Toni Lauber stellt Kürzungen des Finanzausgleichs in Aussicht – und massive Steuererhöhungen drohen

Am einen Ende hängen sie an seinen Zitzen, am anderen erachten sie ihn als mehrköpfige Hydra: der Finanzausgleich. Mit tieferen Abschöpfungssätzen soll er im Zuge der Totalrevision des entsprechenden Gesetzes gekürzt werden. Nun drohen massive Steuererhöhungen in den Empfängergemeinden.

Der Baselbieter Finanzdirektor Anton Lauber (Mitte) will den Finanzausgleich für die Gemeinden neu regeln. Damit reagiert er auf harsche Klagen der Gebergemeinden.

(Bild: Lucas Huber)

Am einen Ende hängen sie an seinen Zitzen, am anderen erachten sie ihn als mehrköpfige Hydra: der Finanzausgleich. Mit tieferen Abschöpfungssätzen soll er im Zuge der Totalrevision des entsprechenden Gesetzes gekürzt werden. Nun drohen massive Steuererhöhungen in den Empfängergemeinden.

Tatsächlich zum Klatschen war wohl nicht allen zumute, trotz des Applauses. Christian Burkhardt jedenfalls klatschte nicht, nachdem am Mittwochabend vor versammelten Gemeindevertretern über die zurzeit laufende Totalrevision des Finanzausgleichsgesetzes informiert wurde. Geladen hatte die Finanz- und Kirchendirektion respektive deren Direktor, Regierungsrat Toni Lauber (CVP). Im Kern ging es um die Zukunft des Finanzausgleichs.

Mehr Informationen:
Die Präsentation der Justiz- und Kirchendirektion zum Nachlesen (Download).
Das Factsheet zum Anlass am 2. Juli.

Nun weiss Burkhardt, Gemeindeverwalter von Langenbruck, nicht so recht, wie er das Gehörte seiner Gemeinde erklären soll. Langenbruck – und mit ihr 66 weiteren Gemeinden – drohen einschneidende Kürzungen beim Finanzausgleich. «Ausserdem wurde das Ganze ganz schön salopp präsentiert», betonte Burkhardt mit deutlichem Unterton. Langenbruck bezieht 1,4 Millionen Franken aus dem Finanzausgleich – bei einem Budget von rund vier Millionen. Es überrascht also nicht, dass er «gar nicht erfreut» ist, denn seine Gemeinde «hat kaum Luft».

19 Gemeinden können sich freuen

Auf der anderen Seite stehen die 19 Gebergemeinden (2013 waren es noch 20). Ihnen ist eher zum Lächeln zumute. Werden Finanzdirektor Toni Laubers Pläne Realität, dürfen sie sich auf eine massive Erleichterung der Belastung ihrer Gemeindefinanzen freuen. Gieri Blumenthal sagt: «Wir begrüssen das Vorgehen sehr, freuen uns, dass etwas geht und sind überzeugt, dass eine Revision des Finanzausgleichsgesetzes allen entgegen kommen wird, Gebern und Nehmern.»

«So wie der Finanzausgleich heute ist, ist es für alle unbefriedigend.»


Gieri Blumenthal, Gemeinderat Sissach

Der Gemeinderat aus Sissach, das 2014 1,2 Millionen Franken in den Finanzausgleichstopf speist, ist aber ebenso von den grossen Problemen überzeugt, die auf einzelne Nehmergemeinden zukommen werden. Darum ist für ihn schon viel erreicht, wenn die Belastung künftig kalkulierbar würde und eine gewisse Kontinuität bekäme, sagte Blumenthal weiter. «Denn so, wie es heute ist, ist es für alle unbefriedigend.»

Was konkret geändert werden soll

Was aber soll konkret geändert werden? Fest steht, dass das Umverteilungsvolumen zu gross ist. Darüber sind sich die mit der Ausarbeitung des neuen Gesetzes betraute Konsultativkommission Aufgabenteilung und Finanzausgleich, kurz KKAF, und die für die Überprüfung des Finanzausgleichs engagierte Firma B,S,S, die vergangenes Jahr einen entsprechenden Bericht ablieferte, einig. Fest steht auch: Es ist Optimierungspotenzial vorhanden.

So steht zum einen die maximale Abschöpfung von 80 Prozent der Steuerkraft über dem Ausgleichsniveau (heute 2374 Franken pro Person) zur Disposition. Will heissen: Für jeden Steuerfranken, den die steuerstärksten Gemeinden über dem Ausgleichsniveau einnehmen, gehen 80 Rappen in den Finanzausgleich. Der Vorschlag lautet, diesen Maximalsatz auf maximal 60 Prozent zu reduzieren. Ausserdem wird geprüft, ob der Kanton den horizontalen Finanzausgleich (Gelder, die am Kanton vorbei direkt von Geber- zur Empfängergemeinde fliessen) mitfinanzieren kann und soll.

Sechs Millionen werden bereits gekürzt

Im laufenden Jahr bereits kommt erstmals der 2012 eingeführte maximale Abschöpfungssatz von 17 Prozent für finanzstarke Gemeinden zur Anwendung. Das kürzt den vertikalen Finanzausgleich um knappe sechs Millionen Franken auf rund 62 Millionen. Die bis anhin gewährte volle Mindestausstattung der Nehmergemeinden von derzeitigen 93,5 Prozent der durchschnittlichen Steuerkraft pro Person ist somit Geschichte. Sie soll künftig auf 85 Prozent reduziert werden.

Der Finanzdirektor stellt in Aussicht, diesen Höchstsatz bei der Abschöpfung zu reduzieren – auf 16, 14 oder gar 12 Prozent. Für ihn steht fest, wohin das führt: «Alle Empfänger laufen Gefahr, dass ab 2016 grundsätzlich weniger bezahlt wird. In den Empfängergemeinden muss man darum mit Steuerfusserhöhungen rechnen.»

Dabei solle es keine Tabus geben, auch jenes des gesetzlichen Höchstsatzes von 80 Prozent nicht. «Wir müssen die Scheuklappen ablegen und und Modellrechnungen künftig mit dem Höchststeuerfuss machen», sagte Daniel Schwörer, Leiter Stabsstelle Gemeinden, dazu. Nicht ganz ernst gemeint war hingegen seine Frage, ob gar ein Steuerfuss von 130 Prozent politisch akzeptierbar wäre. Heute liegt der höchste Steuerfuss bei 68 Prozent. Eptingen liegt mit seinen 65 Prozent schon relativ hoch. Ein noch höherer Steuerfuss schlüge noch mehr auf die Attraktivität der Gemeinde, die bereits heute steuerlich nicht sehr attraktiv sei, gab Eptingens Gemeindepräsidentin Renate Rothacher zu bedenken.

Oberdorf: Vom Geber zum Nehmer in nur einem Jahr

Ausserdem dürfen sich Steuerschwankungen nicht mehr so stark auf den Finanzausgleich auswirken. Das zeigt sich besonders am Beispiel von Oberdorf, das 2013 dem Finanzausgleich noch 1,1 Millionen beisteuerte, 2014 jedoch zum Empfänger von 3,2 Millionen Franken wird. Schuld ist die Abwanderung des Hauptsteuerzahlers. Überdies ist auch eine Abschaffung Zusatzbeiträge angedacht.

Nur am Rande schneidet Toni Lauber die Idee an, den Finanzausgleich zu regionalisieren, sprich: ihn nicht auf die einzelnen Gemeinden, sondern auf Regionen zu verteilen. «Können die Gemeinden die Kürzungen des Finanzausgleichs so besser verkraften?», fragte er und versprach darauf Antworten, bedang sich aber eine angemessene Reaktionszeit aus.

Viel Zeit bleibt nicht

Allzu lange darf diese allerdings nicht dauern, denn das totalrevidierte Finanzausgleichsgesetz, das einem Gegenvorschlag zur entsprechenden Gemeindeinitiative entspricht, soll bereits am 1. Januar 2016 in Kraft treten.

Die KKAF, die mit der Ausarbeitung der Details betraut ist – sie besteht aus Kantonsvertretern und Vertretern von Empfänger- wie Gebergemeinden – wird im August und September tagen, um die Vorlage des neuen Gesetzes am 30. September in die Vernehmlassung zu geben. Im März will der Regierungsrat an den Landrat übergeben, bevor im November 2015 die Bevölkerung an der Urne das letzte Wort hat. Ziel ist das Inkrafttreten des revidierten Finanzausgleichsgesetz auf 2016.

>>> Wer gibt, wer nimmt 2014: Die Übersicht des Finanzauslgeichs beim Statistischen Amt Baselland

Nächster Artikel