Die Basler Kantonalbank teilte es allen mit, die es hören wollten: Wir brauchen das Steuerabkommen mit den USA! Auch den eigenen Bankräten. SVP-Nationalrat Sebastian Frehner konnte sich aber nicht durchringen, gegen die eigene Fraktion zu stimmen. Im entscheidenden Moment verliess er den Saal.
Seit es der Bank Wegelin übel erging mit den Amerikanern, ist das Zittern der anderen Schweizer Banker beinahe zu spüren. Plötzlich wird alles unternommen, um sich soweit wie irgendmöglich von den reichen (und früher sehr willkommenen) Amerikanern zu distanzieren. Nach dem Untergang der Bank Wegelin geriet auch die brave Basler Kantonalbank (BKB) ins Visier der amerikanischen Behörden. Als bekannt wurde, dass die BKB weit intensiver mit Amerikanern geschäftete als bisher angenommen, trat die Bank die Flucht nach vorne an und gab bekannt, sich von allen amerikanischen Kunden und deren insgesamt 500 Millionen Franken zu trennen.
Damit war getan, was die Bank tun konnte. Und die Politik am Zug. Auf die Frage, was noch zu einer gütlichen Lösung mit den USA fehle, sagte BKB-Sprecher Michael Buess der TagesWoche: «Der Nationalrat muss den Zusatzbericht des Bundesrates vom 8. August 2011 zur Botschaft ‚Doppelbesteuerung. Ergänzung zu verschiedenen Abkommen‘ genehmigen.» Er sagte das ohne Ausrufzeichen, aber man durfte es durchaus mitdenken. Das Zustandekommen des Abkommens bietet aus der Sicht des Finanzplatzes Gewähr dafür, dass die Amerikaner ihre Juristen auch in Zukunft nicht auf die Schweiz hetzen.
Zwei Bankräte im Nationalrat
Es ist schwer anzunehmen, dass das Zusatzabkommen auch im Bankrat thematisiert wurde und dass dieser dem Abkommen, das den Amerikanern künftig auch Gruppenanfragen erlaubt, positiv gegenüber stand. Angesprochen durften sich jene zwei Bankräte fühlen, die im Nationalrat direkt über das Abkommen abstimmen konnten: CVP-Nationalrat Markus Lehmann und SVP-Nationalrat Sebastian Frehner.
Am vergangenen Montag war es nun soweit: Wie das namentliche Abstimmungsprotokoll verrät, stimmte aber nur einer der beiden Bankräte für die BKB. Während bei Lehmann ein «Ja» vermerkt ist, steht bei Sebastian Frehner ein «hat nicht teilgenommen».
Warum haben Sie die Abstimmung geschwänzt, Herr Frehner? «Ich war im Clinch. Einerseits führen die möglichen Gruppenanfragen zu einer weiteren Aushöhlung des Bankkundengeheimnisses, was ich ablehne. Andererseits wusste ich, wie wichtig die Abstimmung für meine Bank ist. Deshalb habe ich den Saal vor der Abstimmung verlassen.»
Da sich die USA, was den Finanzplatz anbelangt, in den Augen von Frehner in einem Wirtschaftskrieg mit der Schweiz befinde, sei es sowieso die Aufgabe des Bundesrats und nicht des Parlaments auf die «kriegerischen Angriffe» der USA adäquat zu reagieren. Die USA würden sich durch das Zusatzabkommen oder Einzelaktionen von Banken nicht dazu umstimmen lassen, ihre Angriffe gegen den Finanzplatz einzustellen, glaubt Frehner. Angestrebt werden müssen eine Gesamtlösung.
«Schlau von ihm»
Die SVP hatte sich im Verlauf der Debatte vehement gegen die Sonderlösung mit den USA ausgesprochen – und geschlossen gegen das Zusatzabkommen gestimmt. Allerdings war schon früh klar, dass der Widerstand der SVP ein vergeblicher sein würde; ein weiteres Argument für Frehner die Abstimmung auszulassen.
Frehners Fehlen blieb nicht unbemerkt. Nach der Abstimmung schrieb ihm Markus Lehmann ein belustigtes SMS. «Das war doch schlau von ihm», sagt Lehmann der TagesWoche. «In dieser Partei kann man nicht gegen die Fraktionsmeinung stimmen. Darum war Rauszugehen das Schlauste, was er tun konnte.»
Bei der BKB selber will man keine Stellung nehmen zum abtrünnigen Bankratsmitglied. Bank-Sprecher Mats Bachmann lässt ausrichten: «Die Basler Kantonalbank kommentiert politische Aktivitäten einzelner Bankratsmitglieder grundsätzlich nicht.»
Was in diesem – für die BKB nicht weiter dramatischen – Fall auch nicht verwunderlich ist. Gerne hätte man aber die gleiche Frage noch einmal gestellt, wenn es die Stimme Frehners gewesen wäre, die das von der BKB so sehnlich gewünschte Zusatzabkommen mit den USA verhindert hätte.