Die Eskalation bei den Elektrikern auf der Theaterbaustelle zeichnete sich schon lange ab. Es dauerte über ein halbes Jahr, bis der Kanton die Reissleine zog.
Kein Strom, kein Theater. So knapp diese Formel auch klingen mag, sie trifft zu. Beleuchtung, Beschallung und Bühnentechnik, alle hängen sie am Strom. Bei der aktuellen Sanierung des Stadttheaters kommt den elektrischen Anlagen folglich eine hohe Wichtigkeit zu. Der entsprechende Posten macht denn auch fast einen Viertel der gesamten Bausumme von 72 Millionen aus.
Den Auftrag im Wert von knapp 17 Millionen Franken hat sich ein Konsortium aus zwei Elektrounternehmen gesichert, die spanische Emte SLU sowie die Elektronorm Falconi SA aus Lugano. Beide Unternehmen gehören dem spanischen Baukonzern Comsa Emte an. An der Ausschreibung hat nur gerade ein weiteres Unternehmen teilgenommen, die K. Schweizer AG aus Basel. Deren Angebot lag jedoch mit mehr als 22 Millionen Franken weit über jenem des Konsortiums.
«Es war bald klar, dass die spanische Firma nicht in der Lage war, die Anforderungen zu erfüllen.»
Nun ist es auf der Baustelle ausgerechnet bei den Elektrikern zum Eklat gekommen. Weil der spanische Teil des Konsortiums überfordert war. Weil Vertragsbestimmungen nicht eingehalten wurden. Weil die Handwerker aus den zahlreichen Subunternehmen nicht zusammenarbeiten konnten.
Die Eskalation zeichnete sich schon lange ab, wie das Hochbauamt auf Anfrage darlegt. Ende Januar, knapp zwei Monate nach Vertragsunterzeichnung, wird das Hochbauamt vom Generalplaner darüber informiert, dass es auf der Baustelle mit den Elektrikern zu ersten Problemen kommt. Die Teamleiter sprechen, entgegen vertraglicher Zusicherung, kein Deutsch. Ausserdem stimmt die Qualität der Arbeiten nicht. Der Generalplaner, Thomas Bertschmann von der Gruner AG, sagt heute:
«Es war bald klar, dass der spanische Teil des Konsortiums nicht in der Lage war, unsere Anforderungen zu erfüllen. Die Problemlösung mit den Verantwortlichen der Arbeitsgemeinschaft gestaltete sich schwierig, weil sie zum Teil nur Spanisch beziehungsweise Italienisch sprachen. Zu den sprachlichen Problemen kamen noch erhebliche kulturelle Unterschiede hinzu.»
Zwei Monate und eine erste schriftliche Mängelrüge später finden zweiwöchentliche Bausitzungen mit Hochbauamt, Generalplaner und Vertretern des Konsortiums statt. Ausserdem werden die Arbeitskontrollen intensiviert. Zu dieser Zeit erreichen auch die TagesWoche erste Hinweise auf Ungereimtheiten, die sich jedoch nicht über den Status von Gerüchten hinaus erhärten liessen.
Obwohl die Elektriker bei ihren Arbeiten also eng beaufsichtigt werden, zieht der Kanton die Reissleine erst am 3. August. Das Konsortium erhält eine letzte Mängelrüge, weil die audiovisuelle Anlage nicht termingerecht fertiggestellt werden kann. Am 14. August wird das spanische Unternehmen aus dem Vertrag entlassen, fortan werden die Arbeiten alleine von der Tessiner Elektronorm Falconi SA ausgeführt.
Es bleibt die Frage, weshalb das Hochbauamt mehr als sechs Monate verstreichen liess, wenn die Probleme mit dem spanischen Unternehmen derart offensichtlich waren. Der stellvertretende Leiter, Thomas Fries, hält fest, dass sich die Schwierigkeiten zu Beginn in einem normalen Rahmen bewegt hätten. «Erst mit dem Start der Hauptarbeiten in der Spielpause wurde das Termin-Risiko offensichtlich.»
Nur 13 statt 30 Elektriker auf der Baustelle
So gelang es dem Unternehmen etwa nicht, vor den Sommerferien ausreichend Personal zu rekrutieren. «Als die Bautätigkeit in die intensivste Phase gehen sollte, waren anfangs statt 30 Elektrikern bloss 13 auf der Baustelle anwesend», sagt Generalplaner Bertschmann.
Der Vertrag mit dem Konsortium hätte bereits im Frühjahr aufgelöst werden können, sagt Fries. Doch dies hätte eine Verzögerung von bis zu sechs Monaten bedeutet, weil sich ein anderes Unternehmen zuerst mit dem Auftrag hätte vertraut machen müssen. «Diese Verzögerung konnten wir nicht hinnehmen.»
Es ist also klar, dass die Verantwortung beim spanischen Unternehmen liegt, da dieses den Vertrag nicht eingehalten hat. Zur Kasse gebeten werden die Elektriker aus Barcelona trotzdem nicht, wie Bertschmann erklärt:
«Eine Konventionalstrafe werden wir nicht aussprechen können, weil wir dazu entsprechende, genau definierte Zwischenziele hätten festschreiben müssen. Dazu waren wir zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe aus planerischen Gründen noch nicht in der Lage.»
Der Kanton als Bauherr wird die Mehrkosten aus diesem Eklat also selbst tragen müssen. Thomas Fries vom Hochbauamt spricht von einem Betrag im «einstelligen Prozentbereich» der gesamten Bausumme. «Auch wenn die Mehrkosten zum heutigen Zeitpunkt noch nicht genau beziffert werden können, werden sie nicht mehr betragen als die Differenz zum nächsthöheren Angebot.»