In Finnland kommen im kommenden Jahr 2000 Menschen in den Genuss eines Grundeinkommens. Mit der Schweizer Idee hat dieses gefeierte Projekt aber nicht viel zu tun.
Im Januar ist es so weit: 2000 Finnen erhalten in den nächsten zwei Jahren monatlich einen Scheck über 560 Euro – mit Mietzuschüssen sind es 750 Euro –, der ihnen als Grundeinkommen ausgehändigt wird.
Wird damit in Finnland verwirklicht, was in der Schweiz im Juni deutlich gescheitert ist? Daniel Häni, einer der Väter der Schweizer Kampagne, ist skeptisch: «Das ist ein kleiner Schritt. Mit der Idee hat er noch nicht viel zu tun, weil es nur an Arbeitslose geht und ein Betrag gesprochen wird, der nicht recht reicht, den Lebensunterhalt souverän zu bestreiten.»
Neue Arbeitslosenhilfe
Tatsächlich gibt es signifikante Unterschiede zwischen beiden Anliegen: In Finnland erhalten 2000 Arbeitslose aus allen Segmenten im Rahmen eines wissenschaftlich begleiteten Pilotprojekts einen Betrag als Grundeinkommen ausgehändigt, der im Wesentlichen ihre Arbeitslosenhilfe ersetzt.
Zum bedingungslosen Grundeinkommen macht den Zustupf alleine, dass die Empfänger nicht wie bislang im steten Kontakt mit der finnischen Bürokratie stehen müssen, um etwa Bewerbungen zu schreiben. Zudem dürfen sie das Geld behalten, auch wenn sie eine Stelle finden. Das soll den Anreiz erhöhen, den Weg zurück ins Erwerbsleben zu suchen.
Betrag reicht kaum zum Leben
In der Schweiz hätte jeder volljährige Einwohner ein Einkommen von rund 2500 Franken erhalten, egal, ob er arbeitet oder nicht. Das entspricht immerhin rund 40 Prozent des Medianlohnes (das um Extremlöhne bereinigte Durchschnittsgehalt), der 2015 bei knapp 6200 Franken lag. In Finnland beträgt das Grundeinkommen gerade mal ein Fünftel des Medianlohns.
Während das Schweizer Grundeinkommen das Ziel hatte, die Menschen nicht nur aus den Zwängen der Sozialbürokratie zu befreien, sondern ihnen auch die Chance zu geben, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, ist das finnische Projekt klar aus ökonomischer Not heraus entstanden.
Wirtschaftliche Krise
Die Arbeitslosenquote in Finnland beträgt 9,3 Prozent, unter Jugendlichen gar südeuropäisch anmutende 20 Prozent. Das Land steckte jahrelang in einer Krise, nachdem der Handy-Gigant Nokia zugrunde gegangen ist und seit Sanktionen den Handel mit Nachbar Russland blockieren. Die Wirtschaftsleistung liegt auch 2016 noch deutlich hinter dem Vorkrisenjahr 2008 zurück.
Das finnische Grundeinkommen ist auch ein Projekt der politischen Rechten. Es soll Teile des Sozialstaats ersetzen und so dazu beitragen, die Sozialkosten zu senken. Mehr zu den Hintergründen liefert dieser hervorragend recherchierte Artikel im deutschen Magazin «brand eins»:
Auch in der Schweiz wird eine derartige Auslegung des Grundeinkommens geprüft. Namentlich in der Stadt Lausanne, wo die Regierung ein Testprojekt aufgleist, bei dem eine beschränkte Zahl von Sozialhilfeempfängern statt Stütze ein Grundeinkommen erhalten.
Zweite Abstimmung in der Schweiz?
Mit der gesellschaftlichen Vision der Schweizer Grundeinkommen-Initiative hat das nicht viel zu tun. Gestorben sei dieses Projekt aber nicht, sagt Häni:
«Wir betrachten das Ganze im Moment mit etwas Distanz. Eine neue Abstimmung wird aber kommen. Ob in zwei, fünf oder zehn Jahren, wissen wir nicht. Für mich ist klar, dass auch in der Schweiz ein Grundeinkommen eingeführt wird. Die Frage ist, ob es auf wirtschaftlichen Druck geschieht oder aus Einsicht, weil wir es uns gegenseitig zusprechen.»
Tatsächlich wandelt sich die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens in der Debatte immer mehr vom Projekt, dass das Erwerbsleben neu denkt, zu einer Art Verliererpauschale der Globalisierung. In diese Richtung jedenfalls sind auch Aussagen von Tesla-Gründer und Silicon Valley-Vordenker Elon Musk zu verstehen.
Musk prophezeit, in Zukunft werde es für jeden Menschen auf der Welt ein Grundeinkommen geben – und brauchen, weil durch die zunehmende Digitalisierung und Automatisierung viele Jobs verschwinden.