«Unsere Generation lebt die Gleichberechtigung»

Drei junge Politikerinnen über die real existierende Männerquote von bis zu hundert Prozent in Verwaltungsräten, Zünften und Cliquen. Warum sie die Einführung einer Frauenquote in Basel trotzdem verhindern wollen.

Wurde im bereits ersten Wahlgang in die Exekutive der Bürgergemeinde der Stadt Basel gewählt: die 34-jährige Lehrerin Fabienne Beyerle (Bildmitte). (Archivbild) (Bild: Hans Jörg Walter)

Drei junge Politikerinnen über die real existierende Männerquote von bis zu hundert Prozent in Verwaltungsräten, Zünften und Cliquen. Warum sie die Einführung einer Frauenquote in Basel trotzdem verhindern wollen.

In Basel wird die schweizweit erste Frauenquote in staatsnahen Verwaltungsräten eingeführt. So will es zumindest der Grosse Rat. Doch nun ergreift ein Komitee mit bürgerlichen Jungpolitikerinnen (und zwei, drei Männern) das Referendum. Warum? Ein Gespräch mit den drei so genannten Quotenkillerinnen Manuela Hobi (Junge CVP), Stephanie Giese (Jungliberale) und Fabienne Beyerle (Junge FDP) zum Thema Quote.

In Prozent: Wie stark sind Sie gegen die Quote – 80, 90…?

Manuela Hobi: Zu 100 Prozent!

In Ihrem Komitee gibt es aber auch ein paar Jungpolitiker. Quotenmänner?

Stephanie Giese: Überhaupt nicht. Wir brauchen einfach jemanden, der uns adminstrativ unterstützt.

Dann sind die Männer bei Ihnen sozusagen die «Tschooli» im Umzug?

Fabienne Beyerle: Jede Arbeit ist wichtig.

Was sagen Sie zu Chefetagen in der Wirtschaft mit 100 Prozent Männern?

Beyerle: Das ist eine Realität – leider. Aber das wird sich automatisch ändern. Unsere Generation lebt die Gleichberechtigung  –  auch in der Ausbildung und im Beruf. Bestes Beispiel dafür: die vielen Hochschulabsolventinnen. Noch sitzt aber die Generation 55 plus an den entscheidenden Stellen, die anders aufwuchs.

Die Kinder werden zu hundert Prozent von Frauen auf die Welt gestellt. In der Erziehung bleibt ebenfalls Vieles an ihnen hängen – es folgt häufig ein typischer Karriereknick, so erfreulich es meistens auch ist, Kinder zu haben. Was kann man dagegen tun?

Hobi: Eine Patentlösung gibt es nicht, aber es braucht alternative Arbeitszeitmodelle und eine Förderung der Frauen, damit sich Beruf und Familie möglichst gut vereinbaren lassen.

Gibt es Ihrer Meinung nach eine ideale Quote – ohne Zwang?

Hobi: Das ist ganz unterschiedlich, von Branche zu Branche und von Betrieb zu Betrieb.

Wie ist es eigentlich als Frau allein unter Männern?

Giese: Ich kenne eine Metallbauschlosserin, die zwar auf ihrem Gebiet als Frau eine ziemliche Ausnahmeerscheinung ist, sich aber wohlfühlt.

Was können Männer besser als Frauen?

Hobi: Auch das ist sehr unterschiedlich und hängt von der einzelnen Frau und dem einzelnen Mann ab. Darum darf bei einer Berufung oder einer Beförderung auch nur die Qualität den Ausschlag geben, nicht das Geschlecht.

Als Mann habe ich jetzt gehofft, dass Sie sagen: Männer können besser parken, Frauen besser schwindeln.

Alle: Diesen Gefallen können wir Ihnen leider nicht machen.

Wer sollte eigentlich in einer Partnerschaft das Sagen haben?

Beyerle: Beide.

Und wie sieht die Realität aus – bei Ihrer Generation, bei der «Generation 55 plus», wie Sie es nennen?

Hobi: Wir sind eine Generation starker Frauen, weil unsere Mütter auch starke Frauen sind und uns so erzogen haben. 

Was sagen Sie zur Basler FDP und der SVP, die nicht einmal eine einzige Frau in den Grossen Rat bringt?

Giese: Das ist zwar sehr schade. Bei einer Wahl entscheidet aber das Volk, nicht die Partei, und das ist auch richtig so.

Was halten Sie von den Zünften und Fasnachtscliquen mit nur Männern?

Beyerle: Ein Überbleibsel aus dem Mittelalter.

Andere Kuriositäten aus dem Mittelalter hat man irgendwann aufgegeben. Muss auch mit dem männerbündlerischen Schluss sein?

Giese: Wenn die Männer das lustig finden… Jeder kann die Freizeit so verbringen, wie er will.

Würden ein paar Frauen in gewissen Cliquen oder Zünften nicht allenfalls das Niveau heben?

Hobi: Das allerdings könnte gut sein.

Könnte es in der Wirtschaft und Verwaltung irgendwelche anderen Quoten geben, die Ihrer Ansicht nach sinnvoll wären? Zum Beispiel für Junge und Alte? Oder für Menschen mit einer Behinderung?

Hobi: Ich weiss nicht. Ich bin grundsätzlich gegen Zwang.

Man nennt Sie «Quotenkillerinnen». Gefällt Ihnen das?

Beyerle: Es ist ein etwas bissiger Begriff.

Ausgedacht von einem männlichen Journalisten – typischerweise?

Alle: Überhaupt nicht. An diesem Begriff ist gar nichts maskulin.

Zu den Personen. Bleibt noch eine, möglicherweise nicht ganz unerhebliche Frage: Können die Jungpolitikerinnen auch aus eigener Erfahrung beurteilen, wie einfach beziehungsweise schwierig es ist, als Frau Karriere zu machen?

Hier ihre Antworten:

Stephanie Giese (28): Ich bin in Vorbereitung zur Advokaturprüfung, abgesehen von den Volontariaten habe ich während dem Studium unter anderen in einem kleineren bis mittelgrossen Betrieb mit bis zu 200 Beschäftigten gearbeitet. Innerbetrieblich wurde ich gefördert, indem ich proaktiv im Bereich, in dem ich gearbeitet habe, mitgestalten und immer weitere Aufgaben übernehmen durfte.

Manuela Hobi (25): Auch ich bin angehende Anwältin und habe während dem Studium und danach in diesem Bereich gearbeitet. Meine Erfahrung ist es, dass man gefördert wird, wenn man das möchte und sich dementsprechend engagiert – unabhängig vom Geschlecht.

Fabienne Beyerle (33): Ich arbeite seit elf Jahren als Lehrerin. Angefangen auf der Primarstufe, dann als schulische Heilpädagogin bei den Kleinklassen und seit sechs Jahren als allgemeinbildende Lehrerin an der Berufsfachschule. Als Lehrerin geht es weniger um Aufstiegschancen, aber die guten Leistungen und der Einsatz sind hier, vor allem auf der Primarstufe, besonders wichtig, um als Frau weiter zu kommen, da es in diesem Beruf an Männern mangelt.

 

 

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