Obwohl bereits der Architekturwettbewerb läuft, wird der breit abgestützte Widerstand gegen den geplanten Neubau der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Klinik (KJPK) immer heftiger: Jetzt muss Regierungsrat Carlo Conti erklären, weshalb der Neubau auch ohne demokratischen Beschluss gebaut werden soll.
Selbst die Kinder- und Jugendpsychiater wurden auf dem linken Fuss erwischt, als das Baudepartement Anfang Dezember einen Projektwettbewerb für einen Neubau der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Klinik (KJPK) auf dem Areal der Universitären Psychiatrischen Klinik (UPK) startete. Zwar war es unter den Fachleuten ein offenes Geheimnis, dass die auf acht Standorte innerhalb der Stadt verteilten Abteilungen der KJPK aus allen Nähten platzten und die Klinikleitung deshalb seit Jahren nach einem zentralen Standort suchte, doch dass der Spatenstich für den Neubau plötzlich schon kurz bevor stehen sollte, überraschte selbst die so genannten Zuweiser völlig.
Denn das Gesundheitsdepartement führte weder eine Vernehmlassung zum rund 30 Millionen Franken teuren Neubau durch, noch hatte sich der Grosse Rat jemals mit dem Projekt befasst. Als die Klinikleitung im Dezember ihr Vorhaben öffentlich machte, formierte sich sehr rasch breit abgestützter Widerstand: Eltern von Patientinnen und Patienten, Kinderpsychiater, ja selbst die ehemalige Klinikleiterin wehren sich, wie die TagesWoche publik machte.
Die Gegner kritisieren den Standort auf dem UPK-Gelände als «Unort» am Stadtrand, aber auch die nahegelegene Erwachsenenpsychiatrie und die Entfernung zum Kinderspital seien nicht zu verantworten. Die ehemalige Klinikleiterin Barbara Rost betont, wie wichtig ein nahgelegenes Kinderspital sei: Gerade Kinder mit schweren Schlafstörungen, Kinder, die bettnässen oder unter heftigen Bauchschmerzen leiden würden, benötigten psychische und medizinische Hilfe. «Einmal ist mehr der Körper krank, einmal die Seele. Deshalb braucht es oft Spezialistinnen und Spezialisten der Medizin und Psychiatrie, Psychologie», sagt die ehemalige Klinikleiterin.
Bedürfnisse von Patienten ignoriert
Grossrätin Salome Hofer (SP) stellt jetzt zum geplanten Neubau in einer Interpellation unangenehme Fragen an Regierungsrat Carlo Conti. Und bereits doppelt Sibel Arslan (Grünes Bündnis) und Mitglied des Vereins «Gesundheit für alle» nach: Die Bedürfnisse von der Patientinnen und Patienten würden beim Neubauprojekt ignoriert.
Politisch geht es um die zentrale Frage, ob der Grosse Rat mit der Verselbständigung der Spitäler seit 1. Januar 2012 völlig entmachtet ist oder doch noch ein Hintertürchen offen bleibt, um Einfluss zu nehmen: «Der Grosse Rat hat in Spitalfragen neu nur noch via Oberaufsicht über den Regierungsrat eine theoretische Mitsprachemöglichkeit. Welche Kompetenzen sind damit verbunden?», stellt Grossrätin Arslan die Gretchenfrage in ihrer Interpellation (Pdf-Version auf der Rückseite dieses Artikels). Denn zum konkreten Projekt hat der Grosse Rat direkt nichts mehr zu sagen. Ob die Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik auf dem Areal der UPK gebaut wird, entscheidet einzig und allein der neu ins Leben gerufene Verwaltungsrat der UPK.
Die breit abgestützten Gegner des Neubaus haben deshalb an den Verwaltungsrat der UPK einen Protestbrief geschrieben. Ihr Protest erhält vor allem auch deshalb Gewicht, weil er quer durch die Reihen der Zuweiser getragen wird. Diese haben es in der Hand, ob sie Eltern von kranken Kindern oder Jugendlichen einen Aufenthalt in der Klinik empfehlen oder nicht. Entsprechend ernst scheint deshalb auch der Verwaltungsrat diese Kritik zu nehmen und hat die Gegner jetzt zu einem Gespräch eingeladen. Grossrätin Sibel Arslan geht noch einen Schritt weiter. Sie fordert, dass der Verwaltungsrat der UPK das Neubau-Projekt sofort stoppt und erst einmal eine breite Vernehmlassung durchführt.
Regierungsrat Carlo Conti wird sich voraussichtlich an der nächsten Sitzung des Grossen Rats, am Mittwochnachmittag, 8. Februar 2012, den Fragen von Salome Hofer stellen. Die TagesWoche wird darüber berichten.