Uni-Standort in Liestal: Isaac Reber zieht die Notbremse

Die Suche nach einem Uni-Standort im Baselbiet wird immer chaotischer. Nachdem Liestal vorpreschte, bringt die Baselbieter Regierung nun neue Standort-Gemeinden ins Spiel – doch diese wissen nichts von ihrem Glück.

(Bild: Nils Fisch)

Die Suche nach einem Uni-Standort im Baselbiet wird immer chaotischer. Nachdem Liestal vorpreschte, bringt die Baselbieter Regierung nun neue Standort-Gemeinden ins Spiel – doch diese wissen nichts von ihrem Glück.

Lukas Ott ist abgetaucht. Am Tag, als seine Pläne für einen Uni-Standort Liestal zurückgestutzt werden, reagiert er nicht auf Medienanfragen. Irgendwann publiziert der Liestaler Stadtpräsident auf Twitter eine Stellungnahme, in der er erst das Vorhaben des Kantons begrüsst, einen Campus im Baselbiet zu prüfen – und gleich wieder für sein Liestal wirbt:

Wochenlang hat Ott über die Medien, vor allem in der «bz basel», dafür geweibelt, im geplanten Neubau am Bahnhof Liestal die wirtschaftswissenschaftliche und juristische Fakultät unterzubringen. 3000 Studenten will er nach Liestal locken. Ott erhofft sich davon einen dringend nötigen Impuls für den abgehängten Kantonshauptort. 

Befremden über Otts Offensive

Im Hintergrund verhandelte er mit den SBB, die am Bahnhof eine halbe Milliarde Franken investieren. Er spurte vor und nahm dem notorisch planungsschwachen Kanton viel Vorarbeit ab. Doch das Powerplay ging nicht auf: Im Unirat und in den beiden Regierungen nahm man sein Vorpreschen in den Medien mit Befremden zur Kenntnis – und mit wachsendem Ärger. Ott versuchte, Fakten zu schaffen: Mit Investoren war er bereits im Gespräch für Studentenwohnungen.

Ausgerechnet Otts grüner Parteikollege Isaac Reber bindet den eifrigen Liestaler nun zurück. Reber führt derzeit die Baselbieter Bau- und Umweltdirektion, da sich Amtsinhaberin Sabine Pegoraro (FDP) krankheitsbedingt abgemeldet hat. Zum Auftakt der grossen politischen Sommerpause melden die beiden Regierungen nun, zu Liestal würden sich drei weitere mögliche Standorte für die Uni gesellen: der Dreispitz auf Münchensteiner Boden, das Muttenzer Polyfeld und das Gebiet Bachgraben in Allschwil. 

Das Projekt in Liestal soll so lange auf Eis gelegt werden, bis alle Standorte den gleichen Planungsstand erreicht haben. Es wird also nicht zur wegweisenden Entscheidung nach dem Ende der Sommerferien kommen, die Ott vorausgesagt hat. Bis dann, so ein zuversichtlicher Ott, würde feststehen, ob der Campus Liestal in die Wege geleitet werde. Jetzt heisst es: Es dauert wohl noch ein ganzes Jahr.

Vorteil Dreispitz

Reber hat die Notbremse gezogen, wohl auch um ein grösseres Kommunikationsdebakel abzuwenden und eine deutlichere Schlappe seines Parteifreundes abzufedern. Denn der Widerstand gegen Liestal ist beträchtlich. Teile des Unirats bevorzugen einen Ableger auf dem Dreispitz. Der wäre bequem mit Tram oder Velo zu erreichen, und der Dreispitz verspricht mit der ansässigen HGK, trendigen Wohnungen und Künstlerstuben eine gewisse urbane Qualität, die Studenten davon überzeugen kann, dort zu studieren. Gegen Liestal, das ergab eine Umfrage an der juristischen Fakultät, waren 91 Prozent aller Studenten.

Gegen Liestal sprechen zudem betriebliche Gründe. Können im Neubau nicht alle nötigen Hörsäle gebaut werden, wovon man intern ausgeht, müssten die Studenten zum Kollegienhaus pendeln. In der vorgegebenen Viertelstunde wäre das kaum möglich.

«Wovon sprechen Sie?»
Peter Vogt, Gemeindepräsident Muttenz 

Wie panisch Alternativen zu Liestal her mussten, zeigt sich daran, dass Reber und seine Direktion noch nicht einmal vorgängig mit den betroffenen Gemeinden gesprochen haben. Der Muttenzer Gemeindepräsident Peter Vogt erfährt von der TagesWoche von seinem Glück. «Wovon sprechen Sie?», will ein verdutzter Vogt am Telefon wissen. Er wisse von keiner Mitteilung und schon gar nichts von einem Uni-Standort auf dem Polyfeld, wo bereits der Neubau der Fachhochschule bis 2019 zu stehen kommt.  

Dann freut sich Vogt: «Das ist natürlich eine schöne Überraschung, dass Muttenz in Betracht gezogen wird.»

Auch nicht einbezogen wurde die Allschwiler Gemeindepräsidentin Nicole Nüssli. Dort, wo jetzt Schrebergärten sind, nahe der Grenze zu Allschwil, könnte nach den Vorstellungen der Baselbieter Regierung ein neuer Campus entstehen. Nüssli versuchte gestern Mittwoch vergeblich, Isaac Reber zu erreichen, um sich dessen Pläne erklären zu lassen.

«Das war eine Panne.»
Christoph Eymann, Basler Erziehungsdirektor 

Selbst die Uni scheint nur rudimentär im Bilde zu sein. Verwaltungsdirektor Christoph Tschumi erklärt auf Anfrage: «Die Areale ausgewählt hat die Baselbieter Bau- und Umweltdirektion in Absprache mit der Universität. Wir kennen noch nicht alle Standorte gleich gut. Mit Ausnahme von Liestal haben wir noch keine Gespräche mit Gemeinden geführt.»

Die federführende Bau- und Umweltdirektion rechtfertigt das unterlassene Einbeziehen der Gemeinden Muttenz und Allschwil damit, dass man erst jetzt mit dem Planungsprozess beginne. Der Basler Erziehungsdirektor Christoph Eymann sieht das anders: «Das war eine Panne.»

Basler Regierung hält sich heraus

Eymann erklärt, wie es zu dieser plötzlich kommunizierten Variantensuche gekommen ist. Vor einer Woche baten die Baselbieter Regierungsräte zu einer gemeinsamen Sitzung, wo den Baslern eröffnet wurde, man wolle mehrere Standorte prüfen. Die Basler erklärten sich damit einverstanden und sagten, dass sie sich heraushalten würden.

Es sei dann auch der Baselbieter Regierungsrat gewesen, sagt Eymann, der den Passus in die Mitteilung einfliessen liess, dass «ein Universitäts-Standort im Kanton Basel-Landschaft für beide Trägerkantone und die Universität nur infrage kommt, wenn er wirtschaftlich interessant ist». 

Die Baselbieter Regierung hat sich damit ein Hintertürchen geöffnet, um sich dem politischen Druck im eigenen Kanton zu entziehen, zwingend die Uni aufs Land holen zu müssen. Die Basler ihrerseits halten sich komplett aus dem Prozess heraus. Sollte die Standortsuche scheitern oder am Ende eine unpraktikable und teure Lösung resultieren, will man nicht Sündenbock sein.

Laut Eymann steht auch nicht fest, dass bei einem positiven Grundsatzentscheid Wirtschafts- und Rechtswissenschaften zügeln müssen: «Das ist noch völlig offen und hängt vor allem von betrieblichen Überlegungen ab.»

Ott informierte Regierung nicht

Interessantes erzählt Eymann auch über das Campus-Projekt Liestal. Stadtpräsident Lukas Ott sei vor einiger Zeit auf die Universität zugegangen, man habe dann Arbeitsgruppen gebildet und die Planung vorangetrieben. «Doch das Ganze war nicht mit der Baselbieter Regierung koordiniert», sagt Eymann.

Mittlerweile sei das korrigiert, man sei im Reinen. Will heissen: Kaum war die Baselbieter Regierung involviert und sah die Details der Pläne, brachte sie andere Varianten ins Spiel. 

Nächster Artikel