Aus Protest gegen die schlechte Bezahlung legte das Verkaufspersonal der «Metro Boutique» Basel für eine Stunde die Arbeit nieder.
3500 Franken brutto für eine 100-Prozent-Anstellung würde eine Verkäuferin bei «Metro Boutique» monatlich verdienen. Würde – wenn sie denn mit einem 100-Prozent-Pensum angestellt wäre. Das geht aber nicht, denn ihr Arbeitgeber hat sich was Schlaues einfallen lassen, um die Lohnausgaben tief zu halten: das Arbeitspensum einer Angestellten auf maximal 80 Prozent festsetzen – und 100 Prozent flexibel abrufbare Einsatzbereitschaft fordern. Das heisst, statt 3500 Franken gibts 2800 Franken brutto. Und wie es ist, Ende Jahr noch einen 13. Monatslohn zu erhalten, wissen die Verkäuferinnen (das Verkaufspersonal bei Metro ist mehrheitlich weiblich) nicht.
Das stinkt ihnen inzwischen ziemlich. So sehr, dass sie am Mittwoch über Mittag für eine Stunde vor den Laden standen statt in ihm drin. Mit Transparenten, auf denen Slogans wie «3 Jahre Lehre, 5 Jahre Berufserfahrung, immer noch Einsteigerlohn» und «Viel Stress, wenig Geld» gemalt waren, trugen die jungen Frauen ihre Forderung nach besseren Löhnen auf die Strasse – an die Öffentlichkeit: 4000 Franken brutto pro Monat wollen sie und zwar 13-mal im Jahr. Unterstützt wurden sie bei der Aktion von Vertretern der Gewerkschaft Unia.
Gespräche gescheitert
Den Beschluss zum Warnstreik habe das Personal praktisch einstimmig am Vorabend bei einer Versammlung getroffen, erklärt Unia-Sekretär Roman Künzler den Medienvertretern. Nachdem die bisherigen Gesprächsversuche mit der Unternehmensleitung gescheitert seien, sehe man sich zu dieser Protestaktion gezwungen. Es gehe nicht an, dass eine erfolgreiche Firma wie die Metro Boutique AG, die inzwischen in der Schweiz über zwanzig Filialen an besten Lagen betreibt, die Angestellten mit Billiglöhnen abspeise. Von den insgesamt 22 Angestellten bei «Metro Boutique Basel» haben gemäss Künzler 17 den Entscheid zum Warnstreik unterschrieben.
«Wir streiken nicht, weil wir das lustig finden», sagt eine der daran beteiligten Verkäuferinnen, nein, schliesslich sei auch Angst um die Stelle dabei. «Aber wir wollen endlich Löhne, von denen wir leben können.» Und ihre Kollegin findet, das betreffe die ganze Verkaufsbranche, und deshalb sei es «Zeit, dass die Stimmen des Verkaufspersonals in der Öffentlichkeit gehört werden».
Stress hält sich raus
Es wird sich spätestens bei der Abstimmung um die Mindestlohninitiative zeigen, ob und wie diese Stimmen bei der Öffentlichkeit angekommen sind. Vorerst ziemlich enttäuscht ist das Metro-Verkaufpersonal von Rapper Stress, dessen Modekollektion «Bear Inc.» exklusiv in den «Metro Boutiquen» erhältlich ist und der deshalb auch das Aushängeschild der Boutiquekette ist.
Sie hätten ihn per Mail gebeten, sagt eine Verkäuferin, sich bei der Unternehmensleitung für ihr Anliegen nach besserer Entlöhnung einzusetzen. Seine Antwort, besser gesagt, die seines Managements: Selbstverständlich sei er auch für faire Löhne, aber das sei nicht seine Angelegenheit, sondern die Aufgabe von Metro. «Der hält sich fein raus», so der Kommentar einer Verkäuferin.
Wie meistens bei Ereignissen dieser Art tauchte auch Sarah Wyss, ehemalige Juso-Präsidentin und heutige SP-Grossrätin, im Publikum auf. Sie, deren Garderobe eine Metro-Stammkundin vermuten lässt, beteuert, jeweils nur die Strümpfe bei Metro gekauft zu haben. Aber, sagt sie, sie werde sich diese nun wohl an einem anderen Ort kaufen müssen. Natürlich nur solange, bis die Verkäuferinnen bessere Löhne haben, das erklärt sich von selbst.
Am Tag des Warnstreiks in der Basler Filiale blieb die Nachfrage der TagesWoche nach einer Stellungnahme bei Metro Boutique AG erfolglos. Zwei Tage später ist sie eingetroffen:
«Metro Boutique nimmt die Anliegen ihrer Mitarbeiter sehr ernst. So werden die laufenden Gespräche mit den Mitarbeitenden und der Unia nächste Woche weitergeführt und vertieft. Die Direktion von Metro Boutique ist an einer schnellen und fairen Lösung für alle Beteiligten interessiert. Das Ergebnis soll in einer Vereinbarung mit der Unia festgehalten und kommuniziert werden.
Metro Boutique legt Wert festzuhalten, dass der von Unia erwähnte Minimallohn nur einen Teil der Angestellten betrifft. Eine wesentliche Anzahl von Mitarbeitenden bezieht einen höheren Lohn. Ein Bonussystem erlaubt zudem bei gutem Geschäftsgang ein zusätzliches Einkommen. Weiter wird den vielen langjährigen Mitarbeitenden nach dem fünften Dienstjahr, jedes Jahr, eine Treueprämie ausbezahlt.»