Nach dem extrem knappen Ergebnis im ersten Wahlgang setzt die Baselbieter SVP voll auf einen Sieg in der zweiten Runde – dank der Stimmen der Grünliberalen. Doch damit dürfte sich die SVP getäuscht haben. Eine Auslegeordnung.
Endlich wieder einmal ein etwas erfreulicherer Tag in der Baselbieter Politik. Einer, an dem sich alle ein wenig als Sieger fühlen konnten.
SP-Regierungskandidat Eric Nussbaumer, weil er im ersten Wahlgang um die Nachfolge des zurücktretenden Finanzdirektors Adrian Ballmer (FDP) das beste Ergebnis erzielte. «Erster ist Erster», sagte er selbst und grinste dazu so, wie wahrscheinlich nur er grinsen kann.
Der zweite Sieger ist Thomas Weber (SVP), der nur einen hauchdünnen Rückstand auf Nussbaumer hat – rund 300 Stimmen. «Wer hätte das gedacht?», fragte Parteipräsident Oskar Kämpfer ebenfalls mit einem schelmischen Lächeln. Und vergass natürlich auch nicht den obligaten Hinweis auf die wieder einmal etwas voreiligen Medien, die Nussbaumer zu Beginn des Wahlkampfes aufgrund seiner grösseren Bekanntheit als Favoriten gehandelt hätten.
Und dann gab es auch noch den dritten Sieger, den Grünliberalen Gerhard Schafroth, der zwar weit abgeschlagen auf dem letzten Platz landete, aber wenigstens sein Minimalziel erreichte: den Spielverderber zu geben und die beiden anderen Kandidaten in einen zweiten Wahlgang zu zwingen (was das auch immer bringen soll).
Drei Sieger – wirklich?
Selbstverständlich freut man sich sehr gerne mit allen drei Siegern mit. Und dennoch drängt sich irgendwann auch die Frage auf: Wer ist denn der tatsächliche Sieger des Sonntags im Hinblick auf den zweiten Wahlgang vom 21. April? Und was heisst das für die nächste Ersatzwahl, jene für den Sitz des verstorbenen Gesundheitsdirektors Peter Zwick (CVP), die am 12. Mai ansteht? Hier die Antworten auf die entscheidenden Fragen (und mehr zu den Wahlterminen im Kasten unten).
1. Was macht Schafroth?
Das ist die grundlegende Frage. Und eine sehr schwierige auch. Denn Schafroth ist unberechenbar.
Was er vorhat, weiss – im besten Fall – er selbst. Immerhin gibt es nun auch in der Partei Stimmen, die ihn zu einem Verzicht auf eine weitere, aussichtslose Kandidatur raten, auch wenn sie ihn nicht offen zum Rückzug drängen möchten. Sinnvoll wäre der gut gemeinte Rat aber allemal.
2. Wer würde vom Rückzieher Schafroths profitieren?
«Unser Kandidat natürlich», sagt SVP-Präsident Oskar Kämpfer. Weil: Die Grünliberalen seien ja liberal, wie ihr Name schon sage, und Liberale würden SVP wählen und niemals SP.
Etwas anders sehen das allerdings die Grünliberalen selbst. In entscheidenden Fragen wie der Forderung nach einem Atomausstieg und der Förderung erneuerbarer Energien seien sie sehr weit weg von der SVP, sagt Parteipräsident Hector Herzig. Umso näher seien sie dafür den Grünen (und damit wohl auch dem SP-Kandidaten Nussbaumer).
3. Und was bedeutet das jetzt für den zweiten Wahlgang?
Falls a) Schafroth so vernünftig ist, auf eine erneute Kandidatur zu verzichten und b) Herzig nicht ganz die Bodenhaftung zur Basis verloren hat, werden die Stimmen der Grünliberalen eher zu Nussbaumer als zu Weber übergehen. Das könnte dem SPler im zweiten Wahlgang zum Sieg reichen, da er zudem noch auf den Gewinnerbonus aus dem Ersten setzen kann.
4. Ist das jetzt wieder der nächste Blödsinn, den ein Medium in die Welt setzt? Wird Kämpfer mit seiner Medienkritik wieder einmal recht bekommen?
Auch das ist bei der knappen Ausgangslage selbstverständlich gut möglich. Denn: Der SVP-Kandidat Thomas Weber hat seine Bekanntheit tatsächlich erstaunlich rasch gesteigert, was ihm für den zweiten Wahlgang neuen Schwung verleihen könnte.
Zudem ist SVP-Präsident Kämpfer überzeugt, dass sich die Reihen bei den Bürgerlichen angesichts der knappen Ausgangslage noch weiter schliessen werden. Sein Plan: Weber gewinnt im Zweiten, und dann verspricht die SVP alles dafür zu tun, dass die CVP in der nächsten Wahl den Sitz von Peter Zwick verteidigen kann.
5. Was ist von Kämpfers Treueschwüren zu halten?
Vielleicht auch nicht viel mehr als von den Voraussagen der Medien. Denn: Kämpfer ist überzeugt, dass Weber gewinnen wird. An einen Sieg Nussbaumers mag er gar nicht denken. Darum entwirft er für diesen Fall auch keine Szenarien.
Sehr wohl möglich ist er aber dennoch. Und sehr blöd wäre der Sieg Nussbaumers noch dazu, für die SVP wie für die CVP. Eine der beiden Parteien müsste dann auf ihren Anspruch auf einen Sitz in der Regierung freiwillig verzichten – oder es auf einen Zweikampf im bürgerlichen Lager ankommen lassen. Das gäbe viel böses Blut, nachdem sich SVP und CVP erst vor Kurzem wieder angenähert haben.
6. Und was heisst das nun konkret?
Dass die SVP tatsächlich Ballmers Sitz holen muss, wenn sie wieder in die Regierung einziehen will. Ein zweiter Versuch mit Weber am 12. Mai würde ihr neuerlichen Streit mit den anderen bürgerlichen Parteien bringen, was einige Stimmen kosten dürfte. Entscheidende Stimmen.
7. Wie also heissen die beiden neuen Regierungsräte?
Thomas Weber – und Anton Lauber, auf den die CVP am 12. Mai setzt (und der sich selbst auch schon für eine Kandiatur entschieden hat, wie er am Wahltag offen sagte).
Oder eher noch: Eric Nussbaumer und Anton Lauber.
8. Und mit Nussbaumer wäre am 12. Mai nicht mehr zu rechnen, falls er am 21. April verliert?
Gegen einen moderaten Mann der Mitte und einen sympathischen noch dazu wie den Allschwiler Gemeindepräsidenten Anton Lauber würde es Nussbaumer im bürgerlichen Baselbiet sehr, sehr schwer haben. Eine Chance hätte er wohl nur, wenn auch noch die SVP mitmischen würde und das bürgerliche Lager darum zweigeteilt würde.
Selbstverständlich könnte die SP den bisherigen CVP-Sitz auch mit einem anderen «Kopf» angreifen. Die Aussichten wären allerdings wahrscheinlich noch schlechter, weil Nussbaumer einer der bekanntesten SPler ist. Er selbst will vom 12. Mai bis auf Weiteres gar nicht reden. Für ihn zählt jetzt nur der zweite Wahlgang.
Das bedeutet, dass sich die Parteien unmittelbar nach dem zweiten Wahlgang vom voraussichtlich 21. April auf die endgültigen Kandidaturen für den 12. Mai festlegen müssten. Nur so ist es möglich, dass die Wahlunterlagen wie gesetzlich vorgeschrieben spätestens zehn Tage vor der Wahl gedruckt und verteilt sind.
Da der Ausgang des bevorstehenden zweiten Wahlgangs auch Auswirkungen auf die Ersatzwahl vom 12. Mai hat (der Verlierer könnte nochmals antreten), werden die Parteien wohl Mühe haben, ihre Kandidaten für die zweite Ersatzwahl so schnell wie nötig nach dem Entscheid in der ersten Ersatzwahl zu nominieren. Darum haben sie den Vorschlag gemacht, den Termin des bevorstehenden zweiten Wahlganges um eine oder zwei Wochen vorzuziehen.
Der Regierungsrat entscheidet darüber am Dienstag.