Ideal wäre eine ausgeglichene Aufteilung: ein Drittel Gymnasiasten, ein Drittel sonstige Mittelschüler (Fachmaturität, Wirtschaft und Informatik) und ein Drittel Schulabgänger, die eine Lehre antreten. Davon ist man in Basel-Stadt aber weit entfernt, wie eine Bilanz des Erziehungsdepartements zum Abschluss des ersten HarmoS-Durchgangs zeigt.
Das Basler Schulsystem wurde mit dem HarmoS-Konkordat gehörig umgekrempelt. Neu folgt auf sechs Jahre Primarschule der Wechsel in die Sekundarstufe I mit drei Leistungszügen. Diese sind mit A für Allgemeine Anforderungen, mit E für Erweiterte Anforderungen und mit P für Hohe Anforderungen (oder Progymnasialer Zug) bezeichnet.
Im Sommer werden nun die ersten Schüler die obligatorische Schulzeit nach diesem neuen System abschliessen und in die Sekundarstufe II übertreten.
«Historisch hohe Gymnasialquote»
Im Mai zeichnet sich nun bereits ab, dass nicht weniger als 45 Prozent aus der Sekundarschule ins Gymnasium wechseln werden. Vor einem Jahr waren es noch 36,3 Prozent, 2016 gar «nur» 35,3 Prozent. Auch mit dieser Quote stand Basel-Stadt schon an der Spitze der Kantone.
Eine Quote von 35 oder 36 Prozent lässt sich mit dem ausgeprägten akademischen Umfeld in einem Stadtkanton noch erklären. Nicht aber die laut Erziehungsdirektor Conradin Cramer «historisch hohe Gymnasialquote» von 45 Prozent. Diese bereitet den Departementsverantwortlichen gar keine Freude, denn sie bilde nicht das tatsächliche Leistungsniveau ab. «Wir haben das Ziel bei den Übertrittsquoten in die Sekundarstufe II verfehlt», sagte Cramer an einer Medienkonferenz.
Mit anderen Worten: Die Gymnasialquote muss runter auf 35 bis höchstens 40 Prozent und der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die in die Berufsbildung übertreten, entsprechend rauf. Das ist keine einfache Aufgabe, wie Dieter Baur, Leiter Volksschulen im Departement sagte. Man habe eigentlich viel getan in Sachen berufliche Orientierung in der Schule, aber offensichtlich zu wenig.
Schärfere Selektion in der Primarschule
Laut Baur soll der Korrekturhebel bereits in der Primarschule beziehungsweise bei den Anforderungen zum Übertritt in die Sekundarstufe I angesetzt werden. Bislang war nur der Notendurchschnitt eines der beiden Zeugnisse im sechsten Primarschuljahr massgebend für die Einteilung. Das führte dazu, dass rund 42 Prozent der Primarschüler in den höchsten Zug der Sekundarschule wechselten. Neu müssen nun beide Zeugnisse die Zuteilung bestätigen.
Aber auch in der Sekundarstufe I sollen die Schrauben angezogen werden. Laut Baur sind vor allem im P-Zug die durchschnittlichen Klassennoten «markant zu hoch». Sie liegen über der Note 5,0. Der Klassendurchschnitt muss im E- und P-Zug auf einen Wert zwischen 4 und 5 gedrückt werden – Lehrer von besonders starken Klassen müssen die Ausnahmen künftig begründen.
«Die Lehrer müssen bei der Beurteilung ihrer Schüler über die Bücher», sagte Baur. Das heisse, dass vor allem die Lehrer der P-Züge das selektive Denken stärker verinnerlichen müssten. Warum dies noch nicht der Fall ist, erklären sich die Verantwortlichen mit der Tatsache, dass die allermeisten Lehrer des progymnasialen Zugs aus der früheren Weiterbildungsschule übergetreten sind. Dort sei der Fördergedanke ausgeprägter gewesen als die Selektion nach stärkeren und schwächeren Schülern.
Sehr viel mehr ins Detail, wie das Steuer herumzureissen sei, gingen die Verantwortlichen nicht. «Der Kanton alleine kann nur beschränkt Einfluss nehmen», sagte Regierungsrat Cramer. Das Umdenken, dass das Gymnasium nicht der alleinige Schluss aller Bildungsweisheiten sei, müsse auch in den Köpfen der Schüler und ihrer Eltern stattfinden.
Mit Gymi-Aussteigern in hoher Zahl ist zu rechnen
Wie die Gymnasien nun den aussergewöhnlich hohen Ansturm von neuen Schülern auffangen werden, konnten die Verantwortlichen noch nicht sagen. «Wir rechnen nicht mit einem Quantensprung an Intelligenz», sagte Ulrich Maier, Leiter Mittelschulen und Berufsbildung.
Man werde das Anforderungsprofil an den Gymnasien aber hoch halten, was eine relativ hohe Durchfallquote zur Folge haben könnte. «Wir werden Schülern, die an den Gymnasien nicht reüssieren, niederschwellige Umsteigemöglichkeiten in die Berufsbildung anbieten müssen», sagte Maier.