Taxifahrer gegen Grosskonzern: «Die Uber-Fahrer sind ja auch arme Cheiben»

26 Jahre lang fuhr Rita Taschner Taxi. Heute kämpft die 58-Jährige gegen Uber – mit vollem Einsatz. Ein emotionales Gespräch über Auto- und Nervenbahnen und gesetzliche Leitplanken.

26 Jahre lang sass Rita Taschner (58) hinter dem Steuer in einem Taxi. «Es ist heute fast nicht mehr auszuhalten», sagt sie.

(Bild: Gabriel Brönnimann)

26 Jahre lang fuhr Rita Taschner Taxi. Heute kämpft die 58-Jährige gegen Uber – mit vollem Einsatz. Ein emotionales Gespräch über Auto- und Nervenbahnen und gesetzliche Leitplanken.

Rita Taschner steht für ihre Sache ein. Halbe Sachen sind nicht ihr Ding. Zu übersehen ist sie auch nicht inmitten der grellen Unia-Leuchtwesten und Transparente, als sie am Dienstag vor dem Spiegelhof in Basel aus dem Taxi steigt, um Regierungsrat Baschi Dürr ein Dossier gegen den Fahrdienst Uber zu überreichen. Ihr Shirt strahlt in allen Farben des Spektrums, doch ihre Miene ist ernst. Ja, sie verfinstert sich zusehends bei der Übergabe des Protestbriefes und der Indizien wegen angeblicher Gesetzesübertretungen von Uber an den Sicherheitsdirektor Baschi Dürr.

Die Stimme und Voten der Basler Taxifahrerin sind nicht zu überhören. «Wenn Sie nichts tun, Herr Dürr, dann müssen wir Massnahmen ergreifen», sagt sie. Die Demonstranten raunen zustimmend – die Wut gegen Uber-Fahrer, die laut den Anwesenden ohne Bewilligung und ohne die nötigen Papiere in der Innenstadt und am Bahnhof herumkurvten, ist gross. «Irgendwann sperren wir Uber einfach die Strassen, wenn die Polizei es nicht tut!», sagt Taschner einmal.

Taschner, Taxifahrerin in Basel, im Vorstand der Taxifachgruppe der Unia und Mitglied in der nationalen Taxi Union, gab der TagesWoche nach der Demonstration ein kurzes Interview.

Frau Taschner, wie lange fahren Sie schon Taxi?

Ich bin 26 Jahre lang Taxi gefahren in Basel. Aber im Moment sitze ich nicht mehr hinter dem Steuer, sondern setze mich für das Gewerbe ein. Ich würde es derzeit wohl nicht mehr aushalten.

Warum nicht?

Schauen Sie sich doch um: In Basel kann man ja kaum mehr Auto fahren, das ist doch kein Zustand mehr auf den Strassen. Das geht einem alles unheimlich auf die Nerven. Dazu die illegale Konkurrenz, gegen die nichts unternommen wird. Irgendwann rastet noch einer aus.

Wegen Uber rastet einer aus?

Es braucht nicht mehr viel – viele Fahrer sind kurz vor dem Durchdrehen. Die Nerven liegen blank. Als Taxifahrer fühlt man sich vollkommen im Stich gelassen. Wir müssen alle Gesetze einhalten: die Prüfungen, regelmässig. Die Lizenzgebühren. Die Sozialkosten, die übrigen Steuern und Abgaben, alles. Wir halten alle Regeln zum Personentransport ein. Und die anderen? Nichts! Die verstossen gegen die Gesetze, und man lässt sie gewähren. Dabei sollte doch der Staat uns schützen und nicht die, die sich an keine einzige Regel halten.

«Mit Arbeitgebern wie Uber, die gar keine sein wollen, werden wir bald alle Sozialhilfebezüger sein, die Taxi- und die Uber-Fahrer.»

Uber sagt, es sei ein Service, kein Arbeitgeber.

Ein Witz. Wir lieben unser Gewerbe, wir lieben unseren Job. Mit Arbeitgebern wie Uber, die gar keine sein wollen, werden wir bald alle Sozialhilfebezüger sein, die Taxi- und die Uber-Fahrer.

Haben Sie Verständnis für Uber-Fahrer? Die Voten einiger Fahrer vorhin waren nicht gerade freundlich.

Wir wollen ja nicht die Fahrer angreifen. Uns geht es um die Firma – die wollen wir bekämpfen. Die Uber-Fahrer sind ja letztlich auch arme Cheiben.

Inwiefern?

Das sind doch die Ärmsten, wenn die für diese Preise durch die Stadt fahren müssen. Das rechnet sich niemals, als Vollzeit-Job. Und als Wochenend- und Abend-Job machen sie mit ihrem illegalen Tun unsere anständigen Jobs kaputt. Ausserdem bieten sie niemals den gleichen Service.

«Ein Uber-Fahrer holt keine Kunden im Altersheim oder im Spital ab, holt keine alten Leute aus dem obersten Stockwerk.»

Da hört man aber anderes von Taxi-Kritikern.

Wer garantiert denn alle Abgaben und Leistungen? Wer garantiert eine Ausbildung? Ein Uber-Fahrer holt jedenfalls keine Kunden im Altersheim oder im Spital ab, macht keine Notfall- oder Bluttransporte, holt keine alten Leute aus dem obersten Stockwerk. Das gehört alles dazu, das bezahlt man mit. Und jede Basler Zentrale hat längst eine App – man kann uns im Voraus bestellen, alles problemlos.

Aber Uber ist viel billiger und praktischer. Das scheint den Leuten zu reichen.

Aber das sind die eben nur, weil man ihrem Tun keinen Riegel schiebt. Weil der Staat, weil die Polizei dem illegalen Treiben einfach zuschaut. Weil niemand etwas tut! Wenn die Uber-Leute Lizenzen, Steuern, Abgaben und so weiter und so fort bezahlen würden – dann könnten wir wieder reden. Ich weiss nicht, ob die dann noch günstiger wären. Wir wollen ja nichts weiter als gleich lange Spiesse. Wir wollen, dass die die Regeln auch einhalten müssen. Deshalb ist es ja für uns Taxifahrer auch kaum mehr zum Aushalten.

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