Die Terroranschläge in Paris von Freitagabend halten die Welt in Atem. Während an der Syrien-Konferenz in Wien nach diplomatischen Lösungen gesucht wurde, rüsten die Grossmächte und insbesondere Frankreich militärisch gegen den IS auf. Die Schweigeminute in Basel stiess auf wenig Resonanz.
Die Terroranschläge in Paris, deren Aufarbeitung in den Tagen danach und die Frage, wie Frankreich und andere potenzielle Zielnationen terroristischer Anschläge darauf reagieren, beherrschen die politische Agenda der Welt:
- Hacker drohen IS mit Vergeltung.
- Muslimische Studenten verurteilen in einer Videobotschaft die Anschläge in Paris.
- Frankreich hat bereits weniger als 48 Stunden nach der Anschlagserie zum militärischen Gegenschlag ausgeholt: Die Luftwaffe griff am Sonntagabend die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in deren syrischer Hochburg Al-Rakka an.
- Grossbritannien und Deutschland haben angekündigt, ihre Geheimdienste aufzurüsten und ihre Anstrengungen für eine Verbesserung der Sicherheit beim Luftverkehr massiv zu verstärken.
- Zwei der getöteten Attentäter von Paris lebten zuletzt im Grossraum Brüssel. Es handle sich um Personen mit französischem Pass, wie die Brüsseler Staatsanwaltschaft mitteilte.
- Die G20-Staaten wollen dem internationalen Terrorismus den Geldhahn zudrehen und die Bewegungsfreiheit von Extremisten einschränken.
- Der angeblich Fund eines syrischen Passes bei einem Attentäter, der als Flüchtling nach Europa gereist sein soll, ist Wasser auf die Mühlen von Rechtspopulisten.
- Die gross angelegte Suche nach dem Hauptverdächtigen Salah Abdeslam im Brüsseler Quartier Molenbeek ist offenbar ergebnislos zu Ende gegangen. Dies berichten Medien unter Berufung auf die belgische Polizei.
- Der Islamische Staat (IS) droht in einer Videobotschaft mit weiteren Anschlägen. In dem am Mittwoch verbreiteten, rund elfminütigen Film stösst ein Sprecher Drohungen gegen die Verbündeten Frankreichs aus, die sich an den Luftangriffen in Syrien beteiligen.
- Mindestens 129 Tote und 350 zum Teil schwer Verletzte aus 19 Nationen
- Eine bei den Attentaten in Paris verletzte Schweizerin wurde von der Rega in die Schweiz geflogen und in ein Spital gebracht. Von Schweizer Todesopfern hat das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) keine Kenntnis.
Hacker drohen IS mit Vergeltung
Internetaktivisten, Aktivisten, die sich der Hacker-Gruppe Anonymous zuordnen, haben nach den Anschlägen von Paris angekündigt, den Islamischen Staat online zu attackieren. Die «Süddeutsche Zeitung» geht der Frage nach, was von dieser Ankündigung zu halten ist.
Muslimische Studenten verurteilen die Anschläge
Die französische Vereinigung muslimischer Studenten hat die Terror-Anschläge in Paris in einer Videobotschaft und auf ihrer Website mit scharfen Worten verurteilt. Sie ordnen sich mit einem Schild mit der Aufschrift #NousSommesUnis» als Teil eines geeintan Frankreichs ein. Zugleich geben sie auch ihrer Sorge Ausdruck, dass nach den Anschlägen sowohl die Stigmatisierung als auch die Gewalt gegen Muslime zunehmen könnte.
Jagd nach Verdächtigen
In mehreren Ländern Europas, aber auch in Marokko, fahnden Sicherheitskräfte intensiv nach den Attentätern. In Frankreich, Deutschland und Marokko wurden Verdächtige verhaftet. Grossangelegte Razzien im Brüsseler Quartier Molenbeek verliefen aber ohne den erhofften Erfolg. Der gesuchte mutmassliche Attentäter Salah Abdeslam konnte nicht dingfest gemacht werden.
Mit weniger Freiheiten leben?
Im «Tagesgespräch» mit Radio SRF äusserte sich Mauro Mantovani, Strategie-Experte an der Militärakademie der ETH Zürich, zu Auswirkungen der Terroranschläge auf den Alltag der Menschen in Europa und der Schweiz: «Wir kommen auf Zeiten zu, in denen wir uns damit abfinden müssen, mit weniger Freiheiten zu leben», sagte er. Eingeschränkt werde namentlich die Bewegungsfreiheit im physischen Leben, etwa durch vermehrte Sicherheitskontrollen, aber auch beim verbalen Verhalten in den Sozialen Medien.
Auswirkungen auf die Flüchtlingspolitik?
Die Terroranschläge von Paris könnten im schlechtesten Fall Auswirkungen auf die sowieso schon unkoordinierte Flüchtlingspolitik in Europa haben. Neben einem der getöteten Attentäter soll ein syrischer Pass gefunden worden sein, der scheinbar einem in Griechenland registrierten Flüchtling gehört haben soll. Noch ist nichts bestätigt. Die neue polnische und die slowakische Regierung haben bereits mitgeteilt, dass sie wegen der Anschläge keine weiteren Flüchtlinge übernehmen würden. Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, warnte seinerseits eindringlich vor falschen Schlüssen: Die Flüchtlinge seien nicht die Täter, sondern die Opfer. Sie müssten vor genau solchen Terroristen fliehen.
Schweizer stornieren ihre Paris-Reise
Seit Samstag können Kunden von Tui Suisse, Hotelplan Suisse und Kuoni gebuchte Reisen gratis annullieren. Bei Hotelplan Suisse und Kuoni gilt das Angebot für Personen mit gebuchter Abreise bis und mit Dienstag, bei Tui Suisse bis und mit Freitag. Auch die SBB zeigen sich kulant und nehmen verkaufte Billette zurück.
Schweigeminute auch in Basel
In vielen Städten der Schweiz gedachte die Bevölkerung am Montag mit einer Schweigeminute der Opfer. Der Basler Regierungsrat lud die Bevölkerung dazu ein, um 12 Uhr an der Schweigeminute teilzunehmen, die europaweit stattfgefunden hat. «Es ist ein Zeichen der Verbundenheit mit den Opfern und den Hinterbliebenen der Anschläge von Paris», schreibt die Regierung.
Die Basler Verkehrs-Betriebe BVB hatten gleichzeitig angekündigt, dass um 12 Uhr als Zeichen der Solidarität die Trams und Busse in der Stadt für kurze Zeit angehalten würden. Die Fahrgäste sind über die Fahrzielanzeigen an den Haltestellen und auf Twitter informiert worden.
Vor dem Rathaus verharrten Punkt Mittag Regierungspräsident Guy Morin und Vize-Staatsschreiber Marco Greiner schweigend. Jedoch nahmen lediglich etwa drei Dutzend Menschen an der Schweigeminute vor dem Rathaus teil. Daneben gab ein Strassenclown unbeirrt Pfeifgeräusche von sich, Passanten gingen ihren Weg und Velofahrer fuhren vor dem Rathaus vorbei. Grund für die geringe Beteiligung mag der erst spät am Vormittag erfolgte Aufruf gewesen sein.
Schweigeminute vor dem Rathaus mit Regierungspräsident Guy Morin und Vize-Staatsschreiber Marco Greiner. Nur wenige Passanten haben sich beteiligt. (Bild: Dominique Spirgi)
In Frankreich stand das öffentliche Leben im ganzen Land für eine Minute still. Auch in zahlreichen weiteren Städten weltweit wurde schweigend der Opfer gedacht.
Präsident Francois Hollande (Mitte), Premierminister Manuel Valls (rechts) und Bildungsministerin Najat Vallaud-Belkacem gedenken am Montag mit Studenten der Universität Sorbonne in Paris der Opfer der Anschläge. (Bild: GUILLAUME HORCAJUELO)
G20-Gipfel unter dem Eindruck der Terroranschläge
In seltener Einigkeit sagten die G20-Staaten an ihrem Gipfel in der Türkei dem Terrorismus den Kampf an. In einem Entwurf für die Abschlusserklärung heisst es, die Zusammenarbeit zur Austrocknung der Finanzkanäle von Terroristen solle ausgebaut werden. Um den wachsenden Strom von Extremisten einzudämmen, die nach Ausbildung und Kampf in Bürgerkriegsländern in ihre Heimat zurückkehren und eine Terrorgefahr darstellen, sollen überdies die Grenzen besser überwacht werden.
London stellt 1900 neue Geheimagenten ein
Grossbritannien wird seine Geheimdienste massiv aufstocken, wie der britische Premierminister David Cameron ankündigte. 1900 neue Stellen würden geschaffen. Auch die Ausgaben für die Sicherheit auf Flughäfen würden verdoppelt. In dieselbe Richtungen zielen auch Massnahmen, die Deutschland ergreifen möchte.
Frankreich fliegt Luftangriffe gegen den IS
Frankreich hat weniger als 48 Stunden nach der Terrorserie von Paris zum Gegenschlag ausgeholt: Die Luftwaffe griff am Sonntagabend die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in deren syrischer Hochburg Al-Rakka an. Dabei warfen zehn französische Jagdbomber 20 Bomben ab. Sie hätten eine IS-Kommandostelle mit Waffen- und Munitionslager sowie ein Ausbildungslager für Terroristen zerstört, hiess es.
Mindestens 129 Tote
Bei den Anschlägen wurden mindestens 129 Menschen getötet und mehr als 350 zum Teil schwer verletzt. Einige der Verwundeten schweben noch in Lebensgefahr. Bislang sind Opfer aus 19 Ländern identifiziert worden, wie Frankreichs Präsident Hollande mitteilte, die meisten davon Franzosen.