Von A bis Z: Was Sie vor den Olympischen Spielen über Russland wissen sollten

Ein Staatspräsident mit der Vorliebe für den Auftritt mit nacktem Oberkörper, die beste Randensuppe der Welt und Trinksprüche, die fast länger sind als der Streit darüber, wer den Wodka erfunden hat. Russland hat alles – und noch viel mehr. Der schnelle Überblick vor den Winterspielen in Sotschi.

Ein Staatspräsident mit der Vorliebe für den Auftritt mit nacktem Oberkörper, die beste Randensuppe der Welt und Trinksprüche, die fast länger sind als der Streit darüber, wer den Wodka erfunden hat. Russland hat alles – und noch viel mehr. Der schnelle Überblick vor den Winterspielen in Sotschi.

A wie Aberglaube:

Vorsicht an der Türschwelle: Um kein Unheil heraufzubeschwören soll in Russland über die Schwelle hinweg nichts gereicht werden – auch nicht die Hand. Auch Unterhaltungen sollen erst nach dem Eintreten oder schon vor dem Haus geführt werden.

B wie Borschtsch:




(Bild: flickr/avlxyz)


Diese Suppe hat schon jeder Russe einmal auslöffeln müssen. Randen, Karotten, Kohl und Rindfleisch sind die wichtigsten Zutaten des Eintopfs, den jede russische Hausfrau im Repertoire hat. Je nach Region und Land variieren die Zutaten.

C wie Chodorkowski, Michail:

Der einst reichste Russe sass zehn Jahre in Haft und wurde erst im Dezember von Wladimir Putin begnadigt. Diese noble Geste des Präsidenten sollte den Westen genauso milde stimmen wie die Freilassung der Pussy Riots.

D wie Depardieu, Gérard:

Was war das für eine Aufregung vor rund einem Jahr. Als Frankreichs Obelix Nummer 1 seine Staatsbürgerschaft gegen eine russische tauschte. Grund für die drastische Massnahme des Schauspielers war die von Präsident Holland eingeführte 75-Prozent-Steuer für Millionäre. In Russland liegt die Einkommenssteuer bei 13 Prozent.

E wie Eröffnungsfeier:

Wer den stimmungsvollen Auftakt von London 2012 als Massstab nimmt, der wird enttäuscht. Statt Superstars à la Paul McCartney oder David Beckham werden in Sotschi 3000 Nachwuchskünstler auftreten. Offiziell werden die Spiele am 7. Februar pünktlich um 20.14 Uhr Ortszeit im Stadion Fisht eröffnet. In der Arena (40’000 Plätze) finden nur die Eröffnungs- und Schlusszeremonie sowie die Medaillenfeiern statt.

F wie Fackelzug:

65’000 Kilometer war das olympische Feuer in den vergangenen Monaten unterwegs. Selbstverständlich rühmt sich Sotschi auch mit dem längsten Fackelzug. Bei der Route fackelten die Russen nicht lange und schickten das olympische Feuer in das All sowie an die tiefste Stelle des Baikalsees.

G wie Gorodki:

Der fast vergessene Volkssport ist eine Art Kegeln mit geworfenen Stöcken. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Gorodki nach Fußball noch die populärste Sportart in der Sowjetunion. Heute werden die aktiven Spieler auf 20’000 geschätzt. Kinder und Frauen waren für das Werfen mit den bis zu fünf Kilo schweren metallbeschlagenen Holzprügeln schwer zu begeistern. Und so sieht das ganze aus:

H wie Homosexualität:

Die russischen Anti-Homosexuellen-Gesetze erregen die Gemüter. So ist in Gegenwart von Jugendlichen Händchenhalten bzw. das Sprechen über Homosexualität Tabu. Überhaupt steht Homosexualität erst seit 1999 in Russland nicht mehr auf der Liste der Geisteskrankheiten. In Sotschi Downtown gibt es trotzdem eines der berühmtesten Schwulenlokale von ganz Russland, den Majak-Club. Die «Zeit» hat mit Betreiber Roman Kochagow gesprochen und überrascht mit der Aussage: «Putins Gesetz gegen Schwule ist gar kein Problem»

I wie Iwan, der Schreckliche:

Iwan IV. (1530–1584) steht für ein Terrorregime, das seinen Weg mit Leichen pflasterte. Wahnvorstellungen und eine schwierige Kindheit sollen den Zaren zu jenem erbarmungslosen Herrscher gemacht haben, der sogar den eigenen Sohn erschlug. Der Beliebtheit des Namens Iwan, der slawischen Form des Johannes, tut dies bis heute keinen Abbruch. Bei Mädchen ist Anastasia der beliebteste Name.

J wie Jewgeni Kafelnikow:

Die ehemalige Nummer eins der Tennisweltrangliste ist der berühmteste Sohn von Sotschi (rechts im Bild mit Wladimir Putin). Überhaupt ist die Stadt am Schwarzen Meer der Center Court in der russischen Tennisszene. Auch Maria Scharapowa lernte in Sotschi das Tennis-ABC.

K wie Kaviar:

Der Stör-Faktor ist in Russland immens. Die Fischeier des Störs sind bei Oligarchen und Magnaten in aller Munde. Beim Otto-Normal-Russen kommt Kaviar nie auf den Löffel: Ein Kilo der kleinen Köstlichkeiten kostet bis zu 6000 Euro.

L wie Lada:




Quadratisch, praktisch, unverwüstlich – mit diesen Eigenschaften wurde der Lada (altrussisch: Liebling, Geliebte) ab den 1970er-Jahren bekannt. Die neuen Modelle haben nur noch wenig mit den russischen Kult-Kutschen gemein.

M wie Matrjoschka:




Kaum ein Souvenir steht so für Russland wie die Schachtelpuppe aus Holz, die auch Babuschka (Grossmutter ) genannt wird. Bunt bemalt, mit Kopftuch, erfreut die freundlichen Bäuerin seit mehr als hundert Jahren Russen wie Reisende. Mehrere Museen sind ihr gewidmet. Aber unterhaltsamer sind ihre satirischen Weiterenwicklungen wie diese Babuschka der russischen Staatsoberhäupter.

N wie Nastrowje:

Dieser Trinkspruch (übersetzt: «auf die Gesundheit») gilt ausserhalb als klassisch russisch, gilt in Russland selbst aber als faux pas. Der Russe (und die Russin) sagt vor dem Trinken immer mehr als bloss Nastrowje. Meist wird ein Trinkspruch ausgegeben, der gerne als kleine Geschichte daherkommen darf. Kleines Beispiel gefällig? Der Direktor der Transsibirischen Eisenbahn wurde vor dem Bau gefragt, ob es eine einspurige oder eine zweispurige Strecke werden. «Das ist ganz einfach», antwortete der Direktor, «wir bauen von Wladiwostok aus und von Moskau aus. Treffen wir uns in der Mitte, dann wird es eine einspurige Strecke. Treffen wir uns nicht, eine zweispurige.» Auf dass wir aus allen Lebenssituationen das Beste machen, nastrowje! Auf keinen Fall sollte man nach dem Trinken das Glas zu Boden werfen – diese Tradition wird nur in Hollywood gepflegt.

O wie Olimpia:

Vier Wochen vor den Winterspielen in Sotschi haben sportbegeisterte Eltern in Russland ihr Neugeborenes auf den Namen «Olimpiada» registrieren lassen. «Vater und Mutter haben erklärt, dass sie sich so sehr auf die Wettkämpfe freuen», sagte Tatjana Burowa vom Standesamt in Sotschi. Seine erste Blüte erlebte der Name Olimpia 1980 – damals fanden in Moskau die ersten Olympischen Spiele statt.

P wie Putin, Wladimir:

Der Mann, dem Sotschi die Olympischen Spiele zu verdanken hat. Der Präsident will sich mit Olympia 2014 und der Fussball-WM 2018 ein Denkmal setzen. Im Gegensatz zu anderen Staatsoberhäuptern ist Putin auch sehr sportlich. Der Träger des schwarzen Gürtels im Judo lässt sich schon gerne einmal demonstrativ mit nacktem Oberkörper fotografieren – oder in Action auf dem Eis, wie auf dem Bild. Und Du-Freund Karl Schranz attestiert Putin einen perfekten Carving-Schwung.

Q wie Quellen:

Vielen Menschen, die nach Sotschi kommen, steht das Wasser bis zum Hals. Die Olympiastadt ist der beliebteste Kurort des Landes, vor allem dem Schwefelwasser von Macesta werden Wunder nachgesagt. Schon Stalin hatte hier ein eigenes Badehaus. Dazu ist Sotschi bekannt für seine Mineralwasser. Namen wie Plastunskaja oder Essentuki Nr. 17 klingen freilich nicht wirklich prickelnd.

R wie Rubel:

Das Sprichwort: «Der Rubel rollt» kommt nicht von ungefähr. Laut dem Forbes-Magazin leben in Russland derzeit 107 Dollar-Milliardäre. Reichster Russe ist Alisher Usmanow (Foto), der sein Geld in der Stahlbranche verdient. Mit einem Vermögen von 17,6 Milliarden Dollar ist er die Nummer 34 der Welt.

S wie Sotschi: 

Bisher als Kur- und Badeort der Schönen und Reichen bekannt. Nach einem 37 Milliarden Euro teuren Facelift steht der längste Kurort der Welt (150 Kilometer Küste) für die ersten Winterspiele in einer subtropischen Region. Und so sieht das Facelifting im Zeitraffer aus:

T wie Tetris:

Das Computerspiel von Alexei Paschitnow eroberte in den 1990er-Jahren die Welt. Heute gilt das puzzleartige Stapelspiel als Klassiker. Unvergesslich: die russische Game-Boy-Musik.

U wie Umsiedelung:

Tausende Menschen wurden enteignet, um für Sportstätten und Infrastruktur Platz zu schaffen – das eigens erlassene Gesetz 310 machte es möglich. Obwohl damit Bauschriften liberalisiert wurden, wurde kaum ein Bauvorhaben in Sotschi termingerecht fertig. Ausser das House of Switzerland, das in nur zwei Wochen aufgebaut worden ist. Ohne gültige Baubewilligung, wie ein Filmbeitrag der SRF Sportlounge zeigt:

V wie Väterchen Frost:

Der russische Zauberer mag aussehen wie der Weihnachtsmann, hat aber weitaus mehr Aufgaben zu erfüllen: Der Herrscher über den Winter lässt Seen einfrieren oder Schneestürme übers Land fegen – Geschenke bringt er nebenbei auch noch.

W wie Wodka:

Wer hat’s erfunden? – Darüber werden sich Polen und Russen wohl nie einig werden. Die ersten hochprozentigen Wässerchen wurden im 14. Jahrhundert aus Getreide gebrannt – für Russland als Pionier spricht der damalige Überfluss an Roggen. Wirtschaftsfaktor Wodka: Rund zehn Prozent des Staatseinkommens stammen aus dem Umsatz des Getränks. Zu Sowjetzeiten soll es bis zu einem Drittel gewesen sein.

X wie X-Games:


Weil die Olympischen Spiele der Extremsportler in Aspen so beliebt sind, hat das IOC reagiert und Trendsportarten wie Slopestyle ins Programm genommen.

Y wie Yuri Gagarin:

Der Russe war der erste Mensch im All. 1961 umrundete Gagarin im Raumschiff Wostok 1 in 106 Minuten die Erde. Die Meister-Trophäe, die es im russischen Eishockey zu gewinnen gibt, ist nach dem Raumfahrer benannt. Gelandet ist er in dieser Kapsel:




(Bild: CC/Wikipedia/erebea)

Z wie Zeitverschiebung:

In Russland gehen die Uhren anders – und das gleich in doppeltem Sinn. Weil der einstige Staatschef Dmitri Medwedjew 2011 die Winterzeit kurzerhand abschaffte, beträgt der Zeitunterschied zwischen Sotschi und Mitteleuropa drei Stunden. Während der Olympischen Spiele finden etliche Wettkämpfe erst spätabends statt. So heben die Skispringer erst um 22.30 Uhr Ortszeit ab. Und damit Sie nichts verpassen – die Olympische Winterspiele 2014 in Sotschi auf einen Blick: Zeitplan, Tweets, Medaillenspiegel.

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