Unmut wegen den WM-Vorbereitungen in Russland

Diesen Samstag findet die Auslosung der Qualifikationsgruppen für die Fussball-WM 2018 statt. Mit sportlichen Grossereignissen versucht der Kreml, international Stärke zu demonstrieren. Doch nun machen finanzielle Unregelmässigkeiten beim Stadionbau Schlagzeilen sowie der Vorwurf, die Politik tue zu wenig gegen rechtsextreme Fussballfans.

Sorgt für Kritik: Der Stadionbau der Gazprom Arena in St. Petersburg verschlingt mit gut einer Milliarde Dollar ein unglaubliche Summe.

(Bild: AP Photo/Dmitry Lovetsky)

Diesen Samstag findet die Auslosung der Qualifikationsgruppen für die Fussball-WM 2018 statt. Mit sportlichen Grossereignissen versucht der Kreml, international Stärke und Prestige zu demonstrieren. Doch nun machen Budgetkürzungen und finanzielle Unregelmässigkeiten beim Stadionbau Schlagzeilen. Zudem muss sich die Politik den Vorwurf gefallen lassen, zu wenig gegen rechtsextreme Fussballfans zu tun.

Der Traum beginnt in St. Petersburg. Unter diesem Motto findet hier am Samstag, 25. Juli, die Auslosung der Qualifikationsgruppen für die Fussball-WM 2018 statt.

Noch wird im prunkvollen Konstantinpalast für die letzten Vorbereitungen Hand angelegt, bevor die Zeremonie beginnt, an der neben Fifa-Chef Joseph Blatter auch der russische Präsident Wladimir Putin teilnehmen soll. Doch die mit viel Pomp und Prominenz geplante Show kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Vorbereitungen für das Turnier derzeit stocken.

Die sportliche Seite der WM 2018

Bei der Auslosung der Qualifikationsgruppen am  Samstag, 25. Juli, in St. Petersburg könnte die Schweiz, die in Topf 2 eingeteilt ist, ein schweres Los blühen. Die Übersicht beim «Tages-Anzeiger».

Die Auslosung überträgt die Fifa ab 17 Uhr live. Im Fernsehen ist die ARD dabei, SRF schaltet sich um 18.10 Uhr zu.

Unter Putin wurden in den vergangenen Jahren Grossereignisse wie etwa die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi stark forciert. Mittels sportlicher Erfolge sollte Russland international Prestige und Stärke demonstrieren, so die Devise des Kremls. Finanzielle Grenzen gab es dabei kaum. Gestützt von hohen Einnahmen durch Rohstoffexporte wurden Rekordsummen investiert. Dies mit dem Ergebnis, dass die Olympischen Spiele am Schwarzen Meer mit Kosten von mehr als 30 Milliarden Euro zu den teuersten Winterspielen aller Zeiten wurden.

Finanziell angeschlagen

Seit dem vergangenen Jahr hat sich die Situation jedoch mit der Annexion der Krim und dem Krieg in der Ostukraine radikal verändert. In Sotschi versuchte die russische Führung der Welt möglichst unpolitische Spiele zu präsentieren. «Bei der WM wird es dem Kreml auch darum gehen zu zeigen, dass seine Politik die richtige ist und das Recht auf seiner Seite steht», sagt Nikita Belogolowzew, der eine Sportsendung auf dem kremlkritischen TV-Sender «Doshd» moderiert.

Der grösste Teil der Gelder kommt aus dem Staatsbudget. Anders als in Sotschi beteiligen sich private Investoren bislang kaum.

Erschwerend kommt dazu, dass für das Fussballturnier die Gelder wohl nicht mehr so grosszügig fliessen werden wie bei Sotschi. Der gesunkene Ölpreis, die volatile Währung und die Sanktionen des Westens zwingen Moskau zum Sparen. Im Juni ordnete die russische Regierung daher eine Kürzung des WM-Budgets an. 631,5 Milliarden Rubel (ca. 10,1 Milliarden Euro) will Moskau nun insgesamt in die WM investieren – 30 Milliarden Rubel (ca. 495 Millionen Franken) weniger als zuerst budgetiert.

Der grösste Teil der Gelder kommt aus dem Staatsbudget. Anders als in Sotschi beteiligen sich private Investoren bislang kaum. Von den zwölf geplanten WM-Stadien wurde einzig das neue Stadion von Spartak Moskau von privater Hand erbaut. 

Millionen verschwunden

Fertiggestellt sind erst drei Stadien. Die meisten Sportstätten sind noch in unterschiedlichen Bauphasen. Während in Kaliningrad erst die Vorbereitungsarbeiten abgeschlossen wurden, baut man in St. Petersburg bereits seit 2006 an einer neuen Arena. Mehrmals wurden die Baupläne seitdem verändert, die Kosten sind rapide gestiegen. Aktuelle Schätzungen liegen bei mehr als einer Milliarde Dollar.

«Das ist nicht nachvollziehbar», sagt Boris Wischnewski, der für die Partei Jabloko im Stadtparlament von St. Petersburg sitzt. In Deutschland oder der Ukraine könnten Stadien in vergleichbarer Grösse und Ausstattung für die Hälfte der Kosten gebaut werden. Bereits vor zwei Jahren habe der Rechnungshof in St. Petersburg finanzielle Unregelmässigkeiten festgestellt. Millionenbeträge seien verschwunden, was bislang aber kein Gerichtsverfahren nach sich zog.

Auch kritisiert Wischnewski, dass die Stadt für das Stadion bezahlen muss, nicht die Zentralregierung in Moskau oder Gazprom, Besitzer von Zenit St. Petersburg. Der Klub soll dereinst in der fertigen Arena seine Spiele austragen.

Rassismus in den Stadien

Die Fifa selbst hat sich mit dem Stand der russischen WM-Vorbereitungen bislang zufrieden gezeigt. Besorgnis äusserte der Weltfussballverband allerdings wiederholt über rassistische Vorfälle in den Stadien. Spieler schwarzer Hautfarbe oder kaukasischer Herkunft sind immer wieder rassistischen Übergriffen rechtsextremer Fans ausgesetzt. 99 Vorfälle hat die Anti-Rassismus-Beobachtungsstelle SOVA in Moskau in den vergangenen zwei Jahren gezählt – diskriminierende Schlachtgesänge im Stadion sind da noch gar nicht dabei.

Politik und Fussballverband zeigen keinen ernsthaften Willen, gegen das Rassismusproblem im russischen Fussball vorzugehen.

«Es ist eine kleine Minderheit, die das Image des russischen Fussballs ruiniert», sagt Robert Ustian, der im vergangenen Jahr gemeinsam mit anderen Fans die Initiative «ZSKA-Moskau-Fans gegen Rassismus» ins Leben gerufen hat. Es gibt allerdings sehr wohl ein Rassismusproblem im russischen Fussball. Politik und Fussballverband sind bislang nicht willens, ernsthaft dagegen vorzugehen. Fans, die sich rassistisch verhalten, können zwar mit Geldbussen belegt werden – Kritikern zufolge wird das entsprechende Gesetz aber viel zu inkonsequent angewendet.

Vorfreude trotz allem

Gerade im Hinblick auf die WM ist aber ein konkreter Aktionsplan nötig. «Das Problem muss gelöst werden und nicht einfach nur für die Dauer des Sportanlasses versteckt werden», sagt Ustian. Stolz und Vorfreude überwiegen jedoch. In Sotschi habe Russland gezeigt, dass es für Fans und Sportler ein fantastisches Land sein könne, sagt Ustian. Und auch Oppositionspolitiker Wischnewski findet es positiv, dass sich die Menschen in St. Petersburg die WM-Spiele anschauen können.

Nun muss es nur noch sportlich besser laufen. Sonst hat der Traum bereits wieder ein Ende, bevor er richtig begonnen hat. Die Vorstellung des russischen Nationalteams war zuletzt alles andere als überzeugend



Tabelle – Euro-Qualifikation, Gruppe G

Tabelle – Euro-Qualifikation, Gruppe G (Bild: Screenshot Uefa.com)

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