-Stadion.

Doch jetzt zieht endlich ein regelmässiger Nutzer ein, der helfen kann, der Stadt einen Teil der jährlichen Unterhaltskosten von 550’000 Franken abzunehmen. Ein Rugby-Club hat im November 2012 gleich sein Hauptquartier aus dem 150 Kilometer entfernten Witbank nach Nel­spruit verlegt. Von nun an spielen die Pumas all ihre Heimspiele im Mbombela-Stadion.

Die Kaizer Chiefs auf Reisen

So ist die Stadt mit ihren rund 250’000 Einwohnern dank der Fussball-WM zu einem Rugby-Team gekommen. Vielleicht ein kleiner Trost dafür, dass der versprochene Boom im Tourismus ausgeblieben ist. Seit 2010 hat die Safari- und Hotelbranche im nahe des Krueger-Nationalparks gelegenen Nelspruit einen Rückgang von gegen 30 Prozent verzeichnet.

Anderen Stadien hilft die Fussball-Liga, um wenigstens ab und an einen grossen Anlass im Haus zu haben: Die Premier League schickt die Kaizer Chiefs, die überall im Land meist mehr Anhänger haben als die lokalen Mannschaften, auf Reisen. Also spielen die Chiefs ihre «Heimspiele» in Polokwane oder auch im 1000 Reisekilometer entfernten Port Eliza­beth.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 15.02.13

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