Das syrische Kobane an der türkischen Grenze wurde vor zwei Jahren zum Symbol des Widerstands gegen den Terror des IS. Heute liegt die Stadt in Trümmern und ist auf Hilfsaktionen wie jene der kurdischen Vereine in Basel angewiesen. Die Brücke nach Kobane steht – wenn auch auf tönernen Füssen.
Die Kämpfe sind abgeklungen, das Elend ist geblieben. In Kobane, der Stadt, die zum Symbol des Widerstands gegen die Barbarei des sogenannten Islamischen Staats (IS) geworden war, fehlt es anderthalb Jahre nach Ausbruch der Kämpfe noch immer an Mitteln für einen Wiederaufbau. Unterstützung kommt vor allem von privaten Initiativen – zum Beispiel aus Basel.
Immerhin 30 Wohncontainer, bezahlt mit Spendengeldern aus der Region Basel, stehen zurzeit in Kobane und schützen 30 Familien vor der klirrenden Winterkälte. Ursprünglich hätten 100 solcher Container ein «Schweizer Dorf» bilden sollen. Das Projekt geriet allerdings ins Stocken.
Hilfsaktion der Basler Kurden
Reportage:
Der Journalist Udo Theiss hat die Basler Delegation im Winter 2014 nach Suruç begleitet. Lesen Sie seine eindrücklichen Reportagen über die verworrene Situation in und um Kobane an der syrisch-türkischen Grenze: Kalte Weihnacht in Kobane und Der Kampf ist gewonnen, das Leiden geht weiter.
Zur Spendenaktion aufgerufen hatte zur Weihnacht 2014 ein Zusammenschluss der Schweizerisch-Kurdischen Gemeinschaft (SKG), des kurdischen Kulturzentrums Med und des Vereins Städtepartnerschaft Basel–Van. Die Vereine beteiligen sich auch heute noch an der Aufbauarbeit, wie ein «Zwischenbericht zum Stand der Projektarbeit» informiert.
Durch Beiträge der beiden Basler Kantone und weiterer umliegender Gemeinden sowie durch private Spenden und ein Benefizkonzert konnten stattliche 157’500 Franken gesammelt werden. Nicht genug jedoch, um alle angestrebten 100 Container zu erstehen (Kostenpunkt: 5000 Franken pro Container).
Die Kosten für die Infrastruktur übernehmen die örtlich benachbarten Städte Suruç und Diyarbakir. «Wir werden natürlich weiterhin versuchen, die geplanten Container zu realisieren», sagt Edibe Gölgeli, SP-Grossrätin und Präsidentin der SKG, «aber zurzeit haben Beiträge an die medizinische Versorgung und den Aufbau einer Schule Vorrang.»
Gölgeli erhält immer wieder Anrufe aus der ganzen Schweiz, von Schweizerinnen wie auch von Kurden, die sich an der Aufbauhilfe beteiligen wollen. Um diese Hilfsangebote zu bündeln, «planen wir eine zentrale Anlaufstelle für die Koordination der Spenden und Hilfsgüter», sagt Gölgeli, die damit einer gesamtschweizerischen Hilfsaktion Vorschub leisten möchte.
Kontakt zur türkischen Containerfirma abgebrochen
Die Schweizerin mit kurdischen Eltern war mit einer Basler Delegation im Dezember 2014 nach Suruç gereist, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Vor Ort wurden der Bau und die Lieferung der Container in Auftrag gegeben, aufgrund der politisch undurchsichtigen Situation war Kontrolle geboten.
Wie Kobane sind auch Suruç und Diyarbakir kurdisch dominierte Städte, die vom türkischen Staat bescheidenen Rückhalt erfahren. Hilfsgüter werden oft an der türkisch-syrischen Grenze zurückgehalten, Spenden versickern in den Kassen der gesamttürkischen Katastrophenhilfe Afad.
Einer der Container wird im Umland von Kobane abgesetzt. (Bild: Schweizerisch Kurdische Gemeinschaft)
Der Zwischenbericht zur Aufbauhilfe enthält auch eine Bestätigung der Co-Bürgermeister Suruçs, dass die gespendeten Gelder ihrem Zweck zugeführt werden. Der Kontakt zur türkischen Containerfirma ist derweil abgebrochen. «Die wollen offensichtlich nichts mehr mit uns zu tun haben, wir erreichen dort niemanden mehr», sagt Gölgeli, die mit «uns» die kurdischen Helfer meint.
Allgemein habe sich die Kooperation zwischen dem türkischen Staat und den kurdischen Hilfsstellen markant verschlechtert, auch vor dem Hintergrund des sich zuspitzenden Konflikts zwischen dem Militär und den vermuteten Verantwortlichen für die Attentate in Ankara, der PKK in der Osttürkei, wie Gölgeli berichtet.
Die Verzweiflung der jungen Basler Kurden
Gölgeli will sich weiterhin in der Aufbauhilfe engagieren, auch weil der Kampf für Kobane für sie eine «Herzensangelegenheit» sei, wie sie bereits Ende 2014 im Interview mit der TagesWoche sagte.
Aus der Entfernung ist das nicht immer leicht. Trotzdem: Verzweifelt fühle sie sich deswegen noch nicht. Sorgen mache sie sich aber um die jungen Kurden in Basel, «sie können mit der scheinbaren Ausweglosigkeit weniger gut umgehen. Was wir brauchen, sind absolutes Fingerspitzengefühl, Sorgfalt und vor allem Geduld, um diesen Frieden zu ermöglichen.» Solange allerdings kurdische Zivilisten von türkischen Militärs getötet würden, werde es bis dahin noch ein weiter Weg sein.