Viel Wind von falschen Vogelfreunden, oder warum man eher Katzen verbieten müsste

Sind Sie gegen Vögel? Natürlich nicht. Tiere gehen immer, wer sie nicht mag, ist verdächtig. Das wissen auch die Gegner der Energiestrategie 2050, die rein argumentatorisch längst aus dem letzten Loch pfeifen. Deshalb haben sie nun Vögel.

Auch das noch: Falsche Vogel-Schützer mit falschen Argumenten. (Symbolbild)

 

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Sind Sie gegen Vögel? Natürlich nicht. Tiere gehen immer, wer sie nicht mag, ist verdächtig. Das wissen auch die Gegner der Energiestrategie 2050, die rein argumentatorisch längst aus dem letzten Loch pfeifen. Deshalb haben sie nun Vögel.

«Wer gegen Tiere grausam ist, kann kein guter Mensch sein», davon war schon Arthur Schopenhauer überzeugt. Das Thema, ebenfalls bei Schopenhauer, hier im Kontext: Mitleid. Und ja: Wem nichts Gescheites mehr einfällt, wenn seine üblichen Argumente kraft- und energielos verpuffen, der setzt schon mal auf die Mitleids-Schiene.

Tiere. Zieht immer. Schauen Sie mal: So ein herziges Orang-Utan-Baby. Jöööö! Zieht aber eben auch bei: Wäääh. Will heissen: zerquetschte Schäfchen, zerfledderte Kaninchen, zerhäckselte Vögelchen. Niemand will das. Schrecklich, schrecklich. Aufhören!

Genau mit dieser Masche operieren die Gegner der Energiestrategie 2050. Vor einigen Wochen haben sie ihre Mitleids-Maschine angeworfen – im Kampf gegen die Windräder des Bösen. Die Tränendrüse geht so: Windräder zur Stromgewinnung seien in Tat und Wahrheit «Vogelschredder», in denen bis zu 100’000 Vögel pro Jahr, nun – geschreddert würden. Und das mit unseren Steuergeldern, für die ach so saubere Energie?

Falsche Vogel-Freunde mit falschen Zahlen

Verbreitet wird die Horror-Story vom «Umweltkomitee gegen das Energiegesetz». Man kann sich das nicht ausdenken: Irgendwelche Atom-, Erdöl-, Auto- und andere Stromlobby-Fritzen verwandeln sich urplötzlich in Öko-Natur- und -Tierschützer. Nun kämpfen sie mit grausligen Geschichten über die angeblich satanischen Windräder gegen erneuerbare Energien der Zukunft.

Das ist ungefähr so absurd, als würden sich rechtspopulistische Kreise aus politischem Opportunismus plötzlich als Förderer der Frauenrechte hervortun. Oh.

Wie auch immer: Nun fluten sie Newsportale, Leserbrief- und Kommentarspalten und Briefkästen mit ihren verlogenen Behauptungen. Ja, verlogen: Wie die «NZZ am Sonntag» aufdeckte, operieren die falschen Vogelfreunde mit falschen Zahlen: «Die Hochrechnung ist nicht seriös», so ausgerechnet die Schweizer Vogelwarte.

Laut einer Studie der Vogelwarte verendeten im Jura 20,2 Zugvögel pro Windrad und Jahr, so die NZZ.

Denkt denn niemand an die Katzen?

Zum Vergleich: Allein an Glasfronten von Schweizer Gebäuden kommen jedes Jahr mehrere Millionen Vögel zu Tode. Kaum jemand fordert hier, wo es wirklich um Millionen Tiere geht, einen besseren Vogelschutz. Oder die Hauskatzen: Die kleinen Killer – 1,5 Millionen an der Zahl – töten allein in der Schweiz Jahr für Jahr 10 Millionen Mäuse, 3 Millionen Schmetterlinge, 1,8 Millionen Vögel (!) und 600’000 Reptilien. Abertausende weitere Tiere – darunter unzählige Vögel –, die für Katzenfutter draufgehen, nicht eingerechnet.

Ein Kampf gegen Windmühlen, aber dennoch: Wer wirklich Vögel retten will, müsste eher über ein Hauskatzenverbot nachdenken.

Ja, ein toter Vogel ist kein schöner Anblick. Das wissen auch die falschen Vogelfreunde, wenn sie ihre Anti-Windrad-Propaganda mit fettigen Chicken-Nuggets-Fingern in ihre Tastaturen hauen.

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