Und: Ist das Schloss jetzt zu haben oder nicht?

Wird es nun abgestossen? An wen? Und was macht der neue Eigentümer damit? Rund ums Bottminger Schloss gibt es viele offene Fragen. Umstrittene Fragen. Höchste Zeit, dort essen zu gehen, bevor einem in dem ganzen Streit der Appetit vergeht.

(Bild: Alexander Preobrajenski)

Wird es nun abgestossen? An wen? Und was macht der neue Eigentümer damit? Rund ums Bottminger Schloss gibt es viele offene Fragen. Umstrittene Fragen. Höchste Zeit, dort essen zu gehen, bevor einem in dem ganzen Streit der Appetit vergeht.

Als Journalist hat man es nicht einfach. Im Normalfall muss man sich mit irgendwelchen unschönen Dingen auseinandersetzen, nur weil die gerade aktuell sind. Umso grösser die Freude, wenn das Schicksal für einen auch mal einen angenehmen Auftrag bereit hält. So wie mir in Bottmingen, der aktuellen Station auf unserer kleinen Reise durchs Baselbiet. Hier reden alle vom Schloss, das die Regierung loswerden will. Also bleibt einem gar nichts anderes übrig, als zu diesem verwunschenen Wasserschloss zu ziehen, 1363 erstmals urkundlich erwähnt, und heute eines der ganz wenigen noch erhaltenen seiner Art in der Schweiz.

Man ist ergriffen, schon beim Eingangstor zum Park, und dieses Gefühl steigert sich noch beim Marsch über die Brücke und beim Anblick der vielen Tafeln im Innenhof. Sie verraten, wer alles hier isst und seine vertraulichen Gespräche führt: Die Herren vom Rotary-Club, vom Lions-Club, vom Kiwanis-Club. Und das auf Empfehlung von Michelin, Chaîne des Rôtisseurs, Gault Millau (15 Punkte) und so weiter.

Hier wird es also schon was Anständiges zu essen geben.

«Kontinuität» – für ein paar Monate

Selbstverständlich wurden an diesem geschichtsträchtigen Ort auch schon grosse Worte gesagt. Von Finanzdirektor Adrian Ballmer zum Beispiel. «Für den Kanton Basel-Landschaft soll es ein Wechsel im Zeichen der Kontinuität sein», sagte er im Februar 2011 bei der Schlüsselübergabe an die neuen Schloss-Pächter: «Wir freuen uns auf eine gute und hoffentlich lange Zusammenarbeit.» Neun Monate später kündete er dann allerdings an, dass das Bottminger Schloss im Rahmen des Sparpakets verkauft werden soll, genau gleich wie das Schloss Wildenstein.

Aber was interessiert einem schon das Geschwätz von gestern, wenn man plötzlich merkt, dass kein Geld mehr da ist? Oder wenn man ein gutes Essen vor sich hat, wie ich in meinem Fall?

Also weiter, ins Restaurant, wo man sich den Platz wunderbar wählen kann. Heute Mittag sind nur gerade zwei Tische besetzt. Ich setze mich unter das grösste Gemälde (Romantik, sehr eindrücklich) und werfe einen kurzen Blick auf die alten Stiche an der Wand gegenüber, ehe ich die Weinkarte studiere. Interessante Sachen hats da drauf. Diesen Château Mouton Rothschild, zum Beispiel, 1er Cru, von 2003, für nicht einmal 900 Franken die Flasche. So was in der Art dürfts schon sein, denke ich. Geht ja auf Spesen. Bloss: Was wird der Chef dazu sagen?

Darum: einfach ein Mineral, bitte, ohne Kohlensäure, und den Business-Lunch, ohne Dessert.

Die weise Frau am Tisch nebenan

Diese Wahl ist natürlich ein Fehler hier im Bottminger Schloss, wie ich dem Gespräch am Nebentisch entnehmen muss. «Und hats geschmeckt?», fragt die ältere Frau ihren Mann nach dem ersten Gang.» Er: «Ja schon, aber was erwartest du auch, bei diesen Preisen?» Sie: «Darüber reden wir jetzt nicht mehr, sonst hätte ich besser gleich selbst gekocht.» Diese Haltung müsste man haben. Ich hatte sie leider nicht.

Egal. Auch der Business Lunch ist sehr in Ordnung. Erst amuse bouche und tempura de poissons et bouquet de salade, sauce aigre-douce, dann pointe de filet de veau «Stroganov», roulade de fettuccini et légumes du marché.

Nach den beiden Gängen ist es höchste Zeit, um endlich geschäftlich zu werden.

«Und: wie schauts aus: Kann man das Schloss jetzt übernehmen oder nicht?», frage ich den Kellner.

Er: «Ou, da würde ich Ihnen eher abraten.»

Ich: «Warum denn: Ist doch nett, das Gemäuer, und dann hats auch noch einen Wassergraben zum Planschen und ein bisschen Umschwung ist auch noch dabei.»

Er: «Eben. Das kostet alles. Nur schon bei der Übernahme. Und dann erst der Unterhalt!»

Ich: «Aber es gab doch schon Interessenten.»

Er: «Leute mit Geld gibt es immer. Meistens überlegen sie sichs aber auch, wie sies ausgeben wollen.»

Ich: «Danke für den Tipp. In dem Fall nehme ich einfach noch einen Kaffee und die Rechnung bitte.»

Eine grosse Aufregung um nichts?

Auf dem Rückweg spaziere ich an mehreren Plakaten vorbei, die für die Initiative zum Verbleib der Schlösser im Staatsbesitz werben. Kein Verkauf!, wird darauf gefordert. Die Schlösser müssten für die Öffentlichkeit weiter zugänglich bleiben.

Im Initiativkomitee sind neben einer ganzen Reihe ehemaliger Regierungsräte unter anderem auch alle sieben Bottminger Gemeinderäte mit dabei. Aus Liebe zum Schloss. Und wohl auch aus Ärger über die Baudirektion, die es nicht einmal für nötig hielt, ein Schreiben der Gemeinde Bottmingen mit neuen Vorschlägen fürs Schloss zu beantworten.

Und warum die ganze Aufregung? Wegen der Abgabe eines Schlosses im Baurecht, das sich vielleicht gar niemand leisten kann und leisten will? Gut möglich, wenn stimmt, was ich vorher im Schloss gehört habe. Aber so läuft es eben in der leidgen Politik.

Ein Schnaps wäre jetzt noch gut, um alles zu Verdauen, aber leider sitze ich schon wieder im Tram.

Das Traumschloss mit der Sternenküche ist schon wieder sehr weit weg.

Irgendein russischer Oligarch oder ein arabischer Scheich, der das Bottminger Schloss übernimmt, für seine Zwecke umnutzt und vor der Öffentlichkeit abschottet: Das ist die Schreckensvision der Schlossfreunde in Bottmingen und dem ganzen Baselbiet. Diese Angst sei unbegründet, versicherten die kantonalen Behörden immer wieder. Und tatsächlich schienen sie sogar schon einen idealen Interessenten gefunden zu haben: Das Gastrounternehmen Berest AG, welches das Schloss jetzt schon pachtet. Das berichtete jedenfalls das Schweizer Fernsehen Ende 2011. Auf Nachfrage der TagesWoche relativiert Johann Rudolf Meier, Geschäftsleitungsmitglied der Berest AG, diese Darstellung nun – auch aus finanziellen Gründen. Der Kanton sei der ideale Eigentümer, sagt er. Sein Unternehmen könnte den Komplex unmöglich alleine übernehmen. Falls sich der Kanton für einen Eigentümerwechsel entscheidet, würde man sich aber selbstverständlich bemühen, «Teil einer Lösung zu sein», wie Meier sich ausdrückt. Geregelt sind somit höchstens noch die nächsten acht Jahre  – mit dem Pachtvertrag, der vor zwei Jahren abgeschlossen wurde.
Damals kam auch eine neue Geschäftsführung ins Restaurant. Seither haben zumindest einzelne Stammkunden den Eindruck, dass die Auslastung nicht immer bestens ist. Zudem wurde nicht ohne Sorge registiert, dass ein langjähriger Kellner das Schloss verlässt und ein zweiter vor der Pensionierung steht.
Diese Wechsel beim Personal seien normal und entsprächen der normalen Fluktuation, sagt Meier dazu. Und mit dem Geschäftsgang sei er «sehr zufrieden».

 

 

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