Paul Blumenthal ist der neue starke Mann an der Spitze der BVB. Der 58-Jährige war bei den SBB ein Shooting Star und wurde 2006 gar als Chef der Bundesbahnen gehandelt. Mit den angeschlagenen BVB hat er nun einen perfekten Nebenjob gefunden. Denn Blumenthal wird gerne herausgefordert.
Nachdem der Basler Bau- und Verkehrsdirektor Hans-Peter Wessels vor rund drei Wochen den Entwurf des Berichts der Finanzkontrolle gelesen hatte, war für ihn klar, dass er Martin Gudenrath als Verwaltungsratspräsident der BVB fallen lassen muss. Gudenrath hatte das Vertrauen im Verwaltungsrat schon vor einiger Zeit verloren, nun glaubte auch Wessels nicht mehr an ihn. Der SP-Regierungsrat griff zum Hörer, rief Paul Blumenthal an und bot ihm den Job an. Der 58-Jährige willigte ein, am Dienstag wurde er vom Gesamtregierungsrat für die Amtsperiode 2014-2017 an die Spitze der BVB gewählt.
Es wird auch für einen Profi wie Blumenthal keine einfache Aufgabe, die BVB aus der Krise zu führen. Das weiss er – und genau das mag er. Am Dienstag sagte der Oberwalliser vor den Medien: «Es ist mir bewusst, dass ein Stück harte Arbeit vor mir liegt.» Leicht nervös – oder auch hyperaktiv – wirkte er an der Pressekonferenz, immer wieder zappelte er mit den Beinen.
Blumenthal sitzt seit 2009 im Verwaltungsrat der BVB und bezeichnet sich als «eingefleischten Eisenbähnler». Zu recht. Der Vater zweier erwachsener Kinder hat 30 Jahre SBB auf dem Buckel. Sein erstes Geld verdiente er als Wagenreiniger bei den SBB im Bahnhof Brig. Zehn Jahre lang war er in der Konzernleitung der SBB für den Personenverkehr zuständig. Nach seinem Studium der Betriebswirtschaft in Freiburg begann Blumenthal 1981 als Nachwuchsakademiker bei der SBB, 1999 stieg er in die Konzernleitung auf und betreute dort unter anderem die «Bahn 2000» und den Lötschberg-Basistunnel. 2009 trat er zurück und wurde in den Verwaltungsrat der Zentralbahn gewählt, ein Jahr später erfolgte die Wahl in den Aufsichtsrat der ÖBB-Holding AG in Wien. Und nun ist der selbstständige Unternehmer auch noch Verwaltungsratspräsident der BVB.
Gespräch mit der BLT suchen
Blumenthal gilt als strategischer Denker. Er ist tüchtig, ehrgeizig, schlau – und auch belehrbar, schrieb die «NZZ am Sonntag». Gemäss dem «Walliser Boten» wird er gerne herausgefordert und entscheidet blitzschnell. 2006 wurde der Shooting Star der Bundesbahnen (so bezeichnete ihn die «Bilanz») gar als Nachfolger von Benedikt Weibel als Chef der SBB gehandelt. Er war Topfavorit, entschieden hatte man sich jedoch für Andreas Meyer.
Blumenthal sagt, «ich will die BVB künftig mit klaren Regeln führen. Nach diesem Motto leben wir. Es wird keine Schlupflöcher mehr geben.» Seine erste Priorität sei es, die Stabilität und die Vertrauensbasis wiederherzustellen.
Anders als sein Vorgänger, wirkt Blumenthal fast schon ein bisschen schüchtern. Gudenrath war fürs Poltern bekannt, von Blumenthal sind wohl eher sanftere Töne zu erwarten. Eine Eigenschaft, die für das angespannte Verhältnis zur BLT von Vorteil sein kann – auch wenn Blumenthal die ganze Angelegenheit gemäss eigenen Aussagen «viel entspannter sieht als die Presse». Wie jedoch zu hören ist, kann auch er mit dem aufbrausenden Verhalten von BLT-Verwaltungsratspräsident und ehemaligem Swiss-Chef André Dosé nicht viel anfangen. Dennoch macht er die Türen wieder auf. «Ich werde den Kontakt zur BLT suchen, in der Direktbegegnung – nicht via Medien oder Briefe.» Nebengeräusche gelte es abzustellen, er wolle wieder einen vernünftigen Dialog mit der BLT, ebenso eine gute Zusammenarbeit. Seine erste Priorität sei dies momentan aber nicht. Probleme hat das CVP-Mitglied schliesslich schon genug, die BLT zählt da eher zum kleinen Übel.
Auch wenn Blumenthal harmlos wirken mag, er kann offenbar auch anders. So schrieb die «NZZ am Sonntag» 2006: «Verschiedene Seiten kritisieren, dass Blumenthal bisweilen übermässig schroff sei und seine Ellbogen mit grosser Härte einsetze.» Dosé und Blumenthal? Das wird aufregend.